Ryan Murphy© getty images
Herr Murphy, wie kamen Sie nach "Nip/Tuck" eigentlich ausgerechnet auf eine  an einer Highschool spielenden Musical-Serie?

Ich wollte "Glee" einfach machen, weil ich privat glücklicher sein wollte. "Nip/Tuck" war sehr düster und dramatisch, die Storys teilweise sehr bedrückend. Und ich hab zu mir selbst gesagt: Du willst fröhlicher sein, wenn Du nach der Arbeit nach Hause kommst. Ich möchte Optimismus und gute Laune verbreiten. Damit habe ich offenbar den Zeitgeist getroffen. Wenn Sie sich das mal in der Vergangenheit anschauen, dann waren Musicals und Comedys immer besonders beliebt, wenn die wirtschaftlichen Umstände schwierig waren. "Glee" ist eben ein Zufluchtspunkt für eine Stunde gute Laune in der Woche.

Wie schwer war es, den Sender von der Idee zu "Glee" zu überzeugen?

Es war eine sehr interessante Erfahrung. Ich hatte gerade die vielleicht dunkelste und abartigste Drama-Serie erfunden, da haben sie mir einen Entwicklungsauftrag gegeben, in der Erwartung mehr solcher durchgedrehten Sex-Dramas. Dann wurde ich mal bei einem Meeting frei heraus gefragt, was ich denn persönlich am liebsten machen würde. Da habe ich gesagt, ich würde gerne mal die Herausforderung wagen und eine Musical-Serie probieren. Alle haben gelacht und danach nochmal gefragt, was ich mir denn jetzt ernsthaft wünschen würde. Und ich sagte: Eine Musical-Serie. Aber um den Sender zu verteidigen: Sie haben mich dann voll unterstützt. Die Begeisterung kam schrittweise, aber sie kam. FOX suchte seit Jahren nach etwas Musikalisches im Programm neben "American Idol" und sie hatten bis dato keine Idee, wie das aussehen konnte. Bei "Glee" hatten sie vom ersten Script an sofort ein gutes Gefühl.

Ein Gefühl, dass es ein solcher weltweiter Erfolg werden könnte?

Gott, nein. Wir waren alle zuversichtlich aber weder der Sender noch ich hätten gedacht, dass es so erfolgreich werden könnte wie es jetzt ist - hier in den USA und weltweit. Ich habe immer gedacht, wenn es klappt, dann finden wir irgendwo eine Nische im FOX-Programm und fliegen mit vielleicht fünf Millionen Zuschauern unter dem Radar.

Wie schwierig ist es bzw. war es zu Beginn denn, die Rechte für die Musik zu bekommen?

Das war am Anfang, als noch niemand wusste, was aus "Glee" werden würde, nicht so einfach. Aber es gab einige großartige Künstler, denen der Gedanke gefiel, dass wir die Kunst des Singen und Tanzens in den Mittelpunkt einer Serie stellen. Rihanna, Beyonce, Neil Diamond, Barbra Streisand - sie alle haben gesagt: "Wir wissen nicht genau, was ihr da macht - aber es klingt gut." Und das Tolle ist: Wir haben am Anfang einmal festgelegt, was wir Künstlern zahlen wenn wir ihre Songs nutzen und teilweise damit ja auch nochmal einer ganz neuen Generation zugänglich machen. Das ist keine hohe Summme, weil wir am Anfang auch nicht viel Geld hatten. Und doch haben alle gesagt: Macht mal.

Wie entscheidet sich denn eigentlich die Song-Auswahl?

Das ist eine sehr persönliche Sache. Die Weihnachts-Folge der 2. Staffel, die jetzt am Dienstag in den USA ausgestrahlt wird, beinhaltet zum Beispiel meinen Lieblings-Weihnachtssong "The Islandof misfit toys". Und Karen Carpenters "Merry Christmas Darling", was ich geliebt habe. Auch das ist dabei und wird von Lea Michele performt. Es sind Songs, die ich liebe, von Menschen, denen ich Tribut zollen will. Das ist wie Therapie für mich. Ich reise mindestens einmal die Woche zurück in meine Kindheit und erinnere  mich. Aber wir haben natürlich in jeder Folge zunächst einmal das Script mit dem Thema für die Episode und der Story. Danach schauen wir, welche Songs dazu passen und wir persönlich gerne in der Folge sehen würden. So haben wir es auch in der Vorbereitung unserer Valentinstag-Folge gemacht, in der es um die größten Lovesongs aller Zeiten gehen wird.