Im RTL-Dschungelcamp ist in diesem Jahr vieles neu gewesen. Und damit ist jetzt nicht Daniel Hartwich gemeint, dem plötzlich aus unerfindlichen Gründen ständig das schrecklich abgedroschene Wort  "ehrlicherweise" (oder alternativ: "ehrlich gesagt") über die Lippen kam. 

Ehrlicherweise war der Dschungel 2022 viel mehr als das.

Es war auch die erste Staffel von "Ich bin ein Star - Holt mich hier raus!", die nicht in Australien produziert wurde. Weil das Coronavirus es nach wie vor unmöglich machte, zog der gesamte Dschungel-Tross von RTL und ITV Studios Germany nach Südafrika. Noch eine Dschungelshow in Hürth wollte man unter allen Umständen vermeiden. Und weil die Location in Südafrika normalerweise von den Australiern bespielt wird, schien das vor der Staffel eine gute Lösung. Und auch nach dem Finale lässt sich festhalten: Südafrika hat sich bewährt. 

Wäre es nicht so oft erwähnt worden, hätten viele Zuschauerinnen und Zuschauer womöglich gar nicht registriert, dass der Drehort in diesem Jahr ein ganz anderer war als in der Vergangenheit. Na klar, die kurzen Tier-Trenner zwischen Einspielern und Moderationen waren andere, es gab tolle Filmaufnahmen der beeindruckenden Landschaft und Daniel Hartwich und Sonja Zietlow moderierten im Dunkeln. Ansonsten lief im Dschungelcamp aber alles wie immer, selbst die Prüfungen haben sich kaum von denen vergangener Jahre unterschieden. Außer natürlich, das die Promis Penisse und Hoden von Tieren essen mussten, die es in Südafrika gibt - und nicht in Australien. 

RTL-Unterhaltungschef ist "erleichtert"

Markus Küttner © MG RTL D Markus Küttner
Angesichts der vielen Unsicherheiten im Vorfeld der Staffel zeigt sich RTL-Unterhaltungschef gegenüber DWDL.de "erleichtert, dass es uns in dieser schwierigen Zeit tatsächlich gelungen ist, ‘Ich bin ein Star – Holt mich hier raus!’ in der gewohnten Qualität on air zu bringen". Küttner spricht von "teilweise sehr schwierigen Rahmenbedingungen", die das gesamte Team bewältigt habe. "Es ist der Produktionsfirma ITV und dem Team um Pamela Müller, Alexa Jousseaume und Concha Denhoven einmal mehr gelungen, für optimale Rahmenbedingungen zu sorgen", sagt Küttner, der sich auch bei Executive Producerin Carolin Kaletta sowie bei Daniel Hartwich und Sonja Zietlow bedankt. Die beiden Moderatoren hatten in diesem Jahr teils deutlich längere Arbeitszeiten als in Australien. Insgesamt sei es gelungen, ganz viel vom australischen Dschungel-Spirit nach Südafrika zu transferieren, sagt Küttner. 

Dennoch plant man bei RTL aktuell nicht mit einer weiteren Staffel im Land. Wenn es 2023 möglich sein sollte, will man zurück nach Australien. Markus Küttner sagt: "Der Dschungel gehört nach Australien und wir werden die Show wieder dort produzieren, wenn das möglich ist." Dennoch sei Südafrika mehr als nur eine Notlösung gewesen. "Ich bin allen, die vor Ort einen so großartigen Job gemacht haben, sehr dankbar. [...] Die Zusammenarbeit mit dem südafrikanischen Team hat super funktioniert, ich habe viele besondere neue Menschen kennen und schätzen gelernt." 

 

"Der Dschungel gehört nach Australien und wir werden die Show wieder dort produzieren, wenn das möglich ist."
RTL-Unterhaltungschef Markus Küttner

 

Das Dschungelcamp 2022 wird aber wohl auch deshalb in die Geschichtsbücher eingehen, weil es das erste war, in dem Promis aus verschiedenen Realityshows spürbar die Oberhand hatten. Das hat selbst Anouschka "Ich bin wenigstens ein Star" Renzi bemerkt. Das machte die Show nicht mehr oder weniger unterhaltsam, es hat das Wesen des Formats dennoch geändert, wie DWDL.de-Autor Peer Schader an dieser Stelle bereits ausführlich geschildert hat

Markus Küttner zeigt sich gegenüber DWDL.de sehr zufrieden mit dem Cast der diesjährigen Staffel. Es sei klug gewesen, eine Ersatzkandidatin verpflichtet zu haben, so der Unterhaltungschef. In diesem Jahr gab es ja gleich drei ungeplante Ausfälle. Lucas Cordalis konnte wegen eines positiven Coronatests nicht an der Show teilnehmen, Christin Okpara durfte wegen Ungereimtheiten bei ihrem Impfstatus gar nicht erst einziehen und Janina Youssefian wurde nach einer rassistischen Beleidigung rausgeschmissen. Jasmin Herren war Ersatzkandidatin und zog direkt zu Beginn ins Camp - aber trotzdem konnte man nicht mit zwölf Promis starten. Übrigens auch deshalb, weil der zweite Ersatzkandidat Cosimo Citiolo ebenfalls einen positiven Coronatest hatte. 

"Es hätte viel schlimmer kommen können"

Es sei schade, dass man nicht wie gewohnt mit zwölf Promis habe starten können, sagt Markus Küttner. "Aber ich will mich nicht beschweren, es hätte viel schlimmer kommen können. Als die Stars dann nach überstandener Quarantäne endlich ins Camp eingezogen sind, hat sich die Show zum Glück sofort sehr vertraut angefühlt und es konnten sich die Geschichten entwickeln, die die ZuschauerInnen beim Dschungel lieben."

In jedem Fall hat der Cast mit Reality-Schlagseite nicht dazu geführt, dass die linearen Reichweiten gestiegen sind. Tatsächlich war es das aus Quotensicht schwächste Dschungelcamp aller Zeiten. Blickt man auf die Reichweiten und Marktanteile, die die Show am Tag der Ausstrahlung (also noch ohne Nachgewichtung) erzielt hat, ergibt sich eine Reichweite von 4,06 Millionen. Das ist immer noch extrem viel im Vergleich zu vielen anderen Formaten, 2020 waren es aber eben noch rund eine Million Zuschauerinnen und Zuschauer mehr. 

Die Quoten sind hoch, zeigen aber nach unten

Auch bei den 14- bis 49-Jährigen ging es für das diesjährige Dschungelcamp spürbar bergab. Der durchschnittliche Marktanteil in dieser Altersklasse lag bei 28,5 Prozent und damit rund zehn Prozentpunkte unter dem aus 2020. Zwar gehörte "Ich bin ein Star - Holt mich hier raus!" in den vergangenen Wochen zu den Formaten, die von zeitversetzter Nutzung stark profitierten und dessen Werte regelmäßig nach oben korrigiert wurden, dennoch ändert das nichts an der Tatsache, dass der RTL-Dschungel in diesem Jahr im linearen Fernsehen eine Liga tiefer spielte als in der Vergangenheit. 

Marktanteils-Trend: Ich bin ein Star - Holt mich hier raus!

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Quelle: DWDL.de-Recherche
dwdl.de/zahlenzentrale
ab 3 Jahren
14-49 Jahre

Weil RTL+ inzwischen deutlich größer ist als TVNow vor zwei Jahren, dürfte eine gewisse Anzahl von Menschen die neuen Ausgaben wohl online auf der Streamingplattform gesehen haben. Wie viele das waren, ist aber unklar. RTL veröffentlicht keine Zahlen zu einzelnen Formaten, auch im Fall des Dschungels lehnt der Sender das auf Anfrage ab. Mit ziemlicher Sicherheit kann man aber wohl davon ausgehen, dass es nicht eine Million Zuschauende im Schnitt pro Ausgabe bei RTL+ waren. "Ich bin ein Star - Holt mich hier raus!" dürfte also in Summe an Reichweite verloren haben. In Zukunft werden es wohl nicht zuletzt auch die Werbekunden sein, die vom Sender wissen wollen, wie hoch die Online-Nutzungszahlen sind. Denn Werbespots rund um ein Format wie dem Dschungel sind teuer. Wenn linear dann plötzlich eine Million Zuschauerinnen und Zuschauer fehlen, sollte es auch werbungtreibende Unternehmen interessieren, wohin diese gewandert sind - und in welchem Umfang. 

RTL-Unterhaltungschef Markus Küttner zeigt sich in jedem Fall zufrieden mit der Resonanz des Publikums. "Der Dschungel ist das herausragende Event des Fernsehjahres in Deutschland, daran hat sich nichts geändert", sagt er gegenüber DWDL.de. Die Show beschäftige den Boulevard ebenso wie das Feuilleton. Das war auch in diesem Jahr unstrittig so. "Streaming, Radio, Print, Digital – wir haben knapp 90 Prozent der Deutschen über die letzten zwei Wochen erreicht. Das ist ohnegleichen", so Küttner. Die Ausnahmestellung des Dschungels war ohne Zweifel auch 2022 wieder zu sehen. Dennoch bleibt festzuhalten: Der Leuchtturm leuchtet etwas weniger stark als in der Vergangenheit.