Glauben Sie, dass sich die Welt heute in einem gesünderen Zustand befindet, als vor 60 Jahren, als Sie mit ihrer Arbeit angefangen haben?

Die Welt hat sich seitdem umwelttechnisch um 80 Grad in eine schlechtere Richtung bewegt. Keine Frage. Als ich anfing, war der Gambia National Park Teil eines Waldes, der sich über das äquatoriale Afrika bis zur Westküste erstreckte. Heute wird dieser Wald fragmentiert, Gambia ist eine winzige kleine Insel und war 1990 von völlig kahlen Hügeln umgeben. Das 'Jane Goodall Institut' hat ein Programm gestartet, um den Menschen zu helfen, ihren Lebensunterhalt zu verdienen, ohne die Umwelt zu zerstören. Jetzt sind die Bäume an vielen Orten zurückgekehrt. Wir haben dieses Programm in sechs anderen afrikanischen Ländern. Daher gibt es heute ein viel größeres Bewusstsein dafür, wie wir dem Planeten schaden, und wir hoffen, dass durch unser Jugendprogramm immer mehr junge Menschen Bäume pflanzen, Wiederaufforstung betreiben und lernen, wie sie der natürlichen Welt helfen können.

Dieses Jahr werden die meisten Menschen während des heutigen "Tags der Erde" zu Hause in Isolation sitzen. Was können wir in dieser Situation tun, um etwas zu bewirken?

Jeder von uns kann momentan Nachrichten über soziale Medien verschicken. Das geht auch während des Lockdowns. Wenn jemand einen Garten hat, könnte er darüber nachdenken, ihn für allerlei Tiere, wie Bienen, ansprechend zu machen. Der Rest kann diese Zeit nutzen, um mehr zu lernen, sich mehr Dokumentationen über wild lebende Tiere anzusehen, sich mit unseren Vorgängen auf diesem Planeten vertraut zu machen und darüber nachzudenken, wie sie etwas bewirken können, wenn das alles vorbei ist.

Sie haben einst in einem Interview gesagt, dass es ein ziemlich harter Job ist, die Welt zu retten. Gibt es Fehltritte, die Sie auf ihrer Reise gemacht haben, die Sie heute bereuen?

Wir alle machen Fehler. Wenn ich zurückdenke, finde ich leicht dutzende, die ich heute nicht mehr machen würde. Doch man darf nicht vergessen, dass jeder Fehler dafür sorgt, dass man etwas Neues lernt. Es gibt heute viel Kritik dafür, dass wir zu Beginn der Studie die Schimpansen mit Bananen gefüttert haben. So hat unser Kameramann Hugo die meisten seiner wirklich guten Aufnahmen in "Jane" hinbekommen. Zu dieser Zeit dachte nun mal niemand daran, dass es möglich ist, Krankheiten von Tieren zu bekommen. Das war 1960. Wenn wir diese Bananenfütterungen jedoch nicht durchgeführt hätten, wäre National Geographic nicht gekommen, um die Studien zu unterstützen, und die Schimpansen wären jetzt nicht mehr in Gambia, weil die Leute dieses Gebiet zurückgefordert hätten. Die Fehler, die ich gemacht habe, stören mich also nicht.

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Für viele Menschen sind Sie eine Inspirationsquelle. Wer hat Sie in ihrem Leben beflügelt und motiviert?

Ich wurde maßgeblich von meinen Familienmitgliedern inspiriert, sie waren alle etwas ganz Besonderes. Mein Onkel war leitender beratender Chirurg, der mich oft dabei zuschauen lies, wenn er gearbeitet hat. Ich lernte den menschlichen Körper kennen und war erstaunt und inspiriert, was die Medizin bewirken kann. Meine Mutter war natürlich diejenige, die mir die Anleitung meines Lebens gegeben hat: "Wenn du wirklich etwas tun willst, musst du hart arbeiten, die Gelegenheit nutzen und nicht aufgeben", hat sie immer zu mir gesagt. Ich nehme es mir jeden Tag zu Herzen. 

Mediale Inspiration dürfte es in ihrer Jugend nicht so viele gegeben haben, oder?

Das stimmt, wir hatten keinen Fernseher. Aber wir hatten Bücher. Als ich zum ersten Mal "Dr. Dolittle" gelesen habe, war ich von seinem Charakter fasziniert. Viele kennen bestimmt nur die klamaukigen Filme, im Buch ist er aber in erster Linie ein wunderbarer Mensch. Er war Landarzt, lernte aber, wie man mit Tieren spricht und wurde dann zum Tierarzt. Ich wollte unbedingt mit Tieren reden. Dann las ich "Tarzan" und beschloss, erwachsen zu werden und nach Afrika zu gehen, mit wilden Tieren zu leben und Bücher darüber zu schreiben. Und alle haben mich ausgelacht, außer meiner Mutter, die sagte, naja, dann musst du hart arbeiten und die Gelegenheit nutzen. "Aber gib nicht auf." Das waren meine Inspirationen.

Frau Goodall, vielen Dank für das Gespräch.

National Geographic und National Geographic WILD zeigen "Jane Goodall: Hoffnung" zum heutigen Tag der Erde zeitgleich um 21:00 Uhr.