"Ich habe seit 1993 für das 'Morgenmagazin' gearbeitet. Davon bin ich immer noch erschöpft", sagt Robert Bachem. Ganz so früh aufstehen muss er inzwischen glücklicherweise nicht mehr. Stattdessen kümmert sich Bachem inzwischen um einen ganzen Sender - und die Arbeit ist umfangreich, vor allem nach dem Relaunch, der im September vergangenen Jahres durchgeführt wurde. ZDFinfo ist der Sender, den er betreut. Nur allzu gerne wird der Digitalsender der ZDF-Familie von Kritikern als Nachrichtenkanal abgetan, doch das ist ZDFinfo keineswegs. Und das will man auch gar nicht sein.

Anders als die Kollegen von EinsExtra, die inzwischen unter den Namen tagesschau24 ganz bewusst zum Ausdruck bringen wollen, ein dauerhaftes Nachrichten-Programm auf die Beine zu stellen, versteht sich ZDFinfo nämlich nicht als Sender, der sich um das das knallharte Tagesgeschäft kümmert. Es gehe nicht um Tagesaktualität, sondern um "gefühlte Aktualität", beschreibt Bachem auf einer Veranstaltung von VFFVmedia die Ausrichtung. 80 Prozent des Programms bestehen seinen Angaben zufolge aus Wiederholungen. So nutzen einige Neuproduktionen bereits produziertes Material und setzen es in neue Zusammenhänge.

"Wir verwalten Wiederholungen."
Robert Bachem, ZDFinfo-Chef

"Missing Link" ist eines der Beispiele, auf die man bei ZDFinfo besonders stolz ist. Dort versucht man durch Animationen Übergänge zwischen verschiedenen ohnehin schon bestehenden Beiträgen zu schaffen. Kleine Produktionsfirmen werden beauftragt, um bereits gedrehtes Material neu zu schneiden und zu verwerten. "Wir verwalten Wiederholungen", bringt es der Senderchef auf den Punkt - doch so kurios diese Aussage auf den ersten Blick erscheint: Das Konzept ist sinnvoll, zumal man es sich bei ZDFinfo in erster Linie zur Aufgabe gemacht hat, das Hauptprogramm zu stärken.

Wie das im Idealfall funktionieren kann, zeigte das Beispiel Christian Wulff zu Jahresbeginn. Als Wulff seinen Hut nahm, konnte das ZDF am selben Abend auf eine bereits weitgehend fertige Dokumentation über den Verlauf der Affäre zurückgreifen, weil ZDFinfo im Laufe der Zeit eine umfangreiche Chronologie der Ereignisse erstellt hatte. "Durch diese Arbeitsweise konnte das ZDF eine gute und frische Wulff-Dokumentation zeigen, als er zurückgetreten ist", sagt Bachem. Grundsätzlich soll ZDFinfo aber noch mehr leisten: So will man Testflächen für Informationen liefern, von Wissensformaten bis hin zu Dokusoaps. Auch Moderatoren und neue Gestaltungselemente können hier ausprobiert werden.

 

Zudem ist die Verjüngung der Politikberichterstattung eines der erklärten Ziele von ZDFinfo. Mit Formaten wie der Talkshow "log in", bei der am Dienstagabend die Spitzenkandidaten der NRW-Wahl miteinander diskutieren werden, oder "Berlin PolitiX" und "Ulrich protestiert" könne die Verjüngung eingeleitet werden, wenngleich letzteres Format den Sprung ins ZDF wohl eher nicht schaffen wird, wie Bachem lachend erklärt. Für das Hauptprogramm wolle man sich das nicht trauen, aber bei ZDFinfo ginge das schon, soll Chefredakteur Peter Frey dazu einmal gesagt haben.

"Mit geschickter Programmplanung können Eigenproduktionen in ungeahnte Höhen gebracht werden."
Robert Bachem, ZDFinfo-Chef

Den Informationsbegriff fasst ZDFinfo bewusst weit - auch weil viele Stoffe mit Blick auf das Hauptprogramm gekauft werden. Die Teams der Senders besorgen Geld aus dem großen ZDF-Topf, wie etwa im Falle des Styling-Formats "Schick und schön". Bei Erfolg im Hauptprogramm steuert die Programmplanung noch weiteres Geld bei. Letztlich ist das Prinzip von ZDFinfo also schnell erklärt: Je tauglicher ein Format für das Hauptprogramm ist, desto spendabler ist man auf dem Lerchenberg. Gute Dokumentationen seien dabei immer eine gute Investition, sagt Bachem, "die kann man immer und immer wieder senden".

Bei allen Formaten, die man im Auftrag gibt, stelle man sich zuvor, so Bachem, vor allem eine Frage: "Würdst's gucken?" Es ist eine Frage, wie man sie sich heutzutage häufiger von Programmmachern wünschen würde - und ein Prinzip, das sicherstellt, dass die Mannschaft des Senders hinter den eigenen Inhalten steht. 25 Mitarbeiter arbeiten für ZDFinfo, viele davon in Teilzeit. Die meisten von ihnen stammen aus dem Bereich der Programmplanung - und das ist kein Zufall. "Mit geschickter Programmplanung können Eigenproduktionen in ungeahnte Höhen gebracht werden", weiß Robert Bachem inzwischen. Von der Stylingshow mit Astrid Rudolph seien gleich zwölf Folgen hergestellt worden - für ZDFinfo ein großes Projekt.

Nur ärgerlich, dass dieses Doku-Format sonntags im Vorabendprogramm gegen die erfolgreichen RTL-Dokus keinerlei Chance hatte. Erst als man einen dreistündigen Vorlauf aus "hallo Deutschland"-Berichten, Dokus und thematisch passenden "37 Grad"-Reportagen programmiert habe, seien die Quoten gestiegen - immerhin 0,5 Prozent betrug der Marktanteil, was für ZDFinfo ein beachtliches Ergebnis ist. Und auch das Hauptprogramm profitierte: Aus den zwölf Folgen entstanden insgesamt 36 Berichte für "hallo Deutschland", zudem wurde die Show nochmals am Samstagmittag gezeigt. Dass sie dort nicht ganz so gefragt war, führt Robert Bachem in erster Linie auf ein männliches Programmumfeld zurück.

ZDFinfo selbst bewegt sich freilich in deutlich niedrigeren Sphären - dort jedoch mit zunehmendem Erfolg. 0,3 Prozent beträgt der Gesamtmarktanteil des Digitalsenders derzeit - seit dem Relaunch im September 2011 wurde der Marktanteil damit verdreifacht, bei den 14- bis 49-Jährigen fällt er mit 0,4 Prozent inzwischen sogar vier Mal so hoch aus wie noch im Herbst vergangenen Jahres. Unter den digitalen Kanälen sei man der jüngste Sender, erwähnt Bachem zufrieden und verweist auf ein für die ZDF-Familie ungewöhnliches Detail: Bei den älteren Zuschauern verzeichnete ZDFinfo zuletzt eher bescheidene Zuwächse. Vermutlich ist das vielmehr eine Bestätigung dafür, die richtige Ansprache an das erhofft jüngere Publikum gefunden zu haben, das die Frage "Würdst's gucken?" offenbar vermehrt mit "Ja" beantwortet.