Mit Überraschungen ist das manchmal so eine Sache: Es gibt gute Überraschungen, insbesondere in der Adventszeit, und es gibt auch böse Überraschungen. Immer mal wieder im Leben. Mit Überraschungen hat ProSieben zuletzt eigentlich recht gute Erfahrungen gemacht, denn letztlich leben Showerfolge wie "The Masked Singer" oder auch die 15 Minuten von Joko und Klaas von überraschenden, ungewöhnlichen Momenten. Naheliegend also, dass ProSieben nun im Adventsmonat Dezember mit "Surprise – Die Bruce Darnell Show" eine Unterhaltungsidee wiederbelebt, an der sich unter anderem das ZDF vor sieben Jahren mit der von Michelle Hunziker präsentierten "großen Überraschungsshow" die Finger verbrannte. Wie viel Potential grundlegend in einer Surprise-Show steckt, weiß das deutsche Fernsehen seit Rudi Carrells "Laß' dich überraschen".

 

Zu hoffen bleibt, dass dieser Dezember nun noch bessere Überraschungen als die neue ProSieben-Show bereit hält. Das Format, das in früher Planungsphase sogar als Liveshow angedacht war, nun aber doch als Konserve über die Bildschirme flimmerte, war am Debütabend eine Überraschung der übleren Form. Und weil es dafür gleich mehrere und sehr zentrale Gründe gibt, ist nicht davon auszugehen, dass sich die Probleme im Laufe der noch geplanten drei weiteren Folgen beheben lassen.

Für Bruce Darnell ist es der erste große TV-Job nach seinem Aus beim RTL-Showformat "Das Supertalent", an dem er elf Staffeln lang mitwirkte. Zudem ist es eine Rückkehr zu seinen TV-Wurzeln, wurde Darnell doch vor eineinhalb Jahrzehnten in "Germany's Next Topmodel" bei ProSieben einem größeren Publikum bekannt. "Ich bin nicht perfekt. Wir müssen nicht perfekt sein", baut Darnell schon recht zu Beginn von "Surprise!" möglicher Kritik vor, nur um sich in den folgenden Minuten mit eigenen Superlativen zu überbieten.

Das Problem mit Darnells Euphorie

Dabei vergisst er aber die alte Regel, nicht ständig alles, was in Kürze sowieso zu sehen ist, anzukündigen und vorab zu bewerten. Floskeln wie "Es wird mega sein", "Es wird die Überraschung schlechthin" oder "Das wird spannend" sind also ebenso unnütz, ermüdend und oft auch einfach schlicht falsch, weil auf wenig bis gar nichts, was das neue ProSieben-Format an diesem Donnerstagabend aufbot, auch wirklich eine dieser Aussagen zutraf. Darnells künstlicher Jubel ist auch deshalb nicht zielführend, weil er dem Gastgeber gewisse Glaubwürdigkeit raubt. Kann er das überhaupt wirklich ernst meinen, wissend, was da über die Bühne geht?

Dass der erste Einspieler sich um Überraschungen aus dem Toilettenbereich der ProSiebenSat.1-Produktion "The Voice of Germany" drehte, stellte sich im Nachhinein als sinnbildlich heraus. Es folgten durchaus aufwändig produzierte Überraschungssequenzen, in denen die Hinführung dazu aber unnötig lang, kompliziert oder schlicht nervig waren. Da halfen auch Promis wie die mitwirkenden Tom Beck, Moritz Bleibtreu, Mario Basler oder Hochzeitsplaner Froonck nichts. Nicht ganz klar wurde zudem auch, wieso Darnells Moderationspartnerin Viviane Geppert in "Surprise – Die Bruce Darnell Show" phasenweise mehr zu tun hatte als der namensgebende Host selbst.

An Geppert jedenfalls scheiterte die Show genauso wenig wie an der grundsätzlichen Mühe, die die Produktionsfirma i&u TV investiert hat, etwa als es darum ging, einen Heiratsantrag ankündigenden kleinen Kinospot mit dem künftigen Vermählten filmreif zu gestalten. Letztlich ist es die Mehrzahl der emotionalen Momente, die an diesem Abend offensichtlich gewollt sind, aber einfach nicht zünden, was durchaus überraschend ist, steht doch Darnell eigentlich genau für solche. Die wenigen gelungenen Momente, wie etwa die Überraschung einer Hebamme, gingen in den knapp drei Stunden unter. Moderator Darnell bleibt, einiger seiner Gefühlsausbrüche zum Trotz, zu statisch. Das ist auch deshalb schade, weil er seinen Mehrwert schon mehrfach bewiesen hat und dieser auch im ProSieben-Programm zum Vorschein kommen könnte. Sei es bei einer Rückkehr zu "GNTM" oder einem anderen Format, in dem Darnell als Coach agieren kann.

Nicht passend erscheint zudem, dass die Produktion diejenigen, die eigentlich überrascht werden sollen, zunächst einmal in sinnfrei unangenehme Situationen bringt – etwa am Beispiel einer Hobbysängerin, die in einem aufwändig aufgebauten Cafè erst einem angezickten Tom Beck Herr werden musste, ehe die Wand zum TV-Studio fiel und sie sich für ihren großen Auftritt herrichten durfte. Unangenehm überrascht wurden im Verlauf der Produktion nicht nur die Zuschauenden vor dem Fernseher bei einer arg gewollt  klamaukigen Aktion im Hotelzimmer von Mario Basler, sondern auch zwei Karaokefans, deren heimlich aufgezeichneten Sangeseinlagen abgespielt wurden, während Original-Sängerin Bonnie Tyler auf der Bühne stand.    

Wer an Weihnachten unterm Baum eine böse Überraschung erlebt, der hat – uncharmanter Weise – die Möglichkeit, diese nach dem Fest wieder umzutauschen. "Surprise!" kann an der Ladenkasse leider nur schwerlich zurückgegeben werden. Und drei weitere Folgen warten noch auf Ausstrahlung.

"Surprise!", donnerstags bei ProSieben, 20:15 Uhr.