Es sieht ganz so aus, als habe der Hype um Castingshows im deutschen Fernsehen seinen vorläufigen Höhepunkt überschritten. Die nun zu Ende gegangene Casting- und Recallphase der neunten Staffel von "Deutschland sucht den Superstar" tat sich nämlich so schwer wie seit langem nicht. 5,51 Millionen Zuschauer verfolgten seit Anfang Januar die bisherigen 14 Folgen - gegenüber den vergangenen beiden Jahren verlor die RTL-Show somit gut eine Million Zuschauer.

Besonders deutlich wird der Rückgang auch beim Blick auf die Zielgruppen-Werte: 26,8 Prozent Marktanteil fuhr "Deutschland sucht den Superstar" in den vergangenen Wochen ein - fraglos ein starker Wert. Und doch was es der schwächste Wert für die Phase vor den Live-Shows seit der Ende 2002 ausgestrahlten ersten Staffel. Damals verzeichnete der übrigens nur aus drei Folgen bestehende Teil mit Castings und Recall im Schnitt 24,6 Prozent Marktanteil - dass vor knapp zehn Jahren insgesamt im Schnitt nur etwas mehr als vier Millionen Zuschauer zusahen, ist übrigens in erster Linie darauf zurückzuführen, dass "DSDS" damals noch samstags im Vorabendprogramm zu sehen war.

Doch zurück zur aktuellen Staffel: Die letzte Recall-Folge verzeichnete am vergangenen Mittwoch übrigens erstmals seit einer im April 2009 ausgestrahlten Live-Show weniger als fünf Millionen Zuschauer. 4,95 Millionen Zuschauer sahen die Sendung, die zwar gegen den quotenstarken FC Bayern antreten musste, allerdings zugleich auch deutlich hinter dem anschließend gezeigten "Bachelor" landete. Und so dürfte man bei RTL nun mit Spannung auf die am Samstagabend beginnende Live-Phase von "Deutschland sucht den Superstar" warten. Erfahrungsgemäß tun sich die Shows nämlich meist ein wenig schwerer als der inzwischen stark auf Comedy getrimmte Staffel-Anfang.

Zuschauer-Trend: Deutschland sucht den Superstar
Deutschland sucht den Superstar

Während es bei "DSDS" jetzt also gilt, möglichst viele Zuschauer in die Mottoshows mitzunehmen, steht die siebte Staffel von "Germany's next Topmodel" gerade erst am Anfang. Doch auch die ProSieben-Show hat mit Problemen zu kämpfen: Zwar schalteten am Donnerstagabend ein paar Zuschauer mehr ein als noch beim Staffel-Auftakt 2011, doch der Marktanteil fiel in der Zielgruppe mit 17,5 Prozent so schwach aus wie seit der ersten Staffel nicht mehr. All das passt gut ins Bild: Ende vergangenen Jahres schwächelte bereits "Das Supertalent", "The Voice of Germany" ging zum Ende hin ebenfalls ein wenig die Puste aus und "Unser Star für Baku" erwies sich für ARD und ProSieben kürzlich gar als Total-Ausfall.

Was steht an?

Man mag es kaum glauben, doch zwischen all den Castingshows ist tatsächlich auch noch Platz für andere Genres. Am kommenden Dienstag steht der mit Abstand wichtigste Spielfilm des Jahres für Sat.1 auf dem Programm: "Die Rache der Wanderhure". Als vor eineinhalb Jahren der erste Teil des Historien-Dramas mit Alexandra Neldel in der Hauptrolle zu sehen war, hatten im Schnitt 9,75 Millionen Zuschauer für die Quoten-Sensation des Jahres gesorgt. In der Zielgruppe lag der Marktanteil damals bei 32,4 Prozent - ob dieser Erfolg im Falle von "Die Rache der Wanderhure" wiederholt werden kann, ist freilich unklar. Doch starke Quoten sind ebenso sicher wie der dritte Teil, der schon Ende April gedreht werden soll.

Bei Vox wird unterdessen in der kommenden Woche eine neue Stufe der Nachmittags-Reform gezündet. Nachdem sich zuletzt die neue Doku "Shopping Queen" zumindest ordentlich schlug, nimmt ab Montag nun Jochen Schropp mit "Ein Bus voller Bräute" den täglichen Sendeplatz um 15:00 Uhr ein. Leicht wird es sicher nicht, doch im Anschluss an die überraschend erfolgreiche Scripted Reality "Verklag mich doch", die mitunter sogar für zweistellige Marktanteile gut ist, ist ein Erfolg zumindest im Bereich des Möglichen. Und auch bei kabel eins gibt es einen Neustart: Das "Quiz Taxi" kehrt nach längerer Pause für kurze Zeit zurück, diesmal mit Murat Topal am Steuer. Bäume werden sich damit aber wohl kaum ausreißen lassen.

Unterm Strich zeigt sich Vox am Nachmittag inzwischen deutlich erholt, auch wenn der Sender, abgesehen von "Verklag mich doch", noch immer keine dauerhafte Lösung gefunden hat. Bei RTL wird man dagegen die Daumen drücken, dass bei "Deutschland sucht den Superstar" möglichst wenige Zuschauer durch den Übergang zu den Live-Shows verloren gehen. Trotz des nach wie vor großen Erfolgs ist nun zumindest ein wenig Schadensbegrenzung angesagt.