Als die ARD vor ziemlich genau zwei Jahren ankündigte, die "Lindenstraße" einstellen zu wollen, war die Enttäuschung der Fans groß. Mehr als drei Jahrzehnte lang gehörte die Serie von Hans W. Geißendörfer zum deutschen Fernsehen. Akzente habe sie gesetzt, lobte Programmdirektor Volker Herres damals. "Doch wir müssen nüchtern und mit Bedauern feststellen: Das Zuschauerinteresse und unsere unvermeidbaren Sparzwänge sind nicht vereinbar mit den Produktionskosten für eine solch hochwertige Serie."

Mehr als zehn Millionen Zuschauer hat die "Lindenstraße" in ihren besten Zeiten, als die Konkurrenz noch nicht so hart war, vor den Fernseher gelockt. Zuletzt waren es dagegen nicht selten weniger als zwei Millionen. Ein Nachfolgeprojekt wurde von Beginn an ausgeschlossen, weil die freigewordenen Mittel "für andere notleidende Projekte vorgesehen" sind, wie Herres betonte. Stattdessen, so seine Hoffnung, sollte die Lücke mit "vertrauten Formaten" gefüllt werden.

Sonderlich kreativ ging die ARD bei der Gestaltung des Post-"Lindenstraßen"-Programmschemas jedoch nicht vor. Das Ergebnis waren ein paar Minuten mehr Zeit für den "Bericht aus Berlin", eine verlängerte Sonntags-"Sportschau" - und ein noch größer gewordenes Quoten-Problem dort, wo bislang der Dauerbrenner zu sehen war. Über ein halbes Jahr liegt die Ausstrahlung der letzten Folge der "Lindenstraße" inzwischen zurück, doch auf dem Termin, der für viele Sender als achter Primetime-Sendeplatz gilt, tut sich Das Erste schwer.

Die "Sportschau", samstags dank der Bundesliga ein verlässlicher Quoten-Hit, hat bislang noch nicht viel reißen können. Sicher, in Zeiten einer Pandemie, in der reihenweise sportliche Großereignisse abgesagt werden, ist eine Sendung dieser Art womöglich nicht das Format der Stunde. Doch mit Marktanteilen um sechs Prozent beim Gesamtpublikum kann man in der Münchner Programmdirektion auch unter diesen Umständen kaum zufrieden sein. An einem Tag Anfang September verzeichnete die "Sportschau" sogar gerade mal 4,7 Prozent.

Marktanteils-Trend: Sportschau (Sonntag)

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Quelle: DWDL.de-Recherche
dwdl.de/zahlenzentrale
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Einziger Hoffnungsschimmer im sonntäglichen Vorabendprogramm ist der "Weltspiegel" - ausgerechnet, möchte man sagen, schließlich hatte es im vorigen Jahr teils heftige Diskussionen über eine mögliche Verlegung und Verkürzung des Magazin-Klassikers gegeben. Dieser blieb zwar auch zuletzt von zweistelligen Marktanteilen ein ganzes Stück entfernt ist, konnte sich vor dem Hintergrund von Corona-Pandemie und US-Wahlkampf aber auf durchschnittlich 7,3 Prozent Marktanteil steigen - besser lief es zuletzt vor vier Jahren. Beim jungen Publikum ist der "Weltspiegel" in diesem Jahr, gemessen am Marktanteil, sogar so gefragt wie seit einem Jahrzehnt nicht mehr.

Das "Sportschau"-Dilemma aber bleibt. Zumindest vorerst, immerhin hat die ARD bei der jüngsten Vergabe der Bundesliga-Rechte auch verstärkt in die 2. Bundesliga investiert. Ab der kommenden Saison wird es möglich sein, die Zusammenfassungen der Sonntagsspiele zu zeigen, wovon sich die Verantwortlichen steigende Zuschauerzahlen versprechen. Ob das wirklich hilft, steht freilich auf einem anderen Blatt.