Diese Meldung überraschte im Oktober 2019 durchaus: Obwohl WarnerMedia mit voller Kraft am Start des eigenen Streaming-Dienstes HBO Max arbeitete, den man erklärtermaßen auch international ausrollen will, wurde der seit langem bestehende Output-Deal mit der europäischen Sky-Gruppe noch einmal verlängert - für "mehrere Jahre", wie es hieß, ohne genauere Angaben zur Laufzeit zu machen. Damit war klar: HBO Max kommt vorerst nicht in die Länder, in denen Sky am Start ist, also auch nicht nach Deutschland.

Es war in der Abwägung die Entscheidung für die sicheren Lizenzeinnahmen, die Sky an HBO für dessen Inhalte zahlt. Vor allem kaufte der Deal beiden Partnern Zeit. WarnerMedia, um das zum damaligen Zeitpunkt noch nicht gestartete HBO Max überhaupt erstmal in den USA aufzubauen und dann in Ruhe auch Pläne für so wichtige Märkte wie Deutschland oder Großbritannien zu schmieden. Und dem inzwischen zum amerikanischen Comcast-Konzern gehörenden Sky-Konzern, um sich auf die Zeit nach der Versorgung mit HBO-Inhalten einzustellen - denn insbesondere im Serien-Bereich gehörten diese Inhalte bislang für Abonnenten sicherlich zu den maßgeblichen Gründen, ein Sky-Abo abzuschließen.

Nachdem beide Partner zuletzt stets auf ihre gute Zusammenarbeit verwiesen und bei WarnerMedia Deutschland auch beim angekündigten Start von HBO Max in Europa explizit außen vor war, sind in jüngster Zeit andere Töne zu vernehmen. Erst in der vergangenen Woche etwa sinnierte Anke Greifeneder, die bei den deutschen TNT-Sendern von Warner für die Eigenproduktionen zuständig ist, in einem Interview "Blickpunkt Film" über den Ausbau an Eigenproduktionen, sobald HBO Max auch in Deutschland am Start sei. Und in "Variety" spricht nun der britische Sky-Content-Chef ganz offen darüber, dass man sich auf ein mögliches Ende des HBO-Deals vorbereite.

Gegenüber "Variety"-Redakteurin Manori Ravindran sagte Sky-Manager Zai Bennett, dass der Vertrag mit HBO zwar noch einige Jahre laufe, aber man ja "nur Eins und Eins zusammenzählen" müsse, um zu wissen, dass man in einer Direct-to-Consumer-Welt eben eigene einzigartige Inhalte brauche. Für den Fall, dass sich HBO entscheide, HBO Max weltweit - also auch in den Sky-Ländern - zu starten, wolle man vorbereitet sein und sagen können, "Okay, viel Glück, das ist okay für uns". Es gehe nun darum, das eigene Geschäft zukunftssicher und Sky weniger abhängig von einem Partner wie HBO zu machen.

Wegwischen will man zugleich auch jene Bedenken, die nach der Übernahme von Sky durch Comcast hinsichtlich der Investitionsbereitschaft der neuen Eigentümer aufgekommen sind - auch mit Blick auf zahlreiche Abgänge aus der Führungsetage, nicht nur in Deutschland, sondern zuletzt auch in Großbritannien. Laut Bennett wird der Output nämlich vielmehr erheblich gesteigert: 2021 sollen 125 eigene Produktionen - ob Filme, Serien, Shows oder Dokus - auf den Bildschirm kommen, ein Zuwachs um 50 Prozent im Vergleich zum vergangenen Jahr. Bennett verweist auch nochmal auf eine frühere Ankündigung, bis 2024 eine Milliarde Dollar in Inhalte zu investieren.

Kurzfristig will Sky - ähnlich wie Konkurrent Netflix - vor allem die Investitionen in Filme hochfahren. 2021 soll es jeden Monat zwei neue Filme geben, 2022 will man dann auf Netflix-Niveau sein und jede Woche einen neuen "Sky Original Film" anbieten - auch vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie und den Problemen der Kinos. Viele Modelle seien da derzeit denkbar: Neben den originär selbst entwickelten Filmen könnte man auch Filme kaufen, die eigentlich für eine Auswertung in den derzeit geschlossenen Kinos vorgesehen waren, sie zeitgleich mit dem Start in Kinos zeigen oder ähnliches. Grundsätzlich hoffe Sky aber darauf, dass es den Kinos bald wieder besser gehe, schließlich lebt Sky auch davon, Kino-Blockbuster zuerst im TV zu zeigen.

Im Serien-Bereich wolle man auf Hits wie "Chernobyl", "Gangs of London" oder "Suzie" aufbauen, derzeit arbeitet man auch an einer fiktionalen Aufarbeitung der "chaotischen" britischen Reaktion auf die Corona-Pandemie. Und obendrein hat Sky natürlich auch noch den Comcast-Konzern mit NBC Universal im Rücken, der in den USA mit Peacock auch gerade seinen Streaming-Dienst auf- und ausbaut. Pläne, die Marke auch nach Deutschland zu bringen, existieren derzeit nicht, stattdessen dürfte man so manche Peacock-Produktion dann bei Sky zu sehen bekommen, so wie umgekehrt auch Sky-Produktionen bei Peacock zu sehen sind. Bleibt nur die Frage, ob all das reichen wird, um Sky auch nach dem HBO-Deal im Wettbewerb mit den zahlreicher werdenden Streaming-Konkurrenten konkurrenzfähig zu halten.

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