Es gibt einige Buzzwords im Fernsehgeschäft die mindestens so gerne benutzt wie selten verstanden werden. Big Data beispielsweise. In den Keynotes der Fernsehmessen rund um den Globus - und damit auch bei der MIPTV in Cannes - tauchen sie gerne auf. Sie klingen gut. Was aber steckt im Alltag dahinter? Ein Beispiel.

In vielerlei Hinsicht ist „The Great British Bake Off“ ein spannendes Format. Die britische Backsendung hat „Wetten, dass..??“ als erfolgreichste Fernsehshow Europas abgelöst und dabei auch all die Castingshows hinter sich gelassen. Dem Phänomen hat sich auch DWDL.de schon einmal genähert. Das Fundament dieses unglaublichen Erfolges lässt sich erstaunlicherweise über Google-Suchanfragen erschließen.

Klingt komisch, ist aber so. Jereon Doucet, Berater und Geschäftsführer von ComingNext.TV, erklärt es. Über Jahre hinweg wurde in Großbritannien recht stetig steigend nach dem Begriff „Cupcake“ gesucht. Doch Anfang 2010 sprang das Interesse an diesem Suchbegriff spürbar an - und das hat etwas mit „The Great British Bake Off“ zu tun, allerdings anders als mancher Fernsehmacher vielleicht denkt.

Das sprunghaft gestiegene Interesse am Backen wurde nicht durch die BBC-Show ausgelöst. Denn das über Google-Suchanfragen belegte Interesse stieg ein knappes Jahr vorher bereits deutlich an. Die Entwicklung der Back-Show war damit nicht Auslöser sondern eine Folge der Auswertung von Big Data. Das stellt die Denkweise der Fernsehbranche mehr oder weniger auf den Kopf.

BakeOff© DWDL.de


Sender und Fernsehproduzenten sprechen schon seit zehn Jahren von der Wirkung ihres Mediums. Beim Zusammenspiel von Fernsehen und Internet betrachtete sich das Fernsehen mit Vorliebe als Impulsgeber. Doch wie beim Beispiel von „The Great British Bake Off“ dreht sich dies um: Wenn die TV-Branche die ihnen zur Verfügung stehenden Daten zu nutzen weiß, lassen sich Themen bzw. Sendungen klüger platzieren.

Dazu braucht es allerdings dreierlei: Den Abschied von der Fokussierung auf die lineare TV-Quote, neue Parameter um Reichweite und Engagement zu erfassen und die Kenntnis, die neue Datenvielfalt auch sinnvoll auswerten zu können. Google-Suchanfragen zu analysieren mag nicht wie höhere Kunst klingen. Aber zu oft noch sperren sich die Kreativen, eine solche Recherche überhaupt zu beginnen. Dahinter steckt meist die Sorge und das Missverständnis, dass Big Data einen Kreativprozess automatisieren würde.

Ratings© DWDL.de


Keine Sorge, lautet da die Botschaft von Jereon Doucet: Nur weil sich ein grundsätzlich steigendes Interesse an einem Thema ermitteln lässt, wird ein dafür entwickeltes Format noch nicht zum Hit. Das klassische Handwerk der TV-Produktion sei gefragt wie eh und je. Big Data kann nur ein weiterer Baustein der Programmplanung sein. Eine Erfahrung, die auch Netflix inzwischen macht. Die Analyse der Nutzung allein garantiert noch nicht Serien-Hits am laufenden Band.