Herr Gruschwitz, hatten Sie eigentlich mal Gelegenheit, sich bei Mehmet Scholl zu bedanken?

Wieso?

Durch seinen Wundliege-Spruch war Ihr Fußballstrand vor zwei Jahren zumindest vorübergehend mal nicht mehr Gegenstand der Berichterstattung.

Das hat mit Dankbarkeit nichts zu tun. Es hat allerdings gezeigt, dass ein solches Großereignis immer auch Emotionen und Diskussionen auslöst. Bei uns war es die Örtlichkeit, bei Mehmet war es der Spruch. So etwas kommt immer mal wieder vor, aber glücklicherweise ist zu jedem Thema irgendwann alles gesagt. Heute spricht davon niemand mehr.

Aber ist es nicht manchmal etwas erschreckend, dass häufig nicht die Spiele im Mittelpunkt des Interesses stehen, sondern die die Berichterstatter?

Ja, das gibt einem durchaus zu denken. Ich musste leider vernehmen, dass sehr viel über den Rahmen unserer Berichterstattung geschimpft wurde, sich aber fast niemand mit unseren Inhalten auseinandergesetzt hat. Dabei hatten wir fachkundige Reporter vor Ort, die einen sehr guten Job gemacht haben, und wir haben ein abwechslungsreiches Programm geboten. Das ist eine Entwicklung, die ich nicht positiv sehe, zumal es unsere Philosophie war und ist, den Sport mit all seinen Facetten in den Mittelpunkt unserer Berichterstattung zu stellen. Wir dürfen uns nur als Begleiter des Sports sehen, wir dürfen uns nicht selbst inszenieren.

Aber genau das wurde Ihnen ja mit Ihrem Fußballstrand vorgeworfen. Dieses Risiko gehen Sie in diesem Jahr in Brasilien nicht ein, indem sie auf ein derartiges Spektakel verzichten.

Das ist allerdings einer grundlegenden Tatsache geschuldet: Wenn Sie die Präsentation einer WM oder EM mit Publikum machen wollen, wie wir dies auf Usedom, aber auch in Berlin oder Bregenz getan haben, dann müssen die Zuschauer Sie auch verstehen. In Brasilien wäre das völlig undenkbar, weil niemand die Analysen von Oliver Kahn sprachlich verstehen würde. Insofern ist die Ausgangslage eine ganz andere.

Nun ändert sich allerdings nicht nur der Rahmen der Berichterstattung. Auch personell setzen Sie auf Veränderung, indem Katrin Müller-Hohenstein ins deutsche Quartier wechselt. Auch eine Konsequenz aus Usedom?

Ich kann nur darum bitten, diese Entscheidung sehr sachlich zu bewerten und nicht zu viel hineinzuinterpretieren. Es ist viel mehr so, dass uns Michael Steinbrecher im vergangenen Jahr verlassen hat und damit der Moderator, der sich jahrelang bei der deutschen Nationalmannschaft aufhielt. Davon abgesehen ist es ja nicht die einzige Aufgabe, das Interview mit Jogi Löw nach dem Spiel zu führen. Wann immer es nötig war, haben wir früher in die aktuellen Sendungen des ZDF zu Michael Steinbrecher geschaltet. Aus diesem Grund brauchten wir eine sehr kompetente Person, ein bekanntes Gesicht - und sind so auf Katrin gekommen, für die es eine neue Herausforderung ist, die sie auch sehr gerne annimmt. Das lief alles ohne interne Diskussionen ab.

Anstelle von Katrin Müller-Hohenstein setzen Sie nun Oliver Welke als Hauptmoderator bei der WM ein. Was bedeutet das eigentlich für die anderen Spiele der Nationalmannschaft?

Momentan haben wir noch keine weiteren Festlegung getroffen. Vor der Weltmeisterschaft haben wir noch zwei Freundschaftsspiele. Eines davon wird Katrin moderieren und eines Oliver Welke. Was danach kommt, werden wir noch sehen.

Die Nationalmannschaft wird in Zukunft allerdings ohnehin seltener bei Ihnen zu sehen sein, weil sich RTL die Rechte an den Quali-Spielen für die EM und WM gesichert hat. Schmerzt Sie das?

Natürlich schmerzt mich das, weil die Spiele der deutschen Nationalmannschaft - egal ob es Qualifikations- oder Freundschaftsspiele sind - immer einen sehr hohen Programmwert besitzen. Natürlich hätten wir die Spiele gerne weiter übertragen, aber wir müssen die Marktsituation nehmen, wie sie ist.

Waren Sie überrascht, dass sich RTL so sehr für die Rechte eingesetzt hat?

Als das Ergebnis bekannt wurde, war ich schon überrascht, weil ich im Vorfeld auch keinerlei Andeutungen gehört hatte. Aber so ist eben die Fernsehlandschaft.

Man kann's aber auch positiv sehen: Sie haben jetzt Geld übrig.

(lacht) Nein, nein. So ist es leider nicht. Der Fußball-Topf wird ja aus einem Gesamt-Etat des ZDF gespeist und es ist keineswegs so, dass das Geld von vornherein immer dem Sport zugeordnet ist und wir dafür mal eben andere Rechte kaufen können. Außerdem müssen die Programmflächen, auf denen wir sonst Fußball gezeigt hätten, wieder gefüllt werden - ohne Geld geht das natürlich nicht.