Kommen, kritisieren, kochen - und dann möglichst alles besser machen als vorher: Mit diesem simplen Konzept war "Rach, der Restauranttester" über viele Jahre hinweg für RTL ein riesiger Erfolg. Dass das Format trotzdem kein Selbstläufer ist, zeigte sich jedoch, als Steffen Henssler zwischenzeitlich Christian Rachs Nachfolge antrat, ehe der strenge Küchenchef doch noch einmal das Ruder - oder besser gesagt den Kochlöffel - übernahm. 

Nun, mit einigen Jahren Abstand, versucht sich also Tim Raue - Tim Mälzers ewig-ehrgeziger Widersacher in "Kitchen Impossible" - an dem TV-Konzept, von dem man glaubt, alles schon gesehen zu haben. Dabei ist "Raue - Der Restaurantretter" als Sendetitel nur bedingt richtig. Korrekt müsste der Titel eigentlich in der Mehrzahl daherkommen, denn die Gastronomen, die auf Hilfe hoffen, bekommen sogar zwei Raues: Neben dem Sternekoch ist auch noch dessen Ehefrau Katharina, einst Chefredakteurin eines Gastro-Magazins, mit dabei, um die Sorgen-Restaurants auch optisch auf Vordermann zu bringen.

Das ist zwar anders als bei Rach, dessen Einsätze meist eher einer One-Man-Show glichen - und doch ist es freilich nicht ganz korrekt, wenn Tim Raue nun betont, dass sein neues "Restaurantretter"-Format "einen komplett anderen Ansatz" verfolgt als die Vorgänger-Show. Tatsächlich hat sich am grundsätzlichen Ablauf nicht sonderlich viel verändert: Und so wird eben auch bei den Raues probiert, gekocht und tapeziert, um kriselnde Restaurants auf den rechten Weg zu bringen.

Katharina und Tim Raue © RTL / Pascal Buenning Katharina und Tim Raue wollen den verzweifelten Restaurantbesitzern gemeinsam helfen.

Bei der Wahl der Auftakt-Folge hat RTL übrigens die eigenen Pläne kurzerhand noch einmal über den Haufen geworfen - und sich für den Einsatz der Raues in einer Stadiongaststätte auf der schwäbischen Alb entschieden. Das ist nicht die schlechteste Idee, weil mit dem bisweilen kauzigen Betreiber-Ehepaar (die Untertitel-Abteilung in Köln-Deutz wurde stark gefordert) und der sichtlich in die Jahre gekommenen Lokalität mit ihren bisweilen uninspirierten Gerichten ("Das sieht aus wie Krankenhausessen") am Ende eine ebenso persönliche wie kulinarische Weiterentwicklung erkennbar wird, wenngleich Chef Edwin mit dem neuen Namen seines Ladens anfangs noch gehörig fremdelt.

Wie schwierig die Herausforderung ist, zeigt zunächst schon die Lage. "Nicht nur am Arsch der Welt, sondern noch ein Stück dahinter" sei die Gaststätte gelegen, ätzt Raue noch vor dem Betreten, und seine Frau stellt nach einigen Momenten der Missachtung fest: "Man fühlt sich nicht wohl." Zumindest auf Letzteres haben die beiden in den folgenden Tagen gehörigen Einfluss. Und so verschwinden mit der Zeit nicht nur die lieblosen Ikea-Regale aus dem Innenraum, sondern auch unbeliebte Speisen von der Karte - mitsamt des ihnen zugeführten Glutamats, auf das Tim Raue beim Testessen nicht nur im übertragenen Sinne allergisch reagierte.

Doppelte Sendezeit nützt dem Format

Schritt für Schritt wird der Fortschritt erkennbar: Von der Kreation des eigenen Fleischkäses über den gelungenen Tapetenwechsel bis hin zur Annäherung der beiden Gastgeber an den Sportverein, dessen Mitglieder das Gasthaus bislang auch deshalb mieden, weil die Öffnungszeiten in der Vergangenheit meist nicht zum Trainingsplan der Mannschaften passten. Es mögen vergleichsweise kleine Stellschrauben sein, aber sie sind durchaus wirksam, wie ein steigender Umsatz belegt.

"Sie sind jetzt auf dem Weg, wieder eine Vereinsgaststätte zu werden - und dann mache ich mir überhaupt keine Sorgen", fasst Tim Raue beim obligatorischen Wiederbesuch wenige Wochen später seine Hoffnung zusammen - ein Satz, der auch von Christian Rach hätte stammen können. Und doch ist es den Raues zusammen mit der Produktionsfirma Warner Bros. gelungen, dem RTL-Format auf stimmige Weise frisches Leben einzuhauchen. Dass die Sendezeit mit zwei Stunden doppelt so lang ist wie einst beim "Restauranttester" hat dabei sogar noch geholfen, weil der Weg der Veränderung dadurch sehr viel stärker herausgearbeitet werden kann. 

Auf diese Weise ist "Raue - Der Restaurantretter" also die gelungene Neuinterpretation eines echten Klassikers. Fast wie der Fleischkäse auf den Tellern der schwäbischen Sportgaststätte. Jetzt muss sich nur noch zeigen, ob dem Publikum das TV-Menü schmeckt.

"Raue - Der Restaurantretter", dienstags um 20:15 Uhr, RTL

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