Als ProSiebenSat.1 vor einigen Tagen seine neuesten Geschäftszahlen veröffentlichte, musste der Konzern erneut seine Jahresprognose kürzen. Langfristig wolle man aber stark wachsen, kündigte CEO Max Conze damals an. Das hat er nun auf dem Capital Markets Day des Unternehmens noch einmal unterstrichen. In den nächsten fünf Jahren will man den Konzernumsatz von jetzt vier auf dann sechs Milliarden Euro anheben, das adjusted EBITDA soll um 500 Millionen Euro auf 1,5 Milliarden Euro gar verdreifacht werden. Zudem soll 2023 die Hälfte des Umsatzes aus dem Digitalgeschäft kommen.

Ein wichtiger Teil ist dabei der Entertainment-Bereich, dem eigentlichen Kerngeschäft, das zuletzt schwächelte. In den vergangenen Monaten war aus Unterföhring immer wieder offensiv die Absichtserklärung zu hören, man wolle künftig mehr in eigene Inhalte investieren. Nun hat Max Conze auch konkrete Zahlen genannt: So will man im kommenden Jahr insgesamt 80 Millionen Euro mehr in lokale Eigenproduktionen stecken als bislang. Das komme vielleicht nicht bei allen Analysten gut an, aber man müsse jetzt investieren, um das Geschäft fit für die Zukunft zu machen, so Conze, der gleichzeitig einräumte, dass ProSiebenSat.1 in den vergangenen zwei Jahren nicht immer das geliefert habe, was man zuvor versprochen hatte. Das soll sich künftig wieder ändern.

Wolfgang Link, Geschäftsführer der ProSiebenSat.1 TV Deutschland, führte wenig später Conzes Ankündigung aus. Von den 80 Millionen Euro soll die eine Hälfte in das Programm von ProSieben fließen, die andere Hälfte in Sat.1. Der Großteil - rund 90 Prozent - fließe dabei in die Primetime oder in den Vorabend. Sowohl Conze als auch Link unterstrichen noch einmal die Bedeutung von Eigenproduktionen in allen Bereichen. Mit diesen selbstproduzierten Formaten, an denen man zudem alle Rechte halte, könne man die Zuschauer besser binden als mit US-Ware, die es im Zweifel auch woanders gibt. Die Investitionen werden im kommenden Jahr allerdings auch das Ergebnis des Entertainment-Bereichs drücken. So geht man davon aus, dass das bereinigte Ergebnis (adjusted EBITDA) 2019 um 70 Millionen Euro niedriger ausfallen wird als in diesem Jahr.

"Für unsere Zuschauer sind es goldene Zeiten. Wir müssen nur sicherstellen, dass sie unsere Inhalte immer und überall sehen können."
Max Conze, CEO von ProSiebenSat.1

Conze äußerte sich am Mittwoch auch noch einmal zu den Abschreibungen auf US-Lizenzware, die man zuletzt in Aussicht gestellt hatte. Bis zu 400 Millionen Euro wird ProSiebenSat.1 hier abschreiben müssen. Es werde keine weiteren, bösen Überraschungen geben, versprach Conze. Gleichzeitig verhandele man die Output-Deals mit den großen US-Studios neu, künftig wolle man mehr "Cherrypicking" machen anstatt über großen Volumen-Deals auch solche Inhalte einzukaufen, die man, aus welchen Gründen auch immer, gar nicht einsetzen kann. Mit Warner, dem laut Conze wichtigsten Partner, habe man sich bereits auf einen neuen Deal einigen können.

Zudem will man in Unterföhring noch stärker als bislang ins digitale Entertainment investieren und auch bestehende TV-Formate besser ins Netz verlängern. Als Musterbeispiel dafür nannte Max Conze "Germany’s Next Topmodel", das ausschließlich (!) über digitale Kanäle rund eine Million verschiedene Menschen erreiche. Wenn man alle Formate digital so konsequent ausgerichtet hätte wie die Topmodel-Suche, hätte man beim Wachstum keine Probleme, so Conze. Gleichzeitig erklärte der CEO, dass man bereits heute digitaler aufgestellt und diversifizierter sei als viele andere Medienunternehmen.

In Sachen linearer TV-Reichweite zeigte sich Conze am Mittwoch realistisch und räumte ein, dass diese langfristig weiter sinken werde. Die Online-Zahlen dagegen würden weiter stark steigen und so würde dann auch die Gesamt-Reichweite wachsen. "Für unsere Zuschauer sind es goldene Zeiten. Wir müssen nur sicherstellen, dass sie unsere Inhalte immer und überall sehen können." In diesem Zusammenhang erklärte er dann auch noch einmal, dass man die Wünsche der Nutzer ernst nehmen müsse. Conze wiederholte beim Capital Markets Day zudem seinen Spruch aus dem August: "Make people happy and the money will follow".

Commerce-Geschäft wächst am stärksten

Bereits bekannt war, dass sich Red Arrow Studios neu aufstellt und den deutschen Markt in den Fokus nimmt (DWDL.de berichtete). Künftig will man deutlich mehr für die Sender der eigenen Gruppe produzieren. Bislang liegt der Anteil der Sendungen, die Red Arrow bzw. RedSeven Entertainment, für Sat.1, ProSieben & Co. produziert, bei rund 13 Prozent. Dieser Wert soll sich in den kommenden fünf Jahren auf mehr als 30 Prozent steigern. DWDL.de analysierte den grundsätzlichen Strategieschwenk schon vor zwei Wochen. Dieser ließ schließlich auch andere Produzenten aufhorchen: Schustern die Sender der Gruppe künftig einfach alle Aufträge RedSeven Entertainment zu? Eine Sprecherin versuchte Ende Oktober zu beschwichtigen: "Wir wollen insgesamt mehr lokale Inhalte für unsere Entertainment-Plattformen produzieren (lassen). Wie auch in der Vergangenheit wird davon nicht nur Red Arrow, sondern auch externe Produktionsfirmen profitieren."

Größter Treiber des Wachstums wird in der Zukunft aber das Commerce-Geschäft von ProSiebenSat.1 sein. Das firmiert inzwischen ja unter dem Titel NuCom Group und beinhaltet Unternehmen wie Jochen Schweizer, Verivox, Parship Elite und einige mehr. Max Conze rechnet vor: Das Markt werde in diesem Bereich bis 2023 von 60 auf fast 90 Milliarden Euro wachsen, derzeit halte ProSiebenSat.1 davon weniger als ein Prozent. "Es besteht praktisch unendlich viel Potenzial, um zu wachsen", so der CEO. Von dem angepeilten Umsatzwachstum in Höhe von 2 Milliarden Euro sollen dann auch 1,2 Milliarden aus dem Commerce-Bereich kommen. Conze sagt, man könne sich hier auch weitere Zukäufe vorstellen - zuletzt übernahm NuCom den US-Partnervermittler eharmony. Der Entertainment-Bereich soll im gleichen Zeitraum um 500 Millionen Euro wachsen, bei den Red Arrow Studios peilt man 300 Millionen Euro mehr an.