Es ist nicht so als hätte die Branche nicht schon lange darüber geulkt, aber jetzt ist es tatsächlich wahr geworden: Aus Mangel an Ideen fürs Format reaktivieren RTL und UFA Show & Factual den erst im vergangenen Jahr rausgeworfenen, langjährigen "DSDS"-Juroren Dieter Bohlen, der bei der kommenden 20. Staffel der RTL-Castingshow wieder in der Jury sitzen wird. Entsprechende Informationen liegen dem Medienmagazin DWDL.de vor und decken sich mit einem zuvor erschienen Bericht der "Bild". Bei RTL will man sich auf Anfrage am Montagabend nicht äußern.

Von einer "irren Kehrtwende" schreibt die Boulevardzeitung und trifft damit den Nagel auf den Kopf: Noch vor einem Jahr galt es bei RTL Deutschland als eine Frage der Haltung, sich von Dieter Bohlen zu trennen. Der gerade frisch angetretene Senderchef Henning Tewes wollte eine neue Tonalität für den Sender. Positiv und konstruktiv sollte es sein. Dass z.B. ein Hape Kerkeling dem Versprechen eines Neuanfangs bei RTL folgte, lag auch an der Absage an die alten lauten RTL-Tage, für die Bohlen stand wie kaum ein anderer.

Henning Tewes © MG RTL D / Marina Rosa Weigl Henning Tewes
"Deutschland sucht den Superstar" sammelte dann in diesem Jahr mit Florian Silbereisen als Jurychef, Marco Schreyl als Moderator und einer neuen Inszenierung der Live-Shows zwar durchaus positives Feedback ein, doch die Quoten blieben unter den Erwartungen. Ob die Trennung von Bohlen aus Quotensicht ein Fehler war? "Nein", sagt RTL-Chef Henning Tewes Ende Februar im DWDL.de-Interview. "Bei 'DSDS' sind wir nun sehr happy mit der neuen Jury um Florian Silbereisen und mit der Qualität des Casts, weil sich mit der Neupositionierung wieder Talente beworben haben, die 'DSDS' in den Jahren zuvor nicht mehr angezogen hat."

Jetzt also Rolle rückwärts - zum großen Unverständnis auch im eigenen Haus, wo man sich im vergangenen Jahr im Zuge der Fusion mit Gruner+Jahr und des Rebrandings mit acht neuen Brand Principles mehr Haltung verschrieben hat. Mit RTL News will man das journalistische Gewicht des neuen Medienhauses stärken, holt gleichzeitig jenen "DSDS"-Juror zurück, der in der RTL-Primetime über Journalistinnen und Journalisten schimpfen durfte "Die verbreiten ja eigentlich nur Lügen. Nonstop" und es 2020 verpasste, sich in der Sendung von Xavier Naidoo zu distanzieren.

Dass RTL bei "Deutschland sucht den Superstar" wieder auf Bohlen zurückgreift, ist allein noch kein Scheitern einer Programmstrategie. Aber ganz sicher auch nicht Innovationsführerschaft, die der Sender für sich reklamiert. Weil Neuausrichtung des Senders und Unternehmens bei RTL Deutschland im vergangenen Jahr Hand in Hand gingen, wird man sich auch im Haus fragen: Welche ehrbaren Worte bzw. welche Haltung, die man im vergangenen Jahr bedeutungsschwanger vorgetragen hat, wird als nächstes kassiert?

Ob das ein Bohlen-Comeback wert ist?