Ich sah die Tage in einem Bayern-München-Video, wie Mats Hummels auf dem Weg zum Mannschaftsbus ein Kaffeebecher entglitt und sich der Inhalt desselben über seinen sehr, sehr gut sitzenden Anzug ergoss. Das gab böse Flecken auf dem Jackett und Flecken auf der Hose. Und dann gackerte noch Thomas Müller ob des Missgeschicks seines Kollegen. That made my Day.

Ich mag das, wenn die Perfektion des allzu Perfekten gebrochen wird. Ginge es nach mir, müssten alle bekannten Menschen ständig Kaffeebecher balancieren und dann scheitern. Ich hätte so viel Spaß. Die Welt wäre sofort ein besserer Platz.

In der Nacht darauf habe ich geträumt, dass Erdogan, Trump und Bernd Höcke in einen Bus stiegen. Mit Kaffeebechern natürlich. Und es kam, wie es kommen musste. Ich habe so gelacht. Im Traum. Ich konnte das nicht sehen, weil ich ja geschlafen habe, aber ich bin mir im Nachhinein sicher, dass ich mich geschüttelt haben muss vor lauter Lachen.

Ich liebe es, Menschen beim Scheitern zuzusehen. Ich schmeiß mich weg, wenn Super RTL jahrhundertalte Folgen von „Upps! – Die Pannenshow“ im Programm hat. Ich weiß, dass das ein böses Vergnügen ist, anderen Menschen dabei zuzusehen, wie sie auf vielfältige Art verunfallen und sich dabei oft auch sehr wehtun. Da meldet sich regelmäßig meine Moral und sagt: Das ist menschenverachtend, das solltest du nicht schauen.

Aber dann tritt wieder die dunkle Seite der Macht in mir zutage. Ich kann dann nicht anders, als doch Spaß zu haben. Ich habe mehrfach versucht, keinen Spaß bei diesen Filmchen zu haben. Krampfhaft sogar. Aber ich kam mir regelmäßig schon nach kurzer Zeit vor wie der römische Soldat, der in „Das Leben des Brian“ sagen soll, was so lustig ist am Namen Schwanzus longus. Für mich ist der ein Held, weil er so lange durchhält und erst spät scheitert.

Ich scheitere viel früher, was ich skurril finde. Ich scheitere ja beim Versuch, mich nicht übers Scheitern anderer zu amüsieren. Eigentlich könnte ich mich auch über mich selbst amüsieren, mir einfach im Spiegel zuschauen, wie ich versuche, bei den gezeigten Pannen ernst zu bleiben. Aber irgendwie funktioniert dieses Tänzchen auf der Metaebene nicht. Es muss halt das böse Vergnügen her, das Scheitern der anderen.

Ein wenig erlöst bin ich natürlich, wenn ich Bösewichtern dabei zusehen kann, wie sie krachend scheitern. Genau deshalb hatte ich so viel Spaß bei der Goldenen Kamera, die ja inszeniert wurde von der Funke-Gruppe, dem Darth Vader unter den deutschen Verlegern.

Ich muss sagen: Ich hatte richtig Spaß. Das war über Stunden nichts anderes als ein riesiger Kaffeebecher, dessen Inhalt sich nicht über Mats Hummels ergoss, sondern über diese ganze verlogene Gala-Branche. Und in jedem Tropfen aus diesem Kaffeebecher spiegelte sich das dumme Gesicht eines Promis, der ganz offensichtlich nicht wusste, ob er sich mehr schämen sollte für das Geschehen auf der Bühne oder für die Tatsache, dass er an solch einem Gehummse überhaupt teilnimmt.

Alle sind nun beschädigt. Der von Joko und Klaas übertölpelte und als komplett belanglos entlarvte Traditionspreis, der überforderte und extrem uncharmante Moderator, das ZDF, das nicht ernsthaft erklären kann, warum man solch einen Mist überträgt und dann auch noch sein Führungspersonal in den ersten Reihen postiert, auf dass sich ganz viel vom angerichteten Schaden auch in deren Gesichtern spiegele.

Wenn jetzt einer darüber nachdenkt, diese Veranstaltung im nächsten Jahr abzusagen, dann seht Ihr mich auf den Knien. Flehend. „Bitte, bitte“ sagend. Nicht absetzen. Ich brauche das. Ich kann mir doch nicht immer nur den taumelnden und dann abstürzenden Kaffeebecher von Mats Hummels anschauen. Habt Gnade. Gebt mir mein schmutziges Vergnügen auch in Zukunft. Ich hör dann auch auf mit „Upps!“. Versprochen.