Foto: N24 / Martin LengemannInsbesondere bei "Bild" ist der Verlust unverständlich: Fällt doch das zweite Quartal direkt in die Berichterstattung zur Fußball-Europameisterschaft. Warum die sportliche "Bild"-Kernkompetenz Fußball dieses Mal nicht gezogen hat, ist höchstens im medialen Fußball overkill zu vermuten. Ebenso schwach wie "Bild" präsentierte sich das Schwesterblatt "Bild am Sonntag", das ebenso wie "Bild" rund 100.000 verkaufte Exemplare verlor.

Gut möglich, dass diese ernüchternden Zahlen zum Abgang von Chefredakteur Claus Strunz (Foto) beigetragen haben. Seit seinem Amtsantritt Ende 2000 hat er nun eine Bilanz von circa minus 600.000 Exemplaren - kein Pappenstiel. Mit 1.795.872 verkauften Exemplaren sind von April bis Juni 2008 gleichwohl mehr "Bild am Sonntag" verkauft worden als in den beiden Quartalen zuvor.

 Es war ein Quartal der schwachen Klassiker: Der langfristige Auflagenschwund bei vielen traditionellen Titeln der Großverlage ist leider ungebrochen. Weiterhin kann es bei einigen Titeln scheinbar nur um Schadensbegrenzung gehen. Bauers einstiger Vorzeige-Traditionstitel "Neue Post" musste beispielsweise einen neuen Tiefpunkt markieren: Das wöchentlich erscheinende Magazin verkauft bei einem Minus von fast zehn Prozent nur noch rund 784.420 Exemplare. De Facto ein neues Auflagentief. Ein Innehalten bei diesem Auflagentrend wäre sicher schon ein großer Erfolg.

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Und auch der Klassiker unter den Männermagazinen muss Federn lassen. Fast Minus zehn Prozent bei "Playboy", nachdem in den Vorquartalen bereits einige andere Titel im Segment wie etwa "FHM" deutlich ins Rutschen gekommen waren. In einem insgesamt schwachen Programmie-Markt konnte sich auch Springers "Hörzu" nur mit einem Minus von fünf Prozent aus der Affäre ziehen.

Natürlich gibt es auch einige sehr solide im Markt stehende Traditionstitel - "Brigitte" oder "Freundin" zeigten sich in den vergangenen Jahren wieder erstarkt und sehr resistent gegenüber der schwachen Entwicklung im benachbarten Segment der Womens Weeklys. Sie sind seit einigen Quartalen ein Fels in der Brandung mit nur minimalen Veränderungen in der Auflage. Dennoch bleibt abzuwarten, ob die Klassiker, die ja nun mal das wirtschaftliche Fundament der großen Verlage bilden, in eine Stabilisierungsphase eintreten können.
 
 
 
Ein Beispiel dafür gibt es bereits. Das Teenie-Blatt Bravo scheint sich nach vielen schweren Jahren gefangen zu haben: 1980 verkaufte das einstige Teenie-Kultblatt noch rund 1,4 Millionen Hefte, heute nur noch 440.000 Exemplare. Nach einigen Wechseln in der Chefredaktion konnte nun der aus New York kommende Tom Junkersdorf offenbar die Leseunlust der Kids in den Griff bekommen. Die Auflage ist bereits seit einigen Quartalen wieder stabiler und pendelt zwischen 450.000 und 500.000 verkauften Exemplaren. Nachdem zuletzt Wettbewerber „Yam!“ (Axel Springer Mediahouse) quasi  das Handtuch geworfen hat, könnte der Trend auch in den Folgequartalen weiter anhalten.

Foto: CoverAuch einige Line-Extensions der Klassiker konnten dagegen wieder gute bis sehr gute Ergebnisse erzielen. So legte Stern-Ableger „View“ 7,4 Prozent auf 125.000 Exemplare zu. Hier bleibt aber abzuwarten wie die Entwicklung nach dem Abgang von View-Erfinder und Art Director Tom Jacoby weiter voran geht. Der ebenfalls von Gruner + Jahr kommende Brigitte-Ableger „Brigitte Woman“ macht den Baumwall-Managern ebenso Freude wie seit einigen Quartalen Burdas Focus-Derivat „Focus Schule“ (plus 11,1 Prozent). Und auch der ebenfalls von Burda stammende Chip-Ableger „Chip Foto-Video digital“ zeigt wie erfolgreich eine Line-Extension sein kann mit einem schönen plus von rund 4 Prozent. Allerdings derzeit noch nicht auf besonders hohem Auflagenniveau.
 


Ansonsten waren es auch in diesem Quartal wieder dieselben Verdächtigen, die für positive IVW-Meldungen sorgen. Zu nennen ist vor allem das politische Magazin "Cicero", das mit vergleichsweise wenig Marketing-Aufwand seine Nische gefunden zu haben scheint. Dieses Mal reicht es für ein Auflagenplus von rund sechs Prozent. Und auch publizistisch für Aufsehen sorgten die Berliner jüngst für Aufsehen, zuletzt mit einem umstrittenen Porträt über Stefan Aust.

Cover: InstyleBurdas Dauerbrenner "Instyle" überzeugt nicht nur seit Jahren mit einem fetten Anzeigengeschäft, sondern auch mit steigenden Leserzahlen. Im zweiten Quartal mit einem Plus von über drei Prozent. Und natürlich "Neon", das immer neue Auflagengipfel erringt. Diese Mal mit einem plus von zehn Prozent. Auch das von der Bauer Verlagsgruppe immer wieder als Erfolgsprodukt genannte Programmie "TV 14" ist in einem flauen Umfeld wieder stark dabei.

Es war ein schwaches Zeitschriftenquartal - aber ein starkes für die Tageszeitungen. "FAZ", "Süddeutsche", "Welt" / "Welt kompakt" sowie "Handelsblatt" warten jeweils mit einem kleinen einstelligen Plus auf. Die "Süddeutsche" verfehlte das im vergangenen Quartal erzielte „All Time High“ mit 448.411 verkauften Exemplaren nur knapp. Für Springer sicher versöhnlich, dass "Welt" / "Welt kompakt" mit einem Plus abschließen kann, nachdem die Flaggschiffe "Hörzu", "Bild" sowie "Bild am Sonntag" soviel Federn lassen mussten.