"Mit Empörung hat das Aktionsbündnis 'Tiere gehören zum Circus' zur Kenntnis genommen, dass die ARD dem Fernseh-Publikum wichtige Teile des Zirkus-Festivals von Monte Carlo vorenthalten hat." Mit diesen Worten begann eine Pressemitteilung, die das genannte Aktionsbündnis der ARD unter anderem Zensur bei der Übertragung des Zirkusfestivals Anfang August vorgeworfen hatte. Tatsächlich fehtlen bei der Übertragung zum Einen die Elefantendressur von Familie Gärtner sowie die Raubtierdressur von Tom Diek völlig, obwohl diese mit einem "Bronzenen Clown" ausgezeichnet wurden, zum Anderen wurden eine Hundenummer von Rosi Hochegger sowie eine Pferdenummer von Vinicio Togni zwar gezeigt, die Überreichung der "Silbenen Clowns" war dann aber herausgeschnitten worden.

"Es liegt der Verdacht nahe, dass die ARD von dem fragwürdigen Tierrechtsverein Peta oder ähnlichen Organisationen beeinflusst wurde. Offenbar wollten die Tierrechtler bei den Fernsehzuschauern den falschen Eindruck erwecken, dass Darbietungen mit Tieren beim Zirkusfestival in Monte Carlo keine Rolle mehr spielen", heißt es in der Mitteilung weiter und verweist auf das novellierte Tierschutzgesetz und die "Zirkusleitlinien", die die Haltung von Wildtieren erlauben würden. Die "Tierrechtsideologie", wie sie vom Aktionsbündnis bezeichnet wird, sei jedenfalls "höchst umstritten" und werde auch nicht von einer Mehrheit der Gebührenzahler getragen.

MDR und BR, die gemeinsam für die Sendung verantwortlich zeichnen, weisen auf DWDL.de-Anfrage zunächst allgemein darauf hin, dass es sich nicht um eine aktuelle Berichterstattung, sondern eine "gestaltete Unterhaltungssendung" handle. Daher behalten sich die Sender die redaktionelle Entscheidung vor, welche Programmteile in die Sendung gelangen und welche nicht - zumal nur 90 Minuten Sendezeit zur Verfügung stehen. Diese Entscheidungen würden aber "ohne Beeinflussung von Zirkusfreunden, Tierschutz- oder anderen Organisationen" getroffen. Die Sender räumen ein, dass es nicht im Sinne der Macher war, dass der falsche Eindruck entsteht, Tiernummern hätten keine Auszeichnung bekommen. "Wir werden uns daher für die Zukunft eine Lösung überlegen, die dieser Problematik Rechnung trägt", so das Versprechen.

Kritischer geben sich die beiden Sender aber bei den angesprochenen Raubtierdressuren: Bei der Elefantenvorführung der Familie Gärtner verweist man darauf, dass es in der Vergangenheit schon schwere und teils tödliche Unfälle mit den Elefanten gab. "Mit diesem Wissen können wir nicht so tun, als ob es sich um eine ungefährliche Unterhaltungsnummer handelt. Wir sehen uns hier in der Verantwortung, auch wenn es lautstarke Widerstände gegen redaktionelle Entscheidungen gibt." Ähnliches gelte auch bei der Raubtiernummer von Tom Dieck. Diese Art der Tierdressur sei umstritten. Zudem gebe es ein Umdenken in der Öffentlichkeit hinsichtlich eines besonderen Schutzes solcher Tiere. Auch auf das fehlende Verbot gehen die beiden Sender ein und verweisen aufs Ausland sowie auf eine Empfehlung des Bundesrats, die Haltung von Wildtieren im Zirkus zu verbieten.

Abschließend erklären die beiden Sender: "Der Mitteldeutsche Rundfunk und der Bayerische Rundfunk fühlen sich dem Wunsch vieler Zuschauer verbunden, keine Wildtierdressurnummer im öffentlich-rechtlichen Fernsehen zu zeigen. Damit setzen wir uns zwar dem Widerspruch der Befürworter des traditionellen Zirkusses aus, aber wir betrachten es als Ausdruck des aktuellen Zeitgeistes." Insgesamt unterstütze und honoriere man mit der Ausstrahlung des Zirkusfestivals aber die Arbeit der Artisten. Schließlich handle es sich um eine Hommage an die "Institution Zirkus".

Im Folgenden das gesamte Statement von MDR und BR im Wortlaut:

"Die von Ihnen benannte Sendung ist die jährliche Zusammenfassung der Höhepunkte und Preisträger des „38. Zirkusfestivals von Monte Carlo 2014“. Es handelt sich hierbei nicht um aktuelle Berichterstattung, sondern um eine gestaltete Unterhaltungssendung in der ARD, die am 7.8.2014 um 20.15 Uhr ausgestrahlt wurde.
 
Die redaktionelle Entscheidung, welche Programmteile in die Sendung kommen und welche nicht, treffen MDR und BR in gemeinsamer Abstimmung ohne Beeinflussung von Zirkusfreunden, Tierschutz- oder anderen Organisationen. Diese redaktionelle Hoheit ist uns entsprechend unserem öffentlich-rechtlichen Auftrag sehr wichtig.
 
In diesem Jahr war es besonders schwer, da die Qualität der künstlerischen Darbietungen sehr hoch war. Wir standen vor der Aufgabe aus vier Stunden Gala-Programm eine 90minütige Sendung zu schneiden. Insgesamt mussten wir neben diversen Kürzungen in einzelnen Nummern auf einzelne Darbietungen und Preisübergaben ganz verzichten. Wenn dadurch der Eindruck bei Ihnen entstanden ist, dass alle Tiernummern „leer ausgingen“, bedauern wir das sehr. Nach unserer Erfahrung ist die Preisübergabe am Schluss der Sendung für viele Zuschauer nicht der Höhepunkt der Sendung, die emotionalsten Momente in der Show sind in der Wahrnehmung der meisten Zuschauer die einzelnen Darbietungen selbst und hier haben auch Rosi Hochegger mit ihren Hunden und Vinicio Canestrelli Togni mit der Pferdedressur brilliert.
Unbeschadet dessen ist es auch nicht in unserem Sinne, dass in der Sendung möglicherweise ein falscher Eindruck entsteht, nämlich Tiernummern hätten bei dem Festival keine Auszeichnung bekommen. Wir werden uns daher für die Zukunft eine Lösung überlegen, die dieser Problematik Rechnung trägt.
 
Wir haben uns aus unterschiedlichen Gründen und nach ausführlicher Debatte in der Redaktion gegen die Ausstrahlung der beiden Wildtierdressurnummer entschieden.
Die Elefantenvorführung der Familie Gärtner erscheint auf den ersten Blick sehr spektakulär und durchaus publikumswirksam. Es ist uns aber bekannt, dass es in der Familie Gärtner bereits zwei tödliche Unfälle mit den Elefanten gab, bei denen die Eltern von Joy Gärtner getötet wurden. Erst 2012 gab es erneut zwei dramatische Zwischenfälle mit diesen Elefanten.
Mit diesem Wissen können wir nicht so tun, als ob es sich um eine ungefährliche Unterhaltungsnummer handelt. Wir sehen uns hier in der Verantwortung, auch wenn es lautstarke Widerstände gegen redaktionelle Entscheidungen gibt.
 
Dies gilt auch bei der Raubtiernummer von Tom Dieck. Bei aller Hochachtung vor der Arbeit eines Tiertrainers, bleibt diese Art der Tierdressur nach wie vor umstritten.
Es gibt nach unserer Wahrnehmung in der Öffentlichkeit ein Umdenken. Viele Zuschauer honorieren diese Art von Darbietungen nicht mehr im gleichen Maße und positionieren sich in dem Sinne, dass diese Tiere einen besonderen Schutz genießen sollten.
 
Natürlich kann man per Gesetz solche Tierdressurnummern nicht von heute auf morgen verbieten. Nicht ohne Grund gibt es in Deutschland dazu noch keine Rechtsvorschrift, die die Wildtierhaltung im Zirkus zum Zweck der Präsentation verbietet.
Der Bundesrat hat 2011 eine Empfehlung an die Bundesregierung weitergereicht, in der vorgeschlagen wird, die Haltung von Wildtieren im Zirkus zu verbieten. Das Thema steht also auf der Agenda, auch wenn es noch keine Entscheidung der Bundesregierung dazu gibt. Inzwischen haben sich bereits 17 europäische Länder gesetzliche Einschränkungen auferlegt.
 
Der Mitteldeutsche Rundfunk und der Bayrische Rundfunk fühlen sich dem Wunsch vieler Zuschauer verbunden, keine Wildtierdressurnummer im öffentlich-rechtlichen Fernsehen zu zeigen. Damit setzen wir uns zwar dem Widerspruch der Befürworter des traditionellen Zirkusses aus, aber wir betrachten es als Ausdruck des aktuellen Zeitgeistes.
 
Insgesamt unterstützen und honorieren wir mit der Ausstrahlung des „38. Int. Zirkusfestivals von Monte Carlo“ die Arbeit der Zirkusartisten. Unabhängig von der Art der Zirkusnummer ist eine solche Sendung auch als eine Hommage an die „Institution“ Zirkus insgesamt zu sehen. Und unsere Zuschauer begrüßen dies mit einer Akzeptanz von 4,23 Millionen und einem Marktanteil von 15,8 Prozent – und auch mit durchweg positiven Reaktionen zur Sendung.
Wir hoffen, dass wir mit diesen Ausführungen unsere Entscheidungen nachvollziehbarer machen konnten."