Rund 30.000 freie Journalisten gibt es in Deutschland, von denen die meisten in einem "hohen Grad" zufrieden mit ihrer Arbeit sind, wie die Freien-Umfragen des DJV zeigen, die der Verband in regelmäßigen Abständen macht. "Es gibt sicher diejenigen, die zu wenig Honorar für ihre Arbeit bekommen. Aber auf alle Freien trifft das nicht zu", sagt Hendrik Zörner, Sprecher des Deutschen Journalisten-Verbands.

Aber das ist nur ein Ausschnitt der Medienwelt. "Praktisch alle Redaktionen sind finanziell unter Druck", gibt der freie Journalist Daniel Bouhs zu Bedenken. Er arbeitet zurzeit vor allem für das Medienmagazin "Zapp", für den ARD-Hörfunk sowie die Wellen des Deutschlandradios. Den Druck versuchen sie abzulassen, in dem sie vor allem bei den Aufträgen an Freiberufler sparen. "Ich finde aber, dass sich mindestens genauso oft Freiberufler auch allzu leicht ausbeuten lassen und so überhaupt erst dafür sorgen, dass sich Redaktionen an Sparpreise gewöhnen können – maue Honorare und knappe Reisekosten", sagt Bouhs. 


Er hat es zwischendurch als fest angestellter Redakteur bei einer Nachrichtenagentur versucht. "Diesen Job habe ich aber nach anderthalb Jahren gekündigt, weil letztlich die Sehnsucht nach Freiheit stärker war als die Lust darauf, jeden Morgen in einer Konferenz zu sitzen und Aufgaben zugeteilt zu bekommen", sagt er. Bislang sei er bei keinem neuen Angebot weich geworden. "Ich bin frei aus Überzeugung", sagt Bouhs. 

Er schätzt es zu jeder Zeit "Nein" zu sagen: Nein, zum Wecker am Morgen, zur Zusammenarbeit mit Kollegen, bei denen die Chemie nicht stimmt und auch zu Themen, die ihn nicht interessieren. "Das Ärgerlichste ist bis heute die schlechte Zahlungsmoral einiger Auftraggeber: Während sie selbst jeden Monat verlässlich ein Gehalt überwiesen bekommen, bleiben die Honorarzettel für Freiberufler zu häufig liegen." 

Bei den Freelancern im Bereich Film und Fernsehen sieht es kaum anders aus. Auch dort hat die Anzahl in den vergangenen Jahren noch einmal erheblich zugenommen, genaue Zahlen aber gibt es nicht: "War der 'Markt' bis Mitte der 80er Jahre ein kleiner und fast als 'closed shop' organisierter Profi-Markt, sind mit Aufkommen der privaten Anbieter und dem Entstehen zahlreicher neuer Ausbildungsstätten immer mehr Filmschaffende auf der Bildfläche erschienen, die inzwischen in einem kaum mehr wachsenden Profi-Markt unter teils sehr prekären Umständen ihre Arbeit anbieten", sagt Michael Neubauer, Vorsitzender des Berufsverbandes Kinematografie (BVK). 

In kürzeren Drehzeiträumen sollen immer höherwertigere Produktionen realisiert werden. Da vielfach hierfür nicht die angemessenen Gagen ausgereicht werden und auch keine Folgevergütungen, kann man schon von einer Tendenz zur verschärften Ausbeutung von Freelancern sprechen.

Michael Neubauer, Vorsitzender des Berufsverbandes Kinematografie

Die Interessengemeinschaft hat über 500 Mitglieder, fast ausschließlich Kamerafrauen und -männer. Die prekäre Situation resultiert auch daraus, dass die für Filmschaffende gezahlten Gagen seit Jahren nicht gestiegen sind, die Arbeitsanforderungen aber deutlich wachsen und die Produktivität zunimmt. "In kürzeren Drehzeiträumen sollen immer höherwertigere Produktionen realisiert werden", gibt Neubauer zu Bedenken. "Da vielfach hierfür nicht die angemessenen Gagen ausgereicht werden und auch keine Folgevergütungen, kann man schon von einer Tendenz zur verschärften Ausbeutung von Freelancern sprechen." 

Roland Eising ist freiberuflicher Kameramann und arbeitet unter anderem für die ARD-Talkshow "Anne Will" und verschiedene Produktionsfirmen, darunter Preuss Filmproduktion und Talpa Germany. "Was mir als Freelancer nicht gefällt, ist die Höhe des Honorars und die ständigen Diskussion darüber, verbunden mit der Existenzangst, wenn ein Monat weniger als 10 Arbeitstage hat", sagt Eising. Trotzdem möchte er keine Festanstellung, denn so könne er vielseitige Aufgaben machen.

"Ich kann Dokumentarfilme und Reportagen drehen, Licht bei allen möglichen Fernsehsendungen setzen, aber auch für Industrie und Werbung arbeiten – und dabei meinen eigenen Horizont erweitern." Ein Leben als Freelancer rät er nur denjenigen, die ihre "künstlerischen Neigungen" bei einer Festanstellung nicht befriedigen können und über genügend Verbindungen zu potentiellen Auftraggebern verfügen. Wenn er genügend Arbeit hat, wählt er die interessantesten Projekte aus und "nicht unbedingt die, die am besten bezahlt werden", sagt er. 

Verbandschef Neubauer wünscht sich, um die prekären Beschäftigungsverhältnisse einzudämmen, eine zahlenmäßig deutlich reduzierte Ausbildung in Filmberufe verbunden mit der Einhaltung und Kontrolle der Beschäftigungsbedingungen. "Für Beides gäbe es genügend Möglichkeiten und Hebel, aber beide Konsequenzen sind offensichtlich politisch nicht gewollt", sagt er. 

Ein staatliches Entgegenkommen wünscht sich auch die freie Journalistin Osia Katsidou, vor allem beim Thema Steuer, um die man sich als Freiberufler, ebenso wie Versicherungen, selbst kümmern muss. "Einen Mindestlohn gibt es für Journalisten bzw. Freiberufler auch nicht", sagt sie. Deshalb mache sie eine Idee, die wichtig ist, auch dann einmal, wenn es nur wenig Geld gibt. "Ich hab sogar schon mal gar keins genommen und Aufträge 'nur fürs Portfolio' gemacht." Bislang hat sie unter anderem für "taz" und "Vice" gearbeitet. "Auch wenn es Momente gibt, die manchmal echt an die Substanz gehen, könnte ich mir eigentlich nichts anderes vorstellen", sagt Katsidou. Am freien Arbeiten schätzt sie vor allem, sich mit Dingen zu beschäftigen, die sie wirklich interessieren. Denn das brauche sie, um kreativ zu sein. "Außerdem schätze ich, dass ich keine Routine habe." Negative Erfahrungen, bei denen sie sich ausgebeutet fühlt, hat sie "zuhauf" gesammelt: Vom Ideenklau bis hin zu ausgefallen Honoraren war schon alles dabei.

"Viele Verlage haben längst das von ihnen in Sonntagsreden beschworene gedeihliche Miteinander von Autoren und Verwertern aufgegeben", sagt Benno Stieber, Vorsitzender der Freischreiber, einem Berufsverband für freie Journalisten. "Sie wollen Autoren nicht mehr angemessen bezahlen und versuchen etwa durch Buy-Out-Verträge auch um eine angemessene Beteiligung an Weiterverwertung zu bringen." Das könne man Ausbeutung nennen, die der Verband bekämpft. "Wir versuchen unseren Mitgliedern etwa durch Veröffentlichung der Freienbibel Strategien dieser Art näher zu bringen und sie dabei zu unterstützen unternehmerisch vorzugehen." Der DJV hingegen verhandelt mit Verlagen und Sendern über Honorare und Arbeitsbedingungen und veranstaltet regelmäßig Online-Seminare rund um das freiberufliche arbeiten.