Kreutzer kommt© ProSieben/Stefan Erhard

Die neue ProSieben-Krimireihe "Kreutzer kommt" (Montag, 20.15 Uhr) ist typisch deutsch. Aber bevor jemand stöhnt: Hier ist "Made in Germany" ein Qualitätssiegel und kein Grund zum Abschalten. Denn nicht die Machart, die Inszenierung ist typisch deutsch - es sind die Charaktere und Details. Damit steht die Produktion in der jüngsten Tradition anderer erfolgreicher deutscher Fiktion. Hier bringen sich die Polizisten etwa Butterbrote mit an den Tatort - falls es mal wieder länger dauert. Dabei dauert das, so der Mythos der den sehr von sich selbst überzeugten Ermittler Kreutzer umgibt, ja nie recht lange: In vier Stunden, 37 Minuten und 48 Sekunden löse er jeden Fall.

Christoph Maria Herbst spielt Kreutzer und ja, man kommt am Anfang nicht drum herum an seine Vorzeigerolle des Bernd Stromberg denken zu müssen. Denn auch Kreutzer ist in gewisser Art und Weise irre. Aber, wie sich im Laufe des ersten Falls zeigt, auf eine andere Art. Wo Bernd Stromberg aufhört, fängt für Ermittler Kreutzer der Spaß erst an. Für den Ermittlungserfolg, den er quasi garantiert, geht Kreutzer über alle Schmerzgrenzen hinweg. So sorgte der Film bei den Screenings, zu denen ProSieben vorab in Berlin und Köln eingeladen hatte, mehrfach für die Art empörten Gelächters, wie man es bei politisch inkorrekten Sprüchen oder Witzen kennt.

Kreutzer kommt© ProSieben

Doch es ist nicht nur seine Bösartigkeit, die immer dem Zweck der Ermittlung dient, die Kreutzer unberechenbar macht: Er taucht auch immer wieder wie aus dem Nichts auf. An überraschenden Momentan mangelt es nicht in diesem beinahe Kammerspiel-artigen Fernsehkrimi. Denn der Mord in einem Luxushotel kann nur von einer überschaubaren Anzahl anwesender Personen verübt worden sein, denen das Verlassen das Hotels verboten wurde: Und so darf der Zuschauer - anders als bei den US-Krimis der "CSI"-Machart - heiter mitraten, wer Motiv und Gelegenheit gehabt haben könnte. Man fühlt sich fast an "Derrick" erinnert. Denn hier verraten sich die Täter noch selbst - und werden nicht durch ihre DNA überführt.

Lieben muss man "Kreutzer kommt" aber eher für die Schlagfertigkeit der Hauptfigur. Als der unter Verdacht stehende, blinde Pianist zum wiederholten Mal betont, er habe nichts gesehen, quittiert Kreutzer das trocken mit "Der Gag wird nicht besser". Es ist nur ein Beispiel für den mal trockenen, mal irren, mal polternden Humor. Hauptfigur Kreutzer pendelt in "Dr. House"-Manier zwischen Genie und Wahnsinn. Die Gag-Dichte ist in der ersten Hälfte des Krimis deutlich höher, was aber nicht stört. Denn auch wenn der Film amüsiert, ist er eben doch ein reinrassiger Krimi. Und da hat am Ende die Frage zu dominieren: Wer war der Mörder?

Bleibt zu hoffen, dass sich die ProSieben-Zuschauer am Montagabend nicht vom leider etwas zu anstrengend inszenierten Auftakt des Films abschrecken lassen. Denn "Kreutzer kommt" ist sehenswert und, wie der Erfinder der Figur beim Screening in Köln verriet, als Reihe angelegt. Das merkt aber auch der Zuschauer schon in einzelnen Szenen - Stichwort Foto in der Geldbörse. Für Christoph Maria Herbst ist die Krimi-Reihe die große Chance sich ein Stück weit von seinem ewigen Schatten Bernd Stromberg zu entfernen. Sollten die Quoten also keinen Strich durch die Rechnung machen, darf man sich 2011 auf weitere Ermittlungen dieser Mischung aus "Dr. House" und Derrick freuen.