Foto: Phoenix/Volker LannertMit Ihrem Programm bieten Sie Mandatsträgern auch ein breites Forum. Zum Beispiel durch die Übertragung von Veranstaltungen im Fernsehen. Stellen sie bei diesen Protagonisten Verhaltensänderungen fest seit es Phoenix gibt?

Minhoff: Insgesamt hat Phoenix mehr Transparenz in die Politik gebracht. Die Zuschauer können nun an Veranstaltungen teilhaben, an denen Sie sonst nicht dabei sein könnten. Ob sie ihr Verhalten geändert haben seit es Phoenix gibt, müssen die Politiker für sich selber beantworten. Auffällig ist, dass Phoenix innerhalb der politischen Eliten besondere Aufmerksamkeit genießt. Man „beäugt“ sich mit Hilfe von Phoenix gegenseitig. Aber auch die Öffentlichkeit schaut nun genauer hin. Man kann sich als politischer Profi vielleicht zehn Minuten verstellen, aber nicht stundenlang. Aber Phoenix schafft keine andere Politik oder andere Politiker. Zumindest eröffnet sich durch uns die Möglichkeit dafür, dass Politik sich anders verhält. Diese Wechselwirkung gibt es sicher.

Radke: Ein Medium wie Phoenix kann Entscheidungsabläufe in der Politik im Normalfall nicht beeinflussen. Nur während der CDU-Spendenaffäre war festzustellen, dass der Sender eine gewisse Dynamik im Geschehen bewirkt hat. Ansonsten ist der Effekt zu beobachten, dass Politik sich ernst genommen fühlt, weil wir durch die Anwesenheit der Kameras deutlich machen, dass das politische Leben genau so langsam und ruhig verläuft, wie das richtige Leben. Infotainment, schnelle Schnitte, das Eins-dreißig-Interview: Das alles erzeugt den Eindruck, jeder ist immer gut drauf, hat immer eine Lösung parat und entschieden wird ganz schnell. So funktioniert Demokratie aber nicht. Demokratie bedeutet harte Überzeugungsarbeit und geduldige Suche eines Interessenausgleichs.

Wie lassen sich denn die Zuschauer von Phoenix beschreiben?

Minhoff: Wir haben ein im öffentlich-rechtlichen Verbund vergleichsweise junges Publikum. Unsere Zuschauer sind formal hoch gebildet. Phoenix wird auch von Entscheidungsträgern geschaut. Diejenigen, die aktiv sind in der Gesellschaft – sich interessieren und engagieren – sind auch unsere klassische Klientel.



Sind sie so etwas wie Multiplikatoren-Fernsehen?

Radke: Phoenix setzt die Bereitschaft voraus, sich mit dieser Welt zu befassen. Das ist erstmal eine Frage der Zeit, die zur Verfügung steht, aber auch der Bildung – wobei ich hierunter Allgemeinbildung oder auch menschliche Bildung verstehe. Wir haben sehr viele interessante sozialkritische Reportagen zum Beispiel über die Möglichkeit ehrenamtlich tätig zu sein, oder zur Frage, wie man Pflege für alte Menschen sinnvoll organisieren kann. Dazu sollten Sie einfach nur ein kluger oder feinfühliger Mensch sein, ohne dass Sie unbedingt eine höhere Schule besucht haben müssen. Sie müssen vor allem bereit sein, Verantwortung zu übernehmen. Es gibt mit unseren dokumentarischen Formaten auch die Möglichkeit, sich über die Schönheit unserer Erde zu informieren, zum Beispiel mit der Reihe „Die 30 Weltwunder der Natur“, oder mit der Reise durch Patagonien von Klaus Bednarz. Wer sich beim Anschauen dieser Filme langweilt, den langweilt das Leben.

Ist Phoenix Reality-TV?

Minhoff: Wenn es nicht wie "Big Brother" verstanden wird: Ja.

Der Sender baut seine Reichweite stetig aus. Ihren Spitzenwert hatten Sie im vergangenen August. Welche Ihrer Sendungen kommen besonders gut an?

Minhoff: Es gibt Zeiten, zu denen es viele herausragende politische Ereignisse und hochrangige Themen gibt und Zeiten, in denen die Gesellschaft nicht so stark politisiert ist. Im vergangenen Jahr lag ein Schwerpunkt auf der Fußball-WM, ihrer gesellschaftspolitischen und wirtschaftlichen Auswirkungen auf unser Land und wie wir uns in der Welt präsentieren. Dazu kamen der Papst-Besuch oder die Mission von Thomas Reiter zur Internationalen Raumstation. Erfolgreich sind auch Themenschwerpunkte und unsere Dokumentationsreihen. Wenn der politische Betrieb in Berlin ruht, zu Weihnachten, Ostern oder in den Sommerferien, bieten wir ein spezielles Sonderprogramm an, welches die Highlights der Ereignisse und Dokumentationen dem Zuschauer noch einmal präsentiert. Dies ist besonders erfolgreich.