Fanden Sie den Split-Screen bei EinsPlus wirklich gut? Wer Twitter nutzt, hat doch im Zweifelsfall sein Smartphone oder Tablet zur Hand und braucht keine Tweets auf dem Fernseher.

Isabelle Sonnenfeld:
Ich finde es sehr gut, dass sich die öffentlich-rechtlichen Sender in dem Fall trauen, etwas Neues auszuprobieren, und dem Zuschauer eine Auswahlmöglichkeit geben. Die Leute teilen ihre Tweets und lesen die Tweets ihrer Freunde eben ganz selbstverständlich, während sie die Sendung schauen. In diesem Fall bestand der Mehrwert u.a. darin, den eigenen Tweet im TV zu sehen. Darüber waren viele Nutzer sehr glücklich, wie sie sofort auf Twitter mitgeteilt haben. Außerdem waren in dem redaktionell bearbeiteten Split-Screen auch Tweets von prominenten Musikern, Schauspielern oder Sportlern zu sehen, die nicht unbedingt jeder Nutzer in seiner eigenen Timeline hat.

Mal von Events abgesehen – wer macht seine Sache mit Twitter denn noch richtig gut?

Isabelle Sonnenfeld:
Sky hat zum Beispiel schon früh damit begonnen, Twitter als Live Second Screen in Sportsendungen einzubinden, etwa indem sie Zuschauer-Umfragen machen oder Tweets von Fußballspielern in die Sendung reinholen. Zudem haben sie in den letzten Jahren ein großes Reporter- und Moderatoren-Netzwerk aufgebaut – alle haben ihr eigenes Profil und schaffen damit eine ständige Markenpräsenz auf Twitter. ProSieben mit "The Voice" oder "Circus Halligalli", die Berichterstattung des ZDF rund um die Bundestagswahl oder der "Sportschau Club" in der ARD – dies sind natürlich auch Beispiele für eine gute Nutzung von Twitter im TV.



Wie lange dauert es, bis Sie die Sender auch mit einem konkreten quantitativen Nutzen überzeugen können?

Rowan Barnett:
Wir wissen aus den Studien von Nielsen im US-Markt, dass es eine Korrelation zwischen einer großen Anzahl an Tweets und einer höheren TV-Reichweite gibt. Das heißt: Wenn es mir gelingt, mehr Buzz zu meiner Show auf Twitter zu erzeugen, kann es einen positiven Einfluss auf die Reichweite haben. Deshalb haben wir bereits in mehreren Ländern mit diversen Partnern wie Nielsen, Kantar und Médiamétrie "Twitter TV Rating"-Angebote gestartet, die für die TV-Branche mehr Verständnis und Sichtbarkeit dieser Korrelation schaffen.

In Deutschland werden das die "GfK Twitter TV Ratings" sein. Wann geht's los und welche Zahlen können wir erwarten?

Rowan Barnett:
Den ersten Einblick wird es Ende des Jahres geben. Dann veröffentlicht die GfK zunächst eine erste Version der "Twitter TV Ratings". Gemessen wird nicht nur die Anzahl der Tweets zu einer bestimmten Sendung, sondern erstmals auch deren Reichweite. Wir können dann also genau sagen, wie viele Menschen die Tweets zu einer Sendung gelesen haben. Das wird den TV-Sendern ermöglichen, das zusätzlich durch Tweet Impressions erreichte Publikum zu quantifizieren.

Was bringt das für Werbekunden und Media-Agenturen?

Rowan Barnett:
Mit den "GfK Twitter TV Ratings" erhalten Media-Agenturen und Werbetreibende neue, robuste Daten, die bei der Planung und Auswertung medienübergreifender Kampagnen hinzugezogen werden können. Unsere internationalen Erfahrungen und mehrere unabhängige Studien zeigen, dass TV-Kampagnen, die auch auf Twitter verlängert werden, einen höheren Return on Investment haben. Dementsprechend haben wir Werbeprodukte wie "TV Ad Targeting" entwickelt, das bereits in den USA auf dem Markt ist und das es Werbetreibenden ermöglicht, Twitter-Nutzer direkt anzusprechen, die gerade ihren Spot im TV gesehen haben. In Deutschland haben wir "TV Conversation Targeting" in der Betaphase gestartet. Damit ermöglichen wir Werbekunden, genau diejenigen zu erreichen, die gerade Tweets vor, während oder nach einer bestimmten Sendung schreiben, und ihre Werbebotschaft in Echtzeit an sie auszuliefern. Wir werden “TV Conversation Targeting” in Deutschland in den kommenden Monaten ausrollen.

"Wir wollen mit den Sendern gemeinsame Monetarisierungsmodelle entwickeln"

Rowan Barnett, Twitter


Müssen die Sender dann nicht befürchten, dass Sie ihnen einen Teil der Werbeerlöse wegnehmen?

Rowan Barnett:
Nein, im Gegenteil: Wir wollen mit den Sendern gemeinsame Monetarisierungsmodelle entwickeln. Mit unserem "Twitter Amplify"-Programm, das wir demnächst auch in Deutschland anbieten werden, verlängern wir TV-Formate in Echtzeit auf Twitter. Das geschieht in Form von kurzen Videoclips, die wir gemeinsam mit dem entsprechenden Sender oder Rechteinhaber vermarkten. Internationale Partner, mit denen wir bereits erfolgreich kooperieren, sind zum Beispiel in den USA die NFL rund um Football-Highlights, MTV rund um die Video Music Awards oder in Frankreich TF1 rund um "The Voice". Es handelt sich um spannende Highlight-Clips, die der Sender unmittelbar nach dem Ereignis auf Twitter bereitstellt. Der Sender kann damit eine neue Zielgruppe erreichen, die das jeweilige Programm vielleicht noch nicht schaut, und der Kunde kann diese exklusive Bühne nutzen, um die eigene Markenbotschaft in Form von Pre-Rolls, Bannern oder Sponsorings innerhalb dieser Tweets zu platzieren.

Und der Erlös wird dann zwischen Sender und Twitter geteilt?

Rowan Barnett:
Genau. Das ist ein Programm, das wir in Partnerschaft mit dem Sender oder Rechteinhaber verkaufen. Je nach Modell der konkreten Zusammenarbeit kann die Kundenakquise entweder über uns oder über den TV-Vermarkter – beispielsweise im Paket mit weiteren TV-Werbelösungen – laufen. In jedem Fall agieren wir als Partner Hand in Hand.

Frau Sonnenfeld, Herr Barnett, vielen Dank für das Gespräch.