Als die Motorvision Group den insolventen Serien-Sender eoTV im Februar 2020 übernommen hatte, kündigte man an, sich künftig nicht nur auf Serien und Filme beschränken zu wollen. Lange Zeit aber blieben die Pläne des neuen Eigentümers unklar - nicht zuletzt wohl auch wegen Corona und des überraschenden Todes von eoTV-Gründer Jürgen Hörner. Nun aber gibt es Klarheit: Die Marke eoTV wird eingestampft, stattdessen macht man daraus einen Sportsender mit dem Titel More Than Sports TV. 

Zeljko Karajica © Sports Entertainment Holding Zeljko Karajica
Dafür holt die Motorvision Group um Geschäftsführer Raimund Koehler einen erfahrenen Sport-Mann an Bord: Zeljko Karajica übernimmt mit seiner SEH Sports & Entertainment Holding die Mehrheit an der Gesellschaft hinter eoTV, der MV Sendebetriebsgesellschaft. An ihr hält die SEH künftig 51 Prozent, die restlichen 49 Prozent verbleiben bei Motorvision. Sowohl Koehler als auch Karajica agieren bei More Than Sports TV künftig als Geschäftsführer, wie sie im Gespräch mit DWDL.de bestätigen. 

Karajica war bis Anfang 2020 für ProSiebenSat.1 tätig, ab 2016 als Chef der Sportsbusiness-Unit 7Sports. Davor war er unter anderem Geschäftsführer von Sport1. An der SEH Sports & Entertainment Holding ist übrigens auch der ehemalige P7S1-Boss Thomas Ebeling beteiligt (DWDL.de berichtete). Zusammen mit Koehler will Karajica nun einen neuen Sender aufbauen, der sich auf die Bereiche Motorsport, Football, eSports und Kampfsport fokussiert. Der Sendestart ist bereits am 19. Juni - und ab dann wird man auch die ersten Sport-Übertragungen im Programm haben. 

Football, MMA, eSports und Motorsport

Der Sender startet nämlich parallel zur noch ganz neuen European League of Football - hier wird man das Eröffnungsspiel zwischen Panthers Wroczlaw und Cologne Centurions live übertragen. Bereits ProSieben Maxx und ran.de hatten sich einige Matches der neuen Liga gesichert - alle anderen Spiele werden künftig bei More Than Sports TV zu sehen sein. Zudem will man auch die Partien, die bei ProSieben Maxx oder ran.de laufen, in Wiederholung zeigen. Geplant sind darüber hinaus weitere Formate rund um die Football-Liga. 

Außerdem wird More Than Sports TV einmal im Monat eine Fight-Night der German MMA Championship (GMC) übertragen. Zu sehen gibt’s hier Kämpfe des Kickbox-Weltmeisters Michael Smolik oder des amtierenden GMC-Champions Kerim Engizek. Zudem geplant sind Talks, Dokumentationen, Mixed-Martial-Arts-Klassiker und die neue Reality-Show "Fighthouse". Im Bereich eSports soll das Team Unicorns of Love "tiefe Einblicke" in die Szene geben. Grundsätzlich werde man versuchen, sehr viel Live-Programm anzubieten, so Karajica gegenüber DWDL.de.

Die Frage, wie ein noch nicht einmal gestarteter Sender an so viele Inhalte kommt, ist schnell beantwortet: Alle genannten Ligen bzw. Organisationen befinden sich im Besitz der SEH Sports & Entertainment Holding von Zeljko Karajica. Bei den Unicorns of Love ist man als Hauptgesellschafter mit dabei, die neue Football-Liga setzt man selbst um und auch bei der GMC hat Karajica das Sagen. Nun hat er für seine, teils noch sehr frischen Sport-Wettbewerbe, auch eine Plattform, auf der sie laufen können. 

Zweifel an der Unabhängigkeit der Berichterstattung wischt er beiseite. "Lassen Sie uns erst einmal starten und etwas produzieren, danach analysieren wir, ob wir die nötige Unabhängigkeit hinbekommen", sagt der Manager gegenüber DWDL.de. Karajica verweist bei der Football-Liga darauf, dass ja auch einige Spiele bei ProSieben Maxx zu sehen sein werden. "Da gibt es dann in jedem Fall genügend journalistische Unabhängigkeit. Da mache ich mir keine Sorgen." Es wird aber noch ein wenig kurioser: Bei der European League of Football gibt’s mit den Hamburg Sea Devils mindestens ein Team, das ebenfalls zum SEH-Imperium von Karajica gehört. Darüber hinaus ist SEH auch noch an den Vereinen FC Viktoria Berlin und Austria Klagenfurt beteiligt. Und auch die die Plattform "Life After Football" gehört zum Konzern. Karajica ist allgegenwärtig und mischt überall mit. 

Das Sammelsurium löst sich auf

Raimund Köhler © Motorvision TV Raimund Köhler
Abgerundet werden soll das Themenspektrum bei More Than Sports TV künftig durch Motorsport, also dem Feld, bei dem vor allem Raimund Koehler mit seiner Motorvision Group Experte ist. Koehler sagt, dass man sich aber auch sportfremde Inhalte vorstellen kann, so lange sie Männer ansprechen. Hier hat man Reportagen und Dokus im Blick, schon heute gibt’s davon welche bei eoTV. Seit der Übernahme ist der Seriensender aber ein seltsames Sammelsurium aus fiktionalen Inhalten, Kochsendungen, Reportagen, Sport-Sendungen und Magazinen. Teilweise zeigt man Kochvideos von Youtubern. "Die fiktionale Programmierung endet am 19. Juni", bestätigt Raimund Koehler gegenüber DWDL.de. Auch Kochsendungen wird es nicht mehr geben - sehr wohl aber ein Teleshopping-Fenster. Das gehört, gerade in der Startphase von More Than Sports TV, zum Refinanzierungsplan, so Koehler. 

Im Gespräch mit DWDL.de spricht Koehler auch darüber, dass man mit eoTV eigentlich andere Planungen hatte. Zum jetzigen Zeitpunkt hätte es eigentlich mehr fiktionale Inhalte geben sollen. Nach der Übernahme kam aber erst Corona und damit auch einbrechende Werbeeinnahmen - und dann warf der plötzliche Tod von Jürgen Hörner die Planungen durcheinander. Für die Zukunft zeigt sich der Motorvision-Chef aber optimistisch: "Ich bin davon überzeugt, dass wir mit dem Programm, das wir jetzt geplant haben, deutlich besser aufgestellt sind als noch vor einem Dreivierteljahr."

 

"Lassen Sie uns erst einmal starten und etwas produzieren, danach analysieren wir, ob wir die nötige Unabhängigkeit hinbekommen."
Zeljko Karajica

 

More Than Sports TV wird über Magenta TV, waipu.tv, Amazon Fire TV, Zattoo und Swisscom zu empfangen sein und somit zum Start mehr als 15 Millionen Haushalte erreichen. Im nächsten Schritt ist eine Verbreitung über das Kabelnetz geplant. "Obwohl wir zum Start noch nicht die technische Reichweite haben wie andere Sender, sind wir hoffentlich schon in der Lage, sechsstellige Netto-Reichweiten zu erzielen, etwa bei einer Football-Übertragung", sagt Zeljko Karajica und verweist auf die Tatsache, dass die neue Liga schon rund 60.000 Follower auf Instagram habe - bei bislang keinem einzigen Spiel. Die Zielgruppe des Senders sei jung und digital, die User würden sich den Content suchen. Finden tun sie den auch auf einer App. Zunächst bleibt die eoTV-App bestehen, ein neues Angebot unter der neuen Marke ist schon in der Entwicklung und soll demnächst starten. 

Weitere Köpfe hinter dem neuen Sender sind neben Karajica und Köhler übrigens Franziska Kaltenegger als Programm Director, Heiko Gebendorfer (Sendeplanung) sowie Andreas Schaefer als Director Sales & Marketing. Sie alle arbeiten schon heute in irgendeiner Form für Motorvision.TV bzw. eoTV. Sie werden künftig eng mit der Hamburger More Than Sports GmbH zusammenarbeiten. Unter diesem Titel gibt es von SEH bereits heute eine  Vermarktungs-Unit. Wenn Unternehmen bereits heute im Rahmen einer der SEH-Aktivitäten werben, falle "die Verlängerung in Richtung Sender in Zukunft hoffentlich deutlich einfacher aus", sagt Zeljko Karajica.

Auch Inhalte von anderen Anbietern geplant

Mittelfristig will man sich mit dem neuen Sender aber nicht nur auf Übertragungen konzentrieren, bei denen SEH die Finger mit im Spiel hat oder die schon jetzt bei Motorvision.TV gut laufen. "Wir werden auch schauen, welche Rechte es sonst noch auf dem Markt gibt", sagt Karajica gegenüber DWDL.de und verspricht, das Portfolio auch mit Inhalten anderer Anbieter auszubauen. "Für den Start sind wir aber sehr gut positioniert, um vernünftige Reichweiten zu erzielen." Zum Start am 19. Juni wird man aber auch nochmal Playoff-Spiele der abgelaufenen DEL-2-Saison zeigen. Ob die Eishockey-Liga auch ab der nächsten Saison beim Sender zu sehen sein wird, ist derzeit noch nicht klar. 

Bleibt noch die Frage nach dem Namen. Wo liegt nun genau das "More" bei More Than Sports TV? "Für uns ist Sport mehr als nur das, was viele bislang vor Augen hatten. Sport ist mehr als Eishockey, Fußball oder Basketball", sagt Zeljko Karajica und verweist auf die Tatsache, dass vor einigen Jahren selbst der damalige DFB-Präsident Reinhard Grindel erklärte, eSports sei für ihn kein richtiger Sport. Dieser Denke will man entgegentreten - nun muss das nur noch ein genügend großes Publikum unterstützen - und nach Möglichkeit auch einschalten. Und der DFB? Dort engagiert man sich mittlerweile ebenfalls im eSport-Bereich und hat unter anderem eine entsprechende Fußball-Plattform gegründet.