Netflix-Produktionen und das Kino sind eine Kombination, die in der Vergangenheit bereits selten funktioniert haben. In den Vereinigten Staaten geht es dem Streaming-Giganten nämlich hauptsächlich darum, prestigeträchtige Filme in die Lichtspielhäuser zu bekommen, damit sie in Zukunft für die Oscar-Verleihung berücksichtig werden können. Warum das ein Problem ist, zeigen nun auch deutsche Arthouse-Kinos, die den von Alfonso Cuarón ("Gravity") inszenierten Schwarz-Weiß-Epos "Roma" boykottieren.

Der Netflix-Film soll in Deutschland nicht aus Oscar-Gründen gespielt werden, sondern weil er den Hauptpreis bei den diesjährigen Filmfestspielen in Venedig ergattern konnte. Die Kinobetreiber, die in jedem sonstigen Jahr den Gewinner der Festspiele ins Programm aufgenommen hatten, stellen sich nun aber gegen die Veröffentlichung. Grund dafür ist die Befürchtung von mangelndem Publikumszuspruch, und das, obwohl Cuarón ein bekannter Regisseur ist, der viel Wert auf ästhetische Bilder legt. "Roma" wurde dementsprechend auch für große Leinwände konzipiert. 

Die involvierten Arthouse-Kinos bemängeln jedoch das System, mit dem Netflix arbeitet. So sei es nicht in Ordnung, dass die Filme nahezu zeitgleich auch auf der Online-Plattform zu sehen sein sind. Normalerweise verhält es sich in der Branche so, dass Produktionen, nachdem sie in den Kinos ausgelaufen sind, erst 90 Tage später auf anderen Datenträgern verfügbar werden. Einige Studios haben bereits begonnen, diese anerkannte Frist auf 70 Tage herabzusetzen. Netflix übertreibt es in den Augen der deutschen Kinos jedoch.

Der "Spiegel" berichtet in seiner aktuellen Ausgabe davon, dass die Betreiber sogar soweit gehen und Netflix vorwerfen, "die Grundpfeiler eines Systems zu zerstören, das seinen Erfolg über Jahrzehnte bewiesen hat." Sie fordern die US-amerikanische Firma zu Verhandlungen auf. Über 300 Kinobetreiber bilden diesen Aufruf, die allesamt Teil der AG Kino-Gilde sind.

Dass Netflix nicht so viel Anerkennung erfährt, wie es Chief Content Officer Ted Sarandos gerne hätte, ist nicht zum ersten Mal der Fall. Erst im Frühjahr wurde der SVoD-Dienst bei den Filmfestspielen von Cannes ausgeschlossen, da kurzerhand die Regeln geändert wurden. Zur gleichen Zeit äußerste sich auch Steven Spielberg. Er forderte damals explizit, Netflix-Filme nicht mehr bei den Oscars zu berücksichtigen, selbst dann, wenn sie für ein paar Wochen im Kino gezeigt wurden. In seinen Augen seien die Produktionen schlicht Fernsehfilme.