In der vergangenen Woche haben die deutschen Landesmedienanstalten ihren aktuellen Digitalisierungsbericht vorgelegt. Demnach können hierzulande mittlerweile 77,8 Prozent der Haushalte digital fernsehen. Gegenüber dem Vorjahr ist das ein Plus von 10 Prozent, welches sich insbesondere natürlich der Abschaltung des analogen Satellitensignals im April dieses Jahres verdankt. Damit liegen wir allerdings immer noch hinter Großbritannien, wo die Digitialisierung des Fernsehens so gut wie abgeschlossen ist. Aktuell schauen bereits etwa 98 Prozent der britischen Fernsehhaushalte digital. Am 12. September wird mit Tyne Tees die letzte Region auf der Insel den digitalen Switchover vollziehen. Dann steht nur noch Nordirland aus, wo im Oktober die letzten terrestrisch verbreiteten Analogsignale abgeschaltet werden. Der digitale Switchover, der seit 2008 Region für Region im Gange ist, wird damit plangemäß vollendet.

Dabei hatte die Digitalisierung des Fernsehens auch in Großbritannien manche Rückschläge zu vertragen. Ähnlich wie in Deutschland das DF1 von Leo Kirch (und auch fast zur gleichen Zeit) gingen im Vereinten Königreich die beiden ITV-Lizenznehmer Carlton Communications und Granada mit ihrem kaum minder ambitionierten digitalen Pay-TV-Projekt ONdigital (2001 in ITV Digital umbenannt) baden. Im Vergleich zum übermächtigen Konkurrenten Sky sah ONdigital vor allem im Verhältnis von Preis und Programmangebot nicht sonderlich gut aus.

Dessen ungeachtet schritt die Digitalisierung des britischen Fernsehens schnell voran. Treibende Kraft war hier insbesondere Sky, welches 1998 mit der Ausstrahlung einzelner Sender in digitaler Qualität begann – und bereits drei Jahre später die analoge Verbreitung seiner Programme einstellen konnte. Für den zuschauerstarken Pay-TV-Sender war die schnelle und umfassende Digitalisierung seines Angebots natürlich ein gutes Marketing-Argument. Und da Sky zu dieser Zeit quasi ein Monopol auf dem britischen Satellitenmarkt hatte (das von BBC und ITV gemeinsam betriebene, frei empfangbare Angebot Freesat gibt es erst seit 2008), war der digitale Switchover im Bereich des Satellitenempfangs damit bereits mehr als ein Jahrzehnt vor der Analog-Abschaltung in Deutschland vollzogen.

Ein zweiter gewichtiger Faktor bei der Digitalisierung des britischen Fernsehens ist die Verteilung der Empfangsarten auf der Insel, insbesondere die Rolle, die der terrestrische Empfang spielt. In Deutschland empfingen im vergangenen Jahr 11,8 Prozent der TV-Haushalte ihr Programm terrestrisch, 50,2 Prozent hatten dagegen (z.T. zusätzlich) Kabel- und 44,7 Prozent Satellitenempfang. In Großbritannien sieht das anders aus. Hier stehen Kabel und Terrestrik fast genau im umgekehrten Verhältnis zueinander: Während im vergangenen Jahr 38 Prozent der Haushalte ihr Programm über die Haus- oder Zimmerantenne bezogen, hatten nur 13 Prozent einen Kabelanschluss.

Grund dafür ist vor allem die anders gelagerte politische Weichenstellung: Während Bundespostminister Christian Schwarz-Schilling in den 80er Jahren die Republik umgraben ließ, um den Kabelausbau zu forcieren, richtete sich der Blick der Briten viel stärker nach oben, in den Himmel. Die BBC versuchte sich Mitte der 80er Jahre mit dem grünen Licht der Politik am Bau eines eigenen Satelliten. Später war es dann mit Sky wiederum ein Satellitenbetreiber, der den Briten eine neue Programmvielfalt bescherte. Der Kabelausbau kam dagegen nur schleppend voran. Die britische Kabelwirtschaft bestand zu Beginn aus vielen kleinen Betreibern, die nicht willens und häufig auch nicht in der Lage waren, hohe Investitionsrisiken einzugehen. Mittlerweile hat sich der Kabelmarkt so weit konsolidiert, dass es im Grunde nur noch einen relevanten Netzbetreiber gibt: Aktuell werden 90 Prozent der britischen Kabelanschlüsse von Virgin Media gestellt. Trotz seiner Stellung als Quasi-Monopolist hat das Unternehmen allerdings bislang nichts daran ändern können, dass Kabelfernsehen außerhalb der großen Ballungsräume nur eine Nischenexistenz führt.