Wer interessiert sich schon fürs Tanzen? Die Ankündigung von Sat.1 und ProSieben sorgte in der Branche für Erstaunen. Immerhin ist gerade Sat.1 nicht nur einmal, sondern zweimal mit einer Tanzshow baden gegangen. Einmal unausgegoren, einmal peinlich. Kann also das aus Großbritannien adaptierte Format "Got to Dance" den großen Unterschied machen? Die Produktionsfirma Shine Germany und ProSiebenSat.1 waren sich sicher, dass nicht das Thema Tanzen sondern die Umsetzung den Unterschied macht. Umso gespannter konnte man sein auf den Donnerstagabend.



Nach einem durchaus stylischen Opening der Show dauerte es gerade einmal fünf Minuten bis zum ersten Auftritt. Und schon nach wenigen Minuten demonstriert "Got to Dance" mehr sehenswerte Fernsehmomente als jede andere Castingshows. Oder anders formuliert: "Got to Dance" beantwortet die Frage, deren Beantwortung bislang jede Gesangs-Castingshow schuldig geblieben ist: Warum man eigentlich im Fernsehen nach Talenten sucht? Weil man sie sehen muss. Und so füllt die Sendung den Bildschirm wie kaum eine Castingshow zuvor. Hin und wieder auch mit dem aus "Matrix" bekannten Stillstand-Effekt, der manchmal wenn auch nicht immer Sinn macht bei den Auftritten. Während man Einzeltalente und Gruppen über die Bühne wirbeln sieht, vergisst man für einen Moment die Frage wie man am Ende eigentlich entscheiden will, wer bei einer solchen Bandbreite den Sieg verdient hat.

Die Show hat Tempo und Rhythmus - und unterhält erst einmal sehr kurzweilig. Das ist ein schon nicht so leicht erreichbares Ziel. Beinahe störend dabei ist eine relativ harmlose Jury bestehend aus Palina Rojinski, Nikeata Thompson und Howard Donald, die dem Format nicht schadet aber eben auch nicht nutzt und damit die Frage in den Raum wirft, ob es eigentlich Gesetz sein muss, Castingauftritte nach der abgegebenen Wertung stets noch zu kommentieren. Angesichts der (zwar verständlichen) Dauereuphorie sowieso. Besser ist es da schon, wenn die Juroren spontan zu den Kandidaten auf die Bühne springen.

Und dann gibt es da noch eine Besonderheit des Formats: Immer wieder hört der Zuschauer zwischendurch Kommentare von Putzfrauen oder Redakteuren backstage oder einzelnen Zuschauern aus dem Studio-Publikum. Die treffen zwar durchaus den Nagel auf den Kopf, doch wieso, weshalb und warum sie eingestreut werden? Das bleibt unerklärt. Genauso übrigens wie Johanna Klum. ProSieben geht wohl davon aus, dass das Fernsehpublikum Johanna Klum kennen müsste. Aber immerhin sind diese Dokusoap-Momente kurz gehalten. Am Ende von Ausgabe 1 wird jedoch noch deutlich, dass man den Begriff Tanzens sehr weit auslegt. Ein Stück weit ist "Got to Dance" offenbar auch die Antwort aus Unterföhring auf "Das Supertalent".

Die Tanzshow liefert am Ende gut zwei Stunden harmlose Unterhaltung mit einzelnen, sehr spektakulären Acts. Man lässt sich begeistern, doch wer am Ende gewinnen wird? Das ist einem egal. Noch dazu kommt die Sorge: In den Live-Shows wird - ein typischer Castingshow-Effekt - der Überraschungsmoment fehlen, wenn die Tanzstile schon bekannt sind und sich Acts, wenn auch in Variation, wiederholen. Immerhin: An diesem ersten Abend mangelte es nicht an Abwechslung. So abwechslungsreich waren die bisherigen Tanzshow-Versuche in Sat.1 nicht. Also egal wie die Quote ausfällt: Für diese handwerklich saubere Sendung muss sich niemand verstecken - auch das ist ein Unterschied zu den bisherigen Experimenten. Wer interessiert sich schon fürs Tanzen? Nach diesem Abend: Ich.