Als die Mehrheit noch dachte, die Präsidentschaftskandidatur von Donald Trump sei ein Witz, der sich früher oder später schon von selbst erledige, hieß der unumstrittene Marktführer im US-Late-Night-Geschäft bei Jung und Alt gleichermaßen Jimmy Fallon. Politik kommt bei ihm eher am Rande vor, das Markenzeichen sind harmlose Gute-Laune-Gespräche mit Stars. Und als er tatsächlich Donald Trump zu Gast hatte, machte er nur damit Schlagzeilen, wie er Trump durch die Haare wuschelte, damit dieser beweisen konnte, dass es sich nicht um ein Toupet handelt.

Doch dann kam der 8. November, Trump wurde 45. US-Präsident - und sorgt seither für einen andauernden Ausnahmezustand in der US-Politik. Und zwar einen, bei dem sich viele offenbar nach spätabendlicher, satirischer Einordnung sehnen. Einen Job, für den Stephen Colbert wie gemacht scheint. Mit seinem "Colbert Report" gehörte er im Windschatten der "Daily Show" schon lange zu den profiliertesten Kommentatoren des politschen Geschehens, während seiner Zeit bei Comedy Central immer in einer Kunstrolle eines streng-konservativen Kommentators nach dem Vorbild von Bill O'Reilly von Fox News. Als er schließlich die Nachfolge von David Letterman in der "Late Show" antrat, wirkte er ohne diese Kunstfigur zunächst etwas verloren. Doch seit Trump da ist, ist auch Colbert als scharfzüngiger Kommentator der politischen Lage wieder voll in seinem Element.

Das zeigt sich schon bei den Quoten: Bei den 18- bis 49-Jährigen ist Jimmy Fallon weiterhin unangefochtener Marktführer, beim Gesamtpublikum ist Stephen Colbert hingegen direkt nach der Wahl an Fallon vorbei gezogen und hat die Spitzenposition seither auch nicht mehr abgegeben, sondern im Gegenteil noch eher ausgebaut. Auch bei den Emmys schlägt sich das nieder: Während Fallons "Tonight Show" aus dem Nominiertenkreis heraus fiel, kann sich der im Vorjahr noch verschmähte Stephen Colbert mit seiner "Late Show" nun berechtigte Hoffnungen auf eine Auszeichnung machen.

Doch Colbert ist längst nicht der einzige, der von der stärkeren Politisierung profitiert hat. Kein Blatt vor den Mund nimmt auch "Samantha Bee", deren Sendung bei TBS passenderweise auch "Full Frontal" heißt. Durch die wöchentliche Ausstrahlung kann sie erst mit Verzögerung auf die neuesten Ereignisse reagieren, tut das aber dafür um so unverblümter. Im vergangenen Jahr war auch sie bei den Emmys noch fast vollständig ignoriert worden, diesmal hingegen hat auch sie gute Chancen in der Kategorie "Outstanding Variety Talk Series", in der die Late-Night-Formate angesiedelt sind.

Nicht zu vergessen und nicht zu unterschätzen ist dabei natürlich auch der Vorjahres-Sieger "Last Week Tonight with John Oliver", auch wenn die gefeiertsten Beiträge eigentlich schon etwas zurück liegen. Seine längeren, hintergründigen, mit Recherche-Aufwand verbundenen Stücke sind nach wie vor herausragend - aber bei einem Präsidenten wie Donald Trump, bei dem man kaum die Augen von Twitter lassen kann, um nicht den nächsten Aufreger zu verpassen, erscheint das manchmal fast etwas zu langsam.

Und dann darf man natürlich ein Format keinesfalls vergessen, das sich ebenfalls an Trump abarbeitet: "Saturday Night Live" erlebt mit seinen Parodien - Alec Baldwin als Donald Trump oder Melissa McCarthy als Sean Spicer beispielsweise - gerade einen neuerlichen Frühling. Das zeigt sich nicht nur in deutlich gestiegenen Quoten, sondern auch in einem neuen Emmy-Rekord: 22 Nominierungen gab es in diesem Jahr - das ist neuer Allzeit-Rekord für ein Variety-Programm. (Nominiert übrigens als "Variety Sketch Series", es kommt sich daher nicht in die Quere mit den Colbert und Co.) Damit bringt es "Saturday Night Live" insgesamt übrigens schon auf 231 Nominierungen seit dem Start 1975. Auch hier ist das Format damit Rekordhalter.