Ich habe in der vergangenen Woche viele Meldungen vernommen von Sendungen, die eingestellt werden, von „Tatort“-Teams, die aufhören, ganz oder teilweise. Wie es aussieht, wird die ZDF-Sendung „ML Mona Lisa“ im Sommer zu einem Ende geführt, und das Bremer „Tatort“-Team nimmt sich demnächst eine finale Auszeit. Außerdem kommt im Ludwigshafener „Tatort“ demnächst die Figur des Kopper nicht mehr vor. Ich habe mich über all diese Meldungen sehr gefreut.

Ich habe mich gefreut, weil der Tod von Sendungen und der Wechsel von Konzepten immer ein Beleg dafür ist, dass ein Programm lebt. Ehrlich gesagt, werden für mein Empfinden viel zu wenige Sendungen eingestellt. Meistens trifft es doch nur solche, die nach ihrem Start nicht sofort funktionieren. Die kann man noch problemlos entsorgen, weil sich noch niemand an sie gebunden hat.

Schwieriger wird es, sich von gut eingeführten Marken zu verabschieden. „ML Mona Lisa“ ist so ein Beispiel. Da gibt es im Umfeld der geplanten Einstellung so einige Verwerfungen. Auf der einen Seite wird protestiert, dass Mitarbeiter von München nach Mainz umziehen müssen, auf der anderen wird gelobt, dass diese Sendung doch so eminent wichtig sei, dass man sich ein Leben ohne „ML Mona Lisa“ quasi nicht vorstellen kann.

Doch, ich kann mir ein Leben ohne „ML Mona Lisa“ vorstellen. Gut sogar. Ich habe mir aus Anlass der Proteste gegen die Absetzung ein bisschen angeschaut, was die Sendung so in den vergangenen Monaten zu bieten hatte. Da waren durchaus ordentliche Berichte über soziale Verwerfungen dabei, da gab es recht ausführliche Interviews mit irgendwelchen Bekanntheiten, aber letztlich war da nichts, was ich nicht auch in anderen Sendungen bekommen könnte. Es fehlt einfach das Alleinstellungsmerkmal. Aus einem engagierten Frauenmagazin, das „ML Mona Lisa“ 1988 beim Start sein sollte, ist inzwischen so etwas wie die gesellschaftspolitische „Landlust“ geworden. Schöne Bilder, die öfter auch mal zur Zweitverwertung bei „Leute heute“ taugen können, aber der Inhalt steht in keinem Verhältnis mehr zur polierten Oberfläche.

Auch der Inhalt des Bremer „Tatort“ steht mittlerweile in keinem Verhältnis mehr zu seiner 20-jährigen Geschichte. Oder erinnert sich jemand an einen Bremer Fall der jüngsten Zeit, über den man am Montag danach unbedingt mal mit den Kollegen reden wollte, weil man ihn so großartig fand?

Doch, ja, es wird sich der eine oder andere finden lassen mit einer Vorliebe für Inga Lürsen und ihren Nils Stedefreund. Besonders Menschen im Norden pflegen ja einen sehr eigenen Geschmack. Ich sage nur Labskaus mit Rollmops. Aber auch den Bremen-Fans sei gesagt, dass der Tod ein sehr guter Freund des Fortschritts ist, auch und gerade im Fernsehen. Wo nichts geht, geht irgendwann nichts mehr. Wo nichts geht, kann nichts kommen.

Überall klagen Fernsehmenschen, dass sie zwar tolle Ideen für neue Formate vorliegen haben, dass sie aber nicht wissen, wo sie die hinpacken sollen, weil das Sendeschema vollgestopft ist mit etabliertem Kram, der nur schwer oder gleich gar nicht zu entsorgen ist.

Ich werde daher nicht müde, zu fordern, Sendungen schon bei ihrem Start mit einem Mindesthaltbarkeitsdatum zu versehen. Wenn man etwa ein neues „Tatort“-Team einführt, schreibt man gleich drauf, dass es sich in zehn Jahren auflösen wird. Wenn es dann ganz besonders gut läuft, kann es nochmal fünf Jahre Nachschlag geben. Aber dann ist Schluss. Das würde für mehr innere Beweglichkeit sorgen, würde auch bei eingefahrenen Marken die mit den Jahren fast immer einschleichende Lethargie vertreiben.

Wer jetzt jammert, dass dann viele schöne Sachen verloren gingen und dass ein Leben ohne „Wer wird Millionär?“ oder „Lindenstraße“ nur schwer vorstellbar ist, dem sei gesagt, dass dem nicht so wäre, denn wenn etwas richtig gut ist, dann setzt es sich aus dem Zusammenwirken vieler Talente zusammen. Diese Talente könnten auch an anderem Ort in anderer Konstellation weiterwirken und so auch andere Bereiche des Fernsehens befruchten.

Ich stelle mir manchmal die Frage, wie es wohl wäre, wenn der große Fernsehgott wie ein Zeitungsverleger agieren würde. Er würde etwa morgen sagen, dass am 1. Januar 2018 alle Sendungen eingestellt werden, dass sich aber alle Aktiven gerne um einen Platz im neuen Sendeschema bewerben dürften. Heissa, was wäre da los.

Natürlich geht so etwas nicht. Das wäre unanständig. Genauso unanständig wie das, was manche Zeitungsverleger tun. Aber ein bisschen was von dieser Grundidee finde ich trotzdem reizvoll. Allein die Aussicht, dass dieses oder jenes Format demnächst eingestellt würde, könnte mich mit dem Fernsehen versöhnen. Einen Versuch wäre es doch sicherlich wert.