Großes Fernsehen muss nicht immer groß daherkommen. Es darf zwischendrin auch mal was Kleines sein, etwas Unfertiges, dem man aber anmerkt, dass jene, die an der Produktion beteiligt sind, ihr Geschäft mit Lust und Laune betreiben und viel warmes Herzblut investieren. Ein hübsches Beispiel für solch eine Miniatur, die den willigen Zuschauer immer wieder in ihre Umlaufbahn saugt, läuft sonntags bei Vox. Es ist eine Rubrik innerhalb des Automagazins „auto mobil“, und es dauert in der Regel nicht länger als eine Viertelstunde. Die aber hat es in sich.

Die Rede ist von den Autodoktoren Hans-Jürgen Faul und Holger Parsch, die nichts anderes tun als sich eines kaputten Motors anzunehmen und diesen wieder zum Laufen zu bringen. Beide Docs haben keine Fernsehgesichter. Sie sind eher wurschtige Schrauber, die ihre Blaumänner gut ausfüllen und schon einige Jahre auf dem Buckel haben. Solche Typen verbucht man sofort als vertraut, oder man glaubt, sie zu kennen. Sie sind ganz nah, und sie führen den Zuschauer in die Untiefen eines Motorraums, also dorthin, wo sich gemeinhin kaum jemand auskennt.

Das Setting ist immer ähnlich. Irgendwer kommt in die Werkstatt der Autodoktoren und hat ein Problem mit seinem Auto, das andere Werkstätten nicht zu lösen wussten. Damit ist klar, dass die beiden Schrauber nun als Helfer in der Not ausersehen sind, die Dinge wieder in Ordnung zu bringen. Man kann das Ganze auch als Dreisatz formulieren: Zwei Männer, ein Auto, ein Problem.

Am vergangenen Sonntag etwa hatten sie einen Mercedes 190 E von 1989 in der Mache. „Im Leerlauf sackt die Drehzahl in den Keller“, kündigte die Off-Stimme den Problemfall dräuend an. Dann gingen die Docs ans Werk, und auf einmal fing man an, sich für Begriffe wie Leerlaufsteller, Stauscheibe, Ansaugbrücke, Nebenluft und Drosselklappe zu interessieren.

Wenn Hans-Jürgen „Mach mal Zündung an, Holger“, sagte, dann fieberte man mit und lauschte gebannt den Erläuterungen der vielredenden Protagonisten, die manchmal beinahe schon Diskurs-Qualität erreichten. „Die einen saugen in die Richtung, die anderen in die Richtung“, sagte Hans-Jürgen über irgendein Gerät, und sofort dachte man: Na klar, die einen saugen in die Richtung, die anderen in die Richtung.

Ganz ehrlich: Man versteht dabei nicht wirklich etwas. Motoren sind halt kompliziert. Aber man folgt sehr gerne der Argumentation der beiden Frickler, die ständig in einer Art Harald-Lesch-Modus im besten Sinne volkstümlich erklären, was sie tun. Eindeutig haben sie einen pädagogischen Auftrag. Wer ihnen den erteilt hat, ist wurscht. Wichtig ist, dass sie tun, was sie tun und dabei eine Begeisterung an den Tag legen, die man sich von manchem Schrauber in der nächsten Werkstatt wünschen würde. So vermögen sie in den Verdacht, dass die Lambdasonde einen Defekt haben könnte, eine Dramatik zu legen, die beinahe schon eine Breitwandpräsentation wert wäre. Aber sie bleiben beim kleinen Format. Das hier ist handgemachtes Fernsehen.

Ab und an sprechen sie nicht nur höchst aufgeregt miteinander, sondern durchbrechen auch die vierte Wand. Sie reden dann mit dem Kameramann, den man nie sieht, der aber den Zuschauer repräsentiert. Im Effekt fühlt man sich nicht nur mitgenommen, sondern auch angesprochen, ernst genommen.

In der Summe entsteht so eine Mischung aus Sherlock Holmes und Dr. House, nur dass es eben nicht um Morde oder kuriose Krankheiten geht, sondern um das, was sich in den Untiefen eines Wagens abspielt. Da ist viel Versuch und Irrtum im Spiel. Sie probieren, sie mühen sich und sie scheitern. Und dann probieren sie etwas Neues, probieren und mühen sich wieder und scheitern erneut. Aber sie geben nicht auf, sie absolvieren die ganze Heldenreise, und am Schluss kommen sie irgendwann auf die Lösung, beschenken den Autobesitzer mit einem wieder fahrtauglichen Gefährt und gönnen sich selbst ein Bier.

Ich bin mir sicher. Diese beiden könnten auch die aktuelle Dieselproblematik lösen. Man müsste sie nur lassen.