Die fiktive Werbeagentur, die in den frühen 60er Jahren als „Sterling Cooper“ startete, sich aber mittlerweile „Sterling Cooper Draper Pryce“ nennt, verkauft, wie meist für die Werbebranche üblich, hauptsächlich Träume. Allen voran der geheimnisvolle, schwer durchschaubare, aber sehr erfolgreich agierende Werbefachmann Don Draper (Jon Hamm), der den Ton in der Agentur angibt – der Anzug sitzt quasi 24/7, eine Zigarette brennt fast toujours an der rechten und ein Glas Hochprozentiges schmückt meist die linke Hand. Dass Traumwelten aber selten den Charakter des Realen besitzen und beruflicher Erfolg, gemessen an einem hohen Kontostand, nicht ausreichend für Lebensqualität und persönliche Ausgeglichenheit sein müssen, deutet bereits der Vorspann mit einem sich im freien Fall befindenden Don Draper an. Zur Musik von RJD2 stürzt er an den Zufriedenheit und die Vorzüge des American Dreams proklamierenden Werbeplakaten der Hochhausfassaden vom Arbeitsplatz des Kreativen direkt in die Tiefe. Ein ambivalenter Protagonist, der vor allem im Privaten immer zu fallen droht, mehr sucht als findet und selten zur Ruhe kommt.

Bei den 64. Primetime Emmy Awards könnte „Mad Men“ nun Fernsehgeschichte schreiben und eine neue Duftmarke setzen, die bislang noch keine andere Drama-Serie zu setzen vermochte: Nachdem die Serie über eine New Yorker Werbeagentur in der Madison Avenue bereits vier Jahre in Folge die Königsdisziplin für sich entscheiden konnte, wäre mit einem Sieg im Jahre 2012 ein neuer Rekord eingestellt: 5 Siege in Folge - was in der Stiefschwestern-Kategorie „Beste Comedy“ bereits „Frasier“ (1994-1998) gelungen ist. In der Kategorie aller Kategorien „Beste Drama-Serie“ konnten sich die beiden NBC-Serien „Hill Street Blues“ (1981-1984) und „The West Wing“ (2000-2003) in der Geschichte der Emmys bereits vier Mal ohne Unterbrechung mit der Auszeichnung schmücken, die magische fünf im eigenen Portfolio zu haben, wäre für „Mad Men“ jedoch ein Alleinstellungsmerkmal.

Dennoch könnte man trotz des Status' als Kritikerliebling und der Sammlung von Emmys und Golden Globes behaupten, dass „Mad Men“ auch polarisiert. Vereinzelt wird der Historien-Serie vorgeworfen, lediglich von der Atmosphäre zu leben: Mehr Schein als Sein, opulente Inszenierungen, pompöse Ausstattung, sozusagen die Dominanz reiner Ästhetik, was den simplen und langsam erzählten Plot zu kaschieren versuche. Die andere Seite hingegen sieht in der Serie ein detailgetreu nachgezeichnetes Bild, das, in einen zeitlichen Kontext eingebettet, verschiedene Lebensstile, die Problematiken in Form von Rollenverteilung und gesellschaftlichen Hierarchien mittels Bühnenbild und Kostümierung wiedergibt und ein treffendes Porträt sozialer Veränderungen skizziert. In Sachen Emmys hat die Pro-“Mad Men“-Fraktion zumindest die Kritiker hinter sich.

Nachdem Drehbuchschreiber und Kreativkopf Matthew Weiner bei HBO im Jahre 2002 eine Absage für das Projekt kassierte, wanderte er weiter zu AMC, wo das Serienprojekt im Jahr 2007 mit der ersten Staffel umgesetzt wurde. Nun hatte es 17 Monate gedauert bis das Treiben in der Werbeagentur nach Staffel Vier wieder auf den Fernsehbildschirm in den USA zurückgekehrt war. Grund war ein Streit des Serienschöpfers Matthew Weiner mit „Mad Men“-Heimatsender AMC. Erfreulich für alle Beteiligten war dann umso mehr, dass die Premierenshow „A Little Kiss“ mit einem Serien-eigenen Rekordwert von über 3.5 Millionen Zuschauern am 25. März über den Äther ging – im Vergleich zu „The Walking Dead“, das ebenfalls bei AMC läuft, kann „Mad Men“ aus Qutensicht jedoch nicht mithalten. Bestellt wurde unterdessen die sechste Staffel beim Produktionsstudio Lionsgate. In Deutschland startete der FOX Channel im Jahr 2009 mit der Ausstrahlung und ZDFneo nahm sich im Free-TV der Thematik, mit der Werbebotschaft „Hinter jeder erfolgreichen Frau steht ein Mann, der ihr auf den Arsch glotzt“ 2010 an.

Weiterhin Rekord verdächtig ist die Tatsache, dass „Mad Men“ wieder einmal mit einer zweistelligen Nominierungsanzahl, nämlich 17, ins Rennen um die begehrte Trophäe geht und der Serie damit zwangsläufig die Rolle des Topfavoriten zuteil wird. Auch wenn die meist viel gelobte Serie damit nicht an den Vorjahreswert von 19 heran kommt, so ist die Anzahl an Nominierungen sicherlich trotzdem wieder beachtlich, vor allem wenn man bedenkt, dass das Minimum an Nominierungen im ersten Jahr der Emmy-Teilnahme schon bei 16 (2008) lag und man sechs Kategorien für sich entscheiden konnte. Allerdings sind „Nominierung“ und „Sieg“ zwei Paar Schuhe, so dass angesichts einer recht hohen Nominierungszahl die Ausbeute real gewonnener Kategorien mittlerweile gar nicht mehr so groß erscheint. Bei der Vorjahrsgala konnte „Mad Men“ aus besagten 19 Nominierungen nämlich nur zwei Siege schöpfen und musste der Comedy-Serie „Modern Family“, die sogar fünf von fünf Kategorien für sich entscheiden konnte, einen Großteil des Rampenlichts überlassen. Eine Erwähnung wert ist neben all der Angabe von Quantitäten und Verhältnissen aus Nominierungen und Siegen allerdings die Bemerkung, dass „Mad Men“ auch dieses Jahr wieder bei allen als wichtig und prestigeträchtigen Kategorien vertreten ist.