Auf leisen Sohlen ist die Produktionsfirma Kobalt Productions von Tita von Hardenberg und Stefan Mathieu in den vergangenen Jahren kräftig gewachsen. 1997 gegründet, feiern die Doku-Produzenten nun ihr 20-jähriges Bestehen, am Donnerstagabend wird das gebührend im Rahmen einer großen Party mit Kunden und Wegbegleitern in Berlin gefeiert. Auch nach all den Jahren, das ist den Gründern wichtig, haben sie ihre Selbstständigkeit erhalten - und ganz nebenbei ihr Geschäft sukzessive erweitert. Das war nach dem Ende des prägenden RBB-Formats "Polylux" gewiss nicht sicher.

In diesem Jahr haben von Hardenberg und Mathieu Tochtergesellschaften in Frankreich und Österreich gegründet, Bleu Kobalt und Kobalt Wien. Mit Florence Sala (Frankreich) und Hannes Rossacher (Wien) hat man erfahrene Leute vor Ort, die Geschäfte mit neuen Partnern erschließen sollen. "Der französische Mark hat eine sehr eingeschworene Produzenten-Szene, da kennen sich alle seit Jahrzehnten. Und weil wir jetzt vor Ort sind, haben wir viel bessere Möglichkeiten, um auch dort Formate zu realisieren", sagt von Hardenberg im Gespräch mit DWDL.de.

Die zurückliegenden Jahre waren nicht immer leicht: Nach dem Ende von "Polylux" 2008 musste sich das Unternehmen neu erfinden - und hat das auch geschafft. Mit "Tracks" und "Metropolis" gibt es zwei alte und längst etablierte Formate, zuletzt wurden aber auch einige Kobalt-Sendungen eingestellt, darunter "Bauer sucht Kultur", "Stadt Rad Hund" und mit "Yourope" ein Format, das seit sieben Jahren bei Arte zu sehen war. "Die Einstellung von 'Yourope' hat am meisten geschmerzt", gibt von Hardenberg offen zu. Dafür ist man bei "Re:" dabei - dem neuen großen und täglichen Doku-Projekt des deutsch-französischen Kulturkanals. "Yourope" sei der Vorläufer von "Re:" gewesen, sagt von Hardenberg - nur eben in Magazinform. "Beides ging leider nicht. Arte musste eine ganze Reihe guter Formate aufgeben, um das neue Programmvorhaben finanziell zu stemmen." Und so ist man bei "Re:" nun federführend mit dabei, auch Spiegel TV und Eco Media sind mit an Bord.

"Die Reihe 'Re:' gibt uns jeden Werktag die Möglichkeit, ein virulentes europäisches Thema tiefgründiger zu behandeln. Das ist auch ohne Hollywoodbudget ein Luxus für uns." Die Bandbreite der Themen ist groß: Mal geht es um Vogelmord auf Malta, dann um Altenheime in Osteuropa und den vermeintlichen Schlankheitswahn unter Frauen. Auch politische Dinge spielen immer wieder eine Rolle: "Re:" geht Flüchtlingsthemen an und bereist europäische Länder, in denen bald Wahlen anstehen.

Die Einstellung von 'Yourope' hat am meisten geschmerzt.

Tita von Hardenberg über eingestellte Kobalt-Produktionen.

Die anderen Kobalt-Produktionen, die eingestellt wurden, waren zuvor beim RBB zu sehen. Dort blieben zuletzt ja nur wenige Steine aufeinander, nachdem eine Programmreform den Sender aus seiner Quoten-Lethargie befreien sollte. Tita von Hardenberg sieht das sportlich: "Da darf man gar nicht zu viel klagen. Ein Stück weit ist das auch der natürliche Weg von TV-Formaten. Wir waren jetzt lange dabei und man kann nie damit rechnen, dass es ewig weiterläuft", sagt sie im Gespräch. Natürlich wolle man auch künftig mit möglichen neuen Programmen beim RBB präsent sein. Entsprechende Gespräche laufen bereits.

Den grundsätzlichen Trend des Sparens bei den Öffentlich-Rechtlichen merkt man aber auch bei Kobalt. "Es wird nicht mehr das gezahlt, was früher gezahlt wurde." Das treffe Kobalt aber nicht so sehr, weil man schon immer "sehr schlank" habe produzieren müssen. Im März äußerten sich einige Doku-Produzenten gegenüber DWDL.de besorgt, als es um die eigene Zukunft ging. "Wirtschaftlich am Limit", "Magere Zeiten" und "Verheerende Sparrunden" war da zu lesen (DWDL.de berichtete). Tita von Hardenberg hat nicht das Gefühl, dass die Öffentlich-Rechtlichen derzeit Programm kaputtsparen. In den SVoD-Anbietern, die zunehmend auch in Dokus investieren, sieht sie eine Chance: "Gerade auch wenn man bedenkt, dass das klassische Fernsehen in seiner jetzigen Form nicht für alle Ewigkeit so existiert."

Mehr Investitionen in Koproduktionen

Verstärken will Kobalt den Bereich der Koproduktionen mit internationalen Doku-Produzenten. Darum kümmert sich die frühere Kriegsreporterin Katrin Sandmann, die lange auch bei N24 zu sehen war und bereits seit 2010 bei Kobalt ist. In Arbeit ist derzeit ein gemeinsames Projekt mit der BBC, auch bei der kanadischen Reihe "The Jews Who Wrote Christmas" von Larry Weinstein ist Kobalt mit an Bord. Hinzu kommt die Produktion "Why Slavery", bei der sechs Filme entstehen, die ab dem kommenden Frühling bei mehr als 70 Kanälen weltweit ausgestrahlt werden. "Wir sind inzwischen zu einem Global Player geworden", sagt Tita von Hardenberg. Sie selbst versuche, jährlich noch zwei eigene Filme zu machen und nebenher immer mal wieder einzelne Beiträge. Das sei wichtig, um den Kontakt zu den Mitarbeitern nicht zu verlieren und um selbst kreativ zu bleiben.

Um die 60 Mitarbeiter arbeiten derzeit für Kobalt, das reine Wachstum sei künftig aber nicht mehr per se das Ziel, sagt Tita von Hardenberg. Man sei stark inhaltlich getrieben: "Wir wollen die Themen setzen und verstärken, die wir als wichtig erachten. Dadurch wollen wir positiv in die Gesellschaft hineinwirken, das ist eine große Motivation." Helfen soll dabei auch das Internet. "Youtube ist unser Twitter", sagt die Geschäftsführerin in Anspielung auf den Journalismus. Dort könne man neue Dinge ausprobieren und kreativ sein. Und inzwischen werde das auch von immer mehr Sendern gesehen und bezahlt.

Laufzeiten in Mediatheken: Ein Für und Wider

Wichtig wird, so von Hardenberg, dass man auch künftig die Rechte an den Produktionen behalte und für eine Verwertung nach der TV-Ausstrahlung sorgen könne. Bezüglich einer möglichen Anhebung der Standzeiten in den Mediatheken von ARD und ZDF sagt sie, dass in ihrer Brust zwei Herzen schlagen würden. "Als Publizistin bin ich dafür, dass die Inhalte so lange wie möglich in den Mediatheken stehen. Ich will ja, dass das gesehen wird. Aber als jemand, der eine Produktionsfirma zu führen hat, kann ich natürlich nicht für das reine Produktionsbudget alle Rechte verschenken." Man befinde sich da aber in guten Gesprächen mit den Sendern, betont von Hardenberg. Schon am Abend auf der Geburtstagsfeier kann die Produzentin die Senderverantwortlichen bei diesem Thema aber noch einmal ins Gebet nehmen.