Mit einigem Wehmut wird man bei RTL auf das Jahr 2009 zurückblicken. Damals war es dem Sender gelungen, dem schwächelnden Nachmittagsprogramm neues Leben einzuhauchen - plötzlich verzeichnete der Privatsender mit Formaten mit "Mitten im Leben" und "Verdachtsfälle" nicht selten Marktanteile jenseits der 30-Prozent-Marke. Rückblickend betrachtet war die Quote teuer erkauft, denn auch wenn die Scripted Realitys auf dem Papier erfolgreich waren, so schadeten sie doch dem Image des Senders, der mit der Zeit immer absurdere Geschichten zeigte, um den Durst des Publikums zu stillen.

Heute ist die Lage am Nachmittag dagegen ernster denn je, weil die Scripted Realitys ebenso wie die ihnen folgenden Blaulicht-Formate so viele Zuschauer verloren haben, dass die jahrelang praktizierte Gegenprogrammierung von RTL und Sat.1 auf Dauer keinen Sinn mehr hat. Lieber heute als morgen würde man daher in Köln das Genre wechseln, doch die bisherigen Versuche zeigen, wie schwer das ist. Das Dilemma: Verabschiedet man sich von Scripted Reality, dann treibt man die Zuschauer direkt in die Arme von Sat.1. Und bis neue Zuschauer gewonnen werden, dauert es mitunter ziemlich lang.

Wie schwer es ist, ein neues Format in der Daytime zu etablieren, zeigt aktuell der Blick auf den Sendeplatz um 17:00 Uhr, wo RTL seit Ende August mit "Freundinnen - Jetzt erst recht!" (UFA Serial Drama) eine neue Soap zeigt. Das Zwischenfazit fällt nach etwas mehr als sechs Wochen, freundlich formuliert, katastrophal aus. Kaum mehr als sechs Prozent Marktanteil verzeichnet die Serie bislang im Schnitt - und ein Aufwärtstrend lässt sich derzeit nicht erkennen. Im Gegenteil: Die vergangene Woche war mit durchschnittlich 5,6 Prozent bei den 14- bis 49-Jährigen die zweitschwächste und noch immer hält die erste Folge den Reichweite-Rekord, mit gerade mal 670.000 Zuschauern.

Dass Scripted Reality das Quoten-Problem auf Dauer lösen kann, darf zudem bezweifelt werden, schließlich sind auch die Doppelfolgen von "Meine Geschichte - Mein Leben" (Filmpool) um 15:00 Uhr bislang kein Erfolg. Zweistellige Marktanteile sind die Seltenheit und mit weniger als neun Prozent im Schnitt kann das Format bislang nicht an die soliden Quoten des ersten Durchlaufs im Frühjahr anknüpfen. Immerhin gibt es für RTL aber auch einen Hoffnungsträger am Nachmittag: "Die Superhändler - 4 Räume, 1 Deal" (UFA Show & Factual), ein aus Großbritannien adaptiertes Format, behauptet sich auf dem Sendeplatz um 14:00 Uhr bislang recht ordentlich und konnte sich über mehrere Wochen hinweg Schritt für Schritt leicht steigern.

Langzeittrend: Die Superhändler - 4 Räume, 1 Deal
Die Superhändler - 4 Räume, 1 Deal

Mit Ausnahme der vorigen Woche bewegte sich der Marktanteil zuletzt konstant bei mehr als zehn Prozent, zeitweise waren sogar fast 13 Prozent drin. Die Daytime kann die Trödelshow damit zwar noch nicht retten, doch aus Sicht des Kölner Senders sind sie mittlerweile inzwischen zumindest so stabil, dass man sich traut, noch im Oktober einen weiteren Neustart hinterherzuschieben. "Hol dir die Kohle - 5000 Euro für deine Idee" (Fandango) nennt sich das Format, das vom kommenden Montag an den 15-Uhr-Sendeplatz übernehmen wird. Bislang bleibt aber festzuhalten, dass RTL in den zurückliegenden Wochen vor allem die Konkurrenz gestärkt hat: Das Sat.1-Format "Auf Streife" war im September mit durchschnittlich 10,8 Prozent Marktanteil so erfolgreich wie seit fast einem Jahr nicht mehr.

Am Vorabend herrscht bei Sat.1 dagegen weiterhin Tristesse - und das, obwohl die neuen Programmfarben nun schon seit fast drei Monaten ausgestrahlt werden. Um 18:00 Uhr holt das Magazin "Endlich Feierabend!" (MAZ&more) durchschnittlich weniger als sechs Prozent Marktanteil - und erst am vergangenen Freitag fiel die Reichweite mit 590.000 Zuschauern so niedrig aus wie noch nie. Besonders bitter: Ein Aufwärtstrend lässt sich auch 50 Folgen nicht feststellen. Das gilt im Übrigen auch für "Genial daneben - Das Quiz" (Constantin Entertainment), das eine Stunde später läuft und bislang nicht von der Bekanntheit der Marke profitieren kann. Hugo Egon Balder, Hella von Sinnen und Wigald Boning holen seit Wochen Marktanteile um sechs Prozent, doch das wird auf Dauer zu wenig sein für einen Verbleib im Programm.

Langzeittrend: Genial daneben - Das Quiz
Genial daneben - Das Quiz

Die Hoffnung, der neuen Soap "Alles oder Nichts" (Producers at Work) einen erfolgreichen Rahmen zu bieten, hat sich jedenfalls nicht erfüllt. Und so stehen die Vorzeichen für einen Erfolg der Serie, die schon in weniger als zwei Wochen um 18:30 Uhr startet und "Endlich Feierabend!" die Hälfte der Sendezeit wegnehmen wird, nicht sonderlich gut. Doch es sind keineswegs nur die Privaten, die sich derzeit schwer damit tun, dem Publikum neue Formate schmackhaft zu machen. Das Erste hat um 16:10 Uhr ebenfalls große Probleme und schafft es nicht, Alternativen für die schwächelnden Zoo-Dokus zu etablieren. Das Immobilien-Quiz "Stadt, Land, Haus" (Imago TV) sorgte kürzlich mit im Schnitt gerade mal 4,5 Prozent Marktanteil beim Gesamtpublikum für einen Tiefpunkt und auch "Verrückt nach Camping" (Timeline Film+TV) musste gerade einen kräftigen Abwärtstrend hinnehmen.

Und so bleibt wenige Wochen nach dem Saison-Start die bittere Erkenntnis, dass die Sender zwar so bestrebt sind wie lange nicht, wieder mehr Abwechslung in den Nachmittag und Vorabend zu bringen, die Zuschauer davon aber nur schwer zu überzeugen sind. Der erste Kater ist also schon da, noch bevor es richtig losgegangen ist.