Anfang 2015 habe ich zum ersten Mal begeisterte Ausrufe zu "Catastrophe" gehört - oder besser: gelesen. Von Briten. Im Sommer 2015 waren es dann begeisterte Stimmen aus den USA, die ich zu der Comedy vernahm. Und ich dachte mir: "Ach, dann wird es ja sicher nicht mehr lange dauern, bis die Serie nach Deutschland kommt." Im Herbst 2015 startete die zweite Staffel, die begeisterten Ausrufe wurden zu Begeisterungsstürmen. Und ich wartete. Weil im Frühjahr 2016 noch immer nicht verkündet war, wann die Serie in Deutschland zu sehen sein würde, fragte ich bei den zuständigen PR-Vertretern von Amazon nach. Leider wusste man damals nichts von einem Termin, noch nicht einmal ein "irgendwann in diesem Jahr" war zu vernehmen. Gegen Ende des Jahres 2016 gab ich die Hoffnung auf. Und ärgerte mich insgeheim, dass amerikanische Serien mittlerweile schnell nach Deutschland kommen, es bei britischen aber leider häufig dauert. 

Langer Rede kurzer Sinn: Die britische Comedy "Catastrophe" ist eine Serie, die an meinen Erwartungen scheitern könnte. Mehr als zwei Jahre Wartezeit tut selten gut, und welche Probleme übersteigerte Erwartungen beim Genuss von Serien haben können, darüber habe ich hier ja bereits des öfteren geschrieben. Manchmal hilft es, wenn ich vor dem Beginn einer Serie kurz innehalte und mir bewusst mache, dass meine Erwartungen zu hoch sein könnten. Bei "Catastrophe" habe ich das versäumt. Wir saßen Montagabend auf dem Sofa, geschafft vom Tag, mein Mann fragte: "Silicon Valley?" und ich antwortete ohne nachzudenken: "Catastrophe!". Ehe ich mich versah, war ich mittendrin im Leben von Sharon Morris (Sharon Horgan) und Rob Norris (Rob Delaney). Sah, wie sie sich kennenlernten, Sex hatten und dann aus dem Leben des jeweils anderen wieder verschwanden. Und dann doch plötzlich eine Beziehung eingehen, weil Sharon schwanger ist.

Wenn ich nicht soziale (Kind) und finanzielle (Aufträge) Verpflichtungen hätte, wäre ich vermutlich seit Montag jeden Tag mehrere Stunden bei den beiden zu Besuch gewesen. Denn Rob und Sharon sind genau mein Ding - mein Humor (herb), mein Alter (Ende 30, Anfang 40), meine Themen (Kind + Beziehung + und alle Probleme drumherum), dazu sehr sympathisch und nah am Leben geschrieben. Wow. Obwohl ich mich leicht auf Figuren einlassen kann - selbst auf Figuren, die sehr weit weg sind von meiner Lebenswirklichkeit -, so gefunkt wie bei Rob und Sharon hat es bei mir selten. Ich schreibe bewusst "gefunkt", weil es wirklich ein Funke war, der übergesprungen ist - ich habe ihn gespürt. Allerdings nicht direkt in der Eröffnungsszene, sondern in der zweiten Szene, als er sie beim Sex auf das Bett wirft, wo noch ein Teller mit einem Stück Pizza steht, das Stück Pizza klebt an ihrem Rücken, er zieht es ab, legt es auf den Teller und wirft den Teller samt Pizza an die Wand und sie sagt "This was exciting" mit diesem wunderbaren irischen Akzent. In dieser Situation funkte es zwischen Rob und Sharon und mir.

Das Reflektieren von "Catastrophe" findet bei mir auch nicht auf einer abstrakten Ebene statt mit Gedanken wie "diese und jene Szene war gut gespielt" oder "dieser und jener Dialog war treffend geschrieben" - sondern eher auf eine Art, wie man über echte Menschen nachdenkt, die man getroffen oder gerade kennengelernt hat. Was daran liegen könnte, dass Rob Delaney und Sharon Horgan nicht nur die Hauptdarsteller sind, sondern die Serie gemeinsam erfunden und auch jede Folge gemeinsam geschrieben haben. Ich kann mich nicht erinnern, ob mir das bei einer Serie schon einmal so gegangen ist, am ehesten vermutlich, als ich zum ersten Mal "Gilmore Girls" gesehen habe. Wobei die beiden Serien außer dieser Sache überhaupt nichts miteinander zu tun haben.

Während des Guckens bin ich hin und wieder - allerdings seltener als bei anderen Serien - gedanklich aus dem Leben der beiden herausgetreten und habe mich auf die Meta-Ebene begeben. Und zwar immer dann, wenn ich Gesichter wiedererkannt habe. Zum ersten Mal, als der grauhaarige, bärtige Mann einer Freundin von Sharon auf dem Bildschirm zu sehen war. In solchen Situation google ich ungern, sondern grübele, woher ich den Schauspieler kenne. Das Grübeln brachte überraschend schnell ein Ergebnis, weil die Guck-Erlebnisse noch ziemlich frisch waren: aus "Apple Tree Yard" (die Serie hatte ich im Juli für DWDL.de besprochen) und "New Blood" (gerade im ZDF angelaufen). Auf seinen Namen bin ich allerdings erst durch IMDb.de gekommen: Mark Bonnar. Hier ein Foto aus "Catastrophe" mit ihm: 

Mark Bonnar (r.) in © Amazon

Mark Bonnar (rechts) spielt den eher spröden und griesgrämigen Chris - hier ein typischer Gesichtsausdruck. Der Mann ganz links ist übrigens die Hauptfigur Rob (Rob Delaney).

(Kurz darauf schaute außerdem Tobias Menzies vorbei, der einen Gynäkologen spielt und mit strenger schwarzer Brille nicht sofort zu erkennen war. Auch in seinem Fall stieg ich kurz aus, um mich kurz der Serien erinnern, in denen er mir in den vergangenen Jahren aufgefallen war: "Game of Thrones", "The Honourable Woman", "Outlander". Achja, und bei Carrie Fisher natürlich, die Robs Mutter spielt und insgesamt in fünf Folgen zu sehen ist.)

Obwohl es wirklich verlockend war, alles stehen und liegen zu lassen und alle drei Staffeln der Channel-4-Produktion nacheinander zu inhalieren, übe ich mich nicht nur der Verpflichtungen (siehe oben) wegen in Zurückhaltung: Ich habe mir vorgenommen, höchstens eine Staffel pro Woche zu schauen. Aus dem einfachen Grund, dass ich dann mehr davon habe, denn sechs Folgen pro Staffel gucken sich sonst weg wie nix. Für diese Woche habe ich es bereits geschafft - Montag kann ich endlich wieder bei Rob und Sharon vorbeischauen. 

Und zum Schluss noch ein Gucktipp: 

Was passiert, wenn sich Daredevil, Jessica Jones, Luke Cage und Iron Fist zusammenschließen, kann man seit Freitag in "The Defenders" auf Netflix sehen. Ich habe noch nicht reingeschaut, werde das aber auf jeden Fall am Wochenende noch tun. (Auf das Wiedersehen mit Jessica Jones freue ich mich besonders.)

Jetzt zum wirklich Wichtigen: Wo kann man das gucken, über das ich schreibe?

"Catastrophe": Die drei bisherigen Staffeln gibt's bei Amazon Prime.

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