Es beginnt alles mit einer vermutlich bekannten Feststellung: Rupert Murdoch ist einer der zentralen Akteure der britischen Medienlandschaft. Der 1931 in Australien geborene und seit 1985 in den Vereinigten Staaten eingebürgerte Unternehmer kontrolliert über seine Firma News International einige der größten Zeitungen Großbritanniens. Daneben ist er Mehrheitseigner der British Sky Broadcasting, kurz BSkyB, des größten Betreibers von Satellitenfernsehen im Vereinten Königreich. Kontrovers diskutiert wurde der Einfluss, den Murdoch auf Politik und Gesellschaft des Landes ausübt, schon seit Langem. Eine neue Qualität hat diese Diskussion jedoch durch den Medienskandal bekommen, der mit immer neuen Enthüllungen die britische Öffentlichkeit beschäftigt.

Dabei war schon 2005 publik geworden, dass Mitarbeiter des zu Murdoch gehörenden Boulevardblatts „News of the World“ die Mailboxen von Angestellten des royalen Haushalts abgehört hatten, um auf diese Weise an Geschichten zu kommen. Die Affäre führte zu zwei Verurteilungen. Offiziell beteuerte der Verlag, dass es sich um einen Einzelfall gehandelt habe.  In den folgenden Jahren kam es jedoch zu immer weiteren Enthüllungen. Seinen vorläufigen Höhepunkt erreichte der Skandal im Sommer 2011, als bekannt wurde, dass Reporter der „News of the World“ auch die Mailbox der 2002 verschleppten und ermordeten 13-jährigen Milly Dowler abgehört hatten. Um neuen Speicherplatz zu schaffen, hatten die Journalisten sogar alte Nachrichten gelöscht, wodurch Polizei und Angehörige fälschlicherweise davon hatten ausgehen müssen, dass das Mädchen noch lebte. Um die Sensationsgier ihrer Leser zu befriedigen, hatten die Reporter aber auch die Voicemails von Prominenten, Politikern, britischen Soldaten und Terroropfern gehackt.

Seitdem sieht sich Rupert Murdoch in Großbritannien mit massiven Vorwürfen konfrontiert, welche zu einer Reihe von Untersuchungen, unter anderem in die engen Beziehungen zwischen dem Medienunternehmer und der britischen Politik, geführt haben. Dabei stellt sich zunächst die Frage, wie Murdoch überhaupt in die Lage kommen konnte, eine so bedeutsame Rolle in den britischen Medien zu spielen. Genau hier wollen wir ansetzen und die Geschichte dieses so einflussreichen Geschäftsmannes betrachten. 1952 hatte Rupert Murdoch den australischen Zeitungsverlag News Limited von seinem Vater Keith geerbt. Schon bald begab sich der Junior auf Expansionskurs – und erwarb 1969 seine erste Zeitung auf dem britischen Markt: das Boulevardblatt „News of the World“, 1975 folgte „The Sun“, 1981 „The Times“ und „The Sunday Times“. Vom Boulevard bis zum seriösen Sonntagsblatt brachte Murdoch damit ein weites Spektrum an Zeitungen unter seine verlegerische Kontrolle, welche er umgehend dazu benutzte, die politische Ausrichtung der Publikationen in eine neue Richtung zu dirigieren. Vehement unterstützte er in den 80er Jahren mit seinen Blättern die Politik Margaret Thatchers.

Es wäre jedoch zu kurz gegriffen, wollte man Murdoch deswegen als verbohrten konservativen Ideologen darstellen. Tatsächlich weist der Unternehmer in politischen Fragen häufig eine geradezu bemerkenswerte Flexibilität auf. Was sich nicht nur daran zeigt, dass er in jungen Jahren selbst linken Positionen zugeneigt war. Mitte der 90er Jahre entzog er dem blassen konservativen Premier John Major die Unterstützung - und machte sich stattdessen mit seiner „Sun“ für den jungen und vor allem sehr unternehmerfreundlichen Labour-Kandidaten Tony Blair stark. Nicht wenige Beobachter sehen in Murdoch deshalb einen wohlkalkulierenden Opportunisten, der seine publizistische Unterstützung demjenigen gewährt, der zwei Kriterien erfüllt: Erstens, er oder sie muss vorab schon gute Chancen haben, die Wahlen zu gewinnen. Zweitens: Es muss sich um jemanden handeln, der den geschäftlichen Interessen Murdochs nicht im Wege steht, sondern sie, besser noch, befördert.

In den 80er Jahren war das Margaret Thatcher, welche den gewerkschaftlichen Widerstand gegen die Automatisierung in Murdochs Druckereien konsequent und mit aller Polizeigewalt niederschlagen ließ. In den 90er Jahren war es hingegen Blair, der sich mit seinem Eintreten für eine Ökonomie der freien Märkte die Sympathien Murdochs sicherte. Keine unumstößliche ideologische Festlegung – jenseits der eigenen unternehmerischen Interessen – zu haben, hat für Murdoch natürlich noch einen weiteren Vorteil: Es motiviert Politiker aller Lager, um seine Gunst zu buhlen – und bringt ihn damit gegenüber der Politik in eine Position der Stärke, wie es sonst wohl kaum ein Medien-Mogul je geschafft hat. Doch das ist nur die eine Seite des Wirkens Murdochs. Denn es gibt noch eine zweite unternehmerische Leidenschaft: Das Fernsehen.

1983 stieg Rupert Murdoch bei Satellite Television ein, einer Ende der 70er Jahre gegründeten Firma, welche europaweit über einen kleinen Experimental-Satelliten Programme zur Einspeisung in Kabelnetze ausstrahlte. Ein Jahr später benannte sich das Unternehmen in Sky Television um. Ohne sich um eine Genehmigung zu kümmern, begann Sky 1989 damit, über den Satelliten Astra Programm für den Endkunden, sprich Zuschauer mit einer Satellitenschüssel, auszustrahlen. Damit kam Sky der offiziell von der britischen Regierung lizenzierten Konkurrenz von British Satellite Broadcasting (BSB) um ein Jahr zuvor. In vielerlei Hinsicht hatte Sky damit anfangs den Charme eines Piratensenders. Während BSB seine Sendezentrale in einem teuren Neubau unterhielt, saß Sky in einer alten Lagerhalle. Nach nur wenigen Monaten musste BSB bereits den ruinösen Wettbewerb mit Sky aufgeben.