Die Berliner Unionfilm-Studios haben über Jahrzehnte hinweg unzählige schöne Fernsehmomente hervorgebracht. Zuletzt waren es Joko und Klaas, die auf dem Gelände mit "Circus HalliGalli" ihr Unwesen trieben. Und jetzt soll eine neue Zeitrechnung beginnen. So oder so ähnlich sieht man das zumindest bei YouTube. Wo einst TV-Geschichte geschrieben wurde, findet sich inzwischen das YouTube Space – und genau dort hat die Google-Tochter am Mittwoch ihre ersten deutschen Eigenproduktionen vorgestellt, die sich zu den bereits bestehenden internationalen Formaten hinzugesellen.

"Originals" nennt auch YouTube diese Formate, die so besonders sein sollen, dass sich möglichst viele Nutzer finden, die dafür fast zwölf Euro pro Monat auf den Tisch legen. In Deutschland ist YouTube Premium vor wenigen Monaten an den Start gegangen, jetzt folgen also die ersten Inhalte. Diese sollen allerdings keineswegs bloß die hiesige Community erreichen. "Es ist unsere Hoffnung, dass die Originals nicht nur in Deutschland gesehen werden, sondern die Fans auf der ganzen Welt miteinander verbinden", erklärte Robert Kyncl, Chief Business Officer bei YouTube, bei der Präsentation in Berlin. Das klingt ähnlich hochtrabend wie der abschließende Satz eines Trailers: "This is the new world", heißt es darin. Darunter macht es YouTube nicht.

Mit Blick auf die Formate hat das Videoportal auf Unterscheidbarkeit geachtet, gleichzeitig aber auch die vermeintlich sichere Nummer gewählt. Denn ganz gleich ob fiktionale Serie, Show oder Doku-Reihe: In allen Fällen setzt YouTube auf Gesichter, die bereits seit Jahren erfolgreiche Kanäle betreiben. Allen voran LeFloid, um den die ProSiebenSat.1-Tochter Studio71 das Format "LeFloid vs. The World" gestrickt hat. In zunächst acht Folgen mit einer Länge von je 25 Minuten reist der YouTuber um die Welt, um nach Antworten auf die Fragen der jungen Generation zu suchen.

Themen sind Geld, Politik, Schule, Mobbing oder das Leben im Allgemeinen, wie es heißt. "Wichtig ist eine Art Denkanstoß", sagt LeFloid, der eigentlich Florian Diedrich heißt. Er wolle den Menschen Situationen und Bilder zeigen, "die sie so nicht auf dem Schirm haben". Den Horizont seiner Zuschauer will er erweitern, damit diese verstehen, "welche Konsequenzen unser Handeln hat – und zwar nicht nur heute und morgen, sondern auch in zehn oder 20 Jahren". Die Riege seiner Gesprächspartner reicht dabei vom Daimler-Chef bis hin zum Nobelpreisträger. Produziert wurde die Sendung auf Englisch, womit sie wohl das größte Potenzial mitbringt, auch international erfolgreich zu sein.

Robert Kyncl© DWDL.de / Alexander Krei

Robert Kyncl, Chief Business Officer von YouTube

Das zweite Format ist "Neuland", eine Comedyshow mit dem von Y-Titty bekannten Phil Laude. Ganz alleine ist er allerdings nicht, denn Laude tritt in der Sendung gegen David Hasselhoff um den Posten des "Showmasters" an. Daneben geben sich Gäste wie Wincent Weiß, Luke Mockridge oder Eko Fresh die Ehre, die sich in Spielen und Musikeinlagen beweisen müssen. All das klingt doch sehr nach recht klassischem Fernsehen – und so verwundert es dann auch nicht, dass mit Brainpool ein Produzent hinter "Neuland" steht, der vor allem in dieser vermeintlich alten Welt bislang erfolgreich war.

Abgerundet wird das Angebot an deutschen Originals-Produktionen durch die in deutscher Sprache von Pantaleon Films zusammen mit Mediakraft produzierte Serie "Bullsprit", in deren Mittelpunkt die YouTuber von Bullshit TV stehen. Inhaltlich geht's um eine stillgelegte Tankstelle, die Jannis (Chris Manazidis) von seinem Onkel erbt und nur behalten darf, wenn er sie innerhalb eines Monats profitabel macht. Unterstützt werden Manazidis und seine Mitstreiter Sebastian "C-Bas" und Philipp Meichsner unter anderem von Andrea Sawatzki, Ralf Richter und Oliver Korritke. Letzterer lobte bei der Präsentation die Ernsthaftigkeit, die die YouTuber bei der Produktion an den Tag gelegt haben.

Wie viel Geld YouTube für die Umsetzung der drei Produktionen zur Verfügung stellte, wollte Luke Hyams, der unter anderem die europäischen Originals verantwortet, nicht verraten. Man setze aber die "richtige Menge an Geld ein, um das beste Ergebnis zu bekommen", betonte er. Es ist also davon auszugehen, dass die Verantwortlichen bei ihrem Aufschlag in Deutschland nicht auf den Cent geachtet haben. Nun muss sich zeigen, wie viele Nutzer dazu bereit sind, Geld für exklusive Inhalte dieser Art ausgeben. Ein Scheitern wäre zumindest für die YouTuber nach eigener Aussage verkraftbar. "Ich finde das, was ich bisher gemacht habe, nach wie vor gut", sagt LeFloid. Und Sebastian Meichsner von Bullshit TV ergänzt: "Wir drehen auch weiterhin gerne zu Hause in seinen eigenen vier Wänden."

Trailer der neuen YouTube-Produktionen