Es waren Bilder, die kein Fußballfan sehen möchte: Als der dänische Nationalspieler Christian Eriksen am frühen Samstagabend beim EM-Spiel gegen Finnland kurz vor der Halbzeitpause plötzlich zusammenbrach, stockte Millionen Zuschauern auf der ganzen Welt vor dem Fernseher der Atem. Mehrfach mussten sie mitansehen, wie die Notärzte versuchten, Eriksen mittels Herzdruckmassagen wiederzubeleben, während sich seine Mitspieler um ihn versammelten, um diese sehr persönlichen, ja intimen Szenen möglichst vor der Öffentlichkeit zu verbergen.

Dass diese Bilder mehr als nur einmal in den weltweiten Live-Übertragungen gezeigt wurden, ist ein krasses Versagen der UEFA, deren Zentralregie in diesen bangen Minuten komplett daran scheiterte, Eriksens Privatsphäre zu schützen. Stattdessen gingen sogar noch die Bilder der weinenden Ehefrau des Fußballstars um die Welt. Die fehlende Empathie des europäischen Fußballverbands ist nichts weniger als ein handfester Skandal - erst recht, wenn man bedenkt, dass in der Vergangenheit schon harmlose Flitzer genügten, um dafür zu sorgen, dass die großen Verbände blitzschnell den Blick abseits des Spielfelds lenkten.

Dabei war die Tragweite diesmal eine ganz andere. Wo gerade noch tausende Fans fröhlich mitfieberten, ging es von jetzt auf gleich um Leben und Tod. Doch die UEFA hat diese Tragweite entweder zunächst völlig unterschätzt oder sie bewusst ausgeschlachtet - man weiß nicht, was man schlimmer finden soll. Der TV-Notfallplan, so es denn überhaupt einen gab, hat jedenfalls nicht gegriffen. Die Fernsehsender, die viel Geld für die Übernahme des Sendesignals bezahlen, sollten in den nächsten Tagen das Gespräch mit der UEFA suchen und deutliche Worte für die erschreckend reißerische Bildregie vom Samstag finden. 

Réthy schwieg minutenlang

Dem ZDF und der Deutsche Telekom, die die Partie hierzulande übertrugen, einen Vorwurf zu machen, weil sie die schockierenden Szenen live sendeten, wäre indes ungerecht. Vielmehr müssen sich die Sender darauf verlassen können, dass die UEFA in solchen Momenten das nötige Fingerspitzengefühl beweist und Live-Bilder zur Verfügung stellt, die der Situation angemessen sind. 

Ja, vielleicht wären das ZDF und die Telekom-Plattform MagentaTV gut beraten gewesen, die Übertragung noch etwas schneller abzubrechen, so wie das offenbar etwa in Belgien oder Norwegen geschehen ist. Und doch haben beide deutschen Sender durchaus angemessen reagiert. Während MagentaTV nach einigen Minuten dazu überging, Material aus dem Fußball-Archiv zu zeigen, fand ZDF-Kommentator Béla Réthy die richtigen Worte - indem er minutenlang schwieg. Seine Sprachlosigkeit offenbarte jenes Mitgefühl, das die UEFA mit der Wahl ihrer Live-Bilder so schmerzlich vermissen ließ. 

Dass Moderator Jochen Breyer und die sichtlich geschockte Experten-Runde anschließend darauf verzichteten, sich in wilde Spekulationen über Christian Eriksens Gesundheitszustand zu verstricken, soll an dieser Stelle ebenfalls nicht unerwähnt bleiben. Ob’s als vorübergehendes Ersatzprogramm ausgerechnet den "Bergdoktor" gebraucht hätte, sei mal dahingestellt. Die wichtigste Nachricht des Abends ist ohnehin jene, dass der dänische Nationalspieler auf dem Weg der Besserung ist.