So hat sie sich das alles vermutlich nicht vorgestellt. Als Christine Strobl im Sommer vergangenen Jahres vom SWR zur ARD Degeto wechselte, um dort die Geschäftsführung zu übernehmen, wartete viel Arbeit auf sie. Ihre Vorgängerin Bettina Reitz hatte bereits nach kurzer Zeit das Weite gesucht und ging zurück zum Bayerischen Rundfunk - daher darf nun also Christine Strobl das aufräumen, was während der Ära ihres Vor-Vorgängers liegen geblieben ist. Und das ist einiges. Nicht mal eine EDV war vorhanden, als sie zur ARD-Filmproduktionstochter kam. Von den teils auf Jahre vergebenen Budgets ganz zu schweigen.

"Wir wissen inzwischen, was wir tun", sagte Strobl bei der Veranstaltungsreihe "Talking Heads", die der Verband der Fernseh-, Film-, Multimedia- und Videowirtschaft VFFV in dieser Woche gemeinsam mit dem Medienmagazin DWDL.de im Kölner Residenz-Kino ausrichtete. "Bisher hatten wir viel im Keller, aber es war unklar, für welche Sendeplätze all das überhaupt geeignet war." Genau dort setzte Strobl an. Inzwischen hat die Degeto sogenannte Sendeplatz-Profile erstellt, sodass nun klar ist, welcher Programmbedarf für die einzelnen fiktionalen Plätze im Ersten besteht. Damit sei man auch dem Wunsch vieler Produzenten nachgekommen. Darüber hinaus spricht sie immer wieder von einer "Transparenz-Offensive", die die Degeto eingeleitet habe.

Doch was genau wird nun konkret benötigt? Den Freitagabend, den Strobl als "ganz, ganz wichtigen Sendeplatz" bezeichnete, will sie mit kurzweiligen, berührenden und humorvollen Erzählungen füllen - hier soll weiterhin Platz sein für leichtere Stoffe, auch wenn man sich gerade erst langlaufender Reihen wie der "Landärztin" oder dem "Traumhotel" entledigt hat. "Wir wollen nicht komplett mit dem Bisherigen brechen", beschwichtigte Christine Strobl. Viel mehr gehe es darum, die Farbe weiterzuentwickeln. Zugleich zeigte sich die Degeto-Chefin optimistisch, die Evolution gut meistern zu können. Seit ihrem Amtantritt habe sie bereits "richtig schöne, interessante und spannende Vorschläge" erhalten. Worte, wie sie die anwesenden Produzenten gerne hörten.

Den Donnerstagabend, den man sich immer wieder mit Unterhaltungsshows teilen muss, sollen verstärkt Krimis füllen, wobei in der Frage, wie der Krimi erzählt wird, offenbar eine möglichst große Freiheit herrschen soll. Und auch für die bereits beschlossene Fortsetzung der erfolgreichen "Sommerkino"-Reihe, die nicht zuletzt bei den sonst so schwer zu erreichenden jüngeren Zuschauern gut ankommt, besteht nach wie vor Bedarf. "Es ist nicht so, dass wir da zu viel hätten", sagte Strobl bei den "Talking Heads". Eine Überversorgung besteht hingegen nicht zuletzt für den "Kinofestival"-Sendeplatz am späten Sonntagabend. Hier müsse man den vorhandenen Berg "erst mal absenden".

Und dann wäre da noch ein weiteres Problem, das die neue Degeto-Chefin gerne lösen möchte - und das hat ausnahmsweise gar nichts mit der Situation zu tun hat, die sie bei ihrem Amtsantritt in Frankfurt wiederfand. Es geht um bessere Absprachen mit dem ZDF, gerade mit Blick auf den Donnerstagabend. "Mir blutet immer das Herz, wenn wir zwei ähnliche Filme gegeneinander ausstrahlen", sagte Strobl, die immer wieder auf den Lerchenberg fährt und auf eine Lösung hofft. "Das gelingt mal mehr, mal weniger", schränkt sie ein. Im kommenden Jahr sollen nun verstärkt Blöcke aus Shows und Filmen gebildet werden, um sich besser aus dem Weg zu gehen.

Doch im ersten Jahr bei der Degeto hat Christine Strobl vor allem Bescheidenheit gelernt. Deswegen gibt sie sich auch in diesem Punkt realistisch: "So sensationell", sagt sie, "wird's wahrscheinlich nicht funktionieren." Die Aufräumarbeiten sind jedenfalls noch nicht abgeschlossen. Etwa 40 der rund 70 Degeto-Mitarbeiter müssen sich auf neue Aufgaben einstellen. Strobl selbst bekommt ab Oktober nun aber erst mal mit Sascha Schwingel Unterstützung in Form eines neuen Redaktionsleiters. Sie selbst, erzählte Strobl bei ihrem Besuch in Köln, werde wohl noch zwei bis drei Jahre lang mit strukturellen Aufgaben bei der Degeto beschäftigt sein. Von heute auf morgen lassen sich die über Jahre hinweg angesammelten Altlasten wohl kaum beseitigen.