Eigentlich besitzt Sat.1 derzeit abends gar nicht so viele Baustellen, wie man vielleicht man vermuten würde - abgesehen von den Mittwochabenden ohne Champions League, der neuen Castingshow "The Winner is..." und der ohnehin in der kommenden Woche endenden "Harald Schmidt Show" ist Sat.1 in der Primetime recht gut aufgestellt. Viel größere Abgründe tun sich tagsüber auf, in erster Linie am Vorabend, wo es in den kommenden Wochen und Monaten gilt, neue Formate zu testen und zu etablieren.

Zunächst war das Augenmerk jedoch auf den Nachmittag gerichtet, wo es galt, die Nachfolge von "Richterin Barbara Salesch" zu klären. Zumindest diesbezüglich kann man bei Sat.1 aufatmen: Dieses Problem scheint man zunächst recht ordentlich gelöst zu haben. Die neue Scripted Reality "Familien-Fälle" musste nach starkem Start mit mehr als 17 Prozent Marktanteil zwar im Laufe der ersten beiden Sendewochen Federn lassen, bewegt sich allerdings recht konstant oberhalb des Sat.1-Schnitts. Erst am Freitag gelang allerdings mit 15,9 Prozent ein deutlicher Ausreißer nach oben - solche Werte hat man auf diesem Sendeplatz bei Salesch lange nicht gesehen.

Mit einem durchschnittlichen Marktanteil von 12,7 Prozent in der Zielgruppe wird man in Unterföhring zufrieden sein, zumal es für "Familien-Fälle" sogar besser läuft als in Saleschs letzten Sendewochen. Nicht selten lag die Fernsehrichterin sogar im einstelligen Marktanteils-Bereich. Weitere gute Nachricht für Sat.1: Beim Gesamtpublikum blieben die Zuschauerzahlen konstant, sodass der Vorsprung auf die zeitgleich bei RTL laufenden "Verdachtsfälle" beibehalten werden konnte. Dass sich die Scripted Realitys kannibalisieren, ist derzeit also noch nicht feststellbar.

Zuschauer-Trend: Familien-Fälle
Familien-Fälle

Das dürfte auch die Kölner beruhigen: Dort haben die Dokus in letzter Zeit zwar Marktanteile eingebüßt, doch die neue Sat.1-Konkurrenz konnte den Formaten bislang keinen allzu großen Schaden zufügen. Viel zu sagen hat das aber noch nicht, wie der Blick auf die Freitags-Quoten zeigt: Als sich die "Familien-Fälle" auf den zweitbesten Wert seit Start steigerten, musste sich RTL mit seinen "Verdachtsfällen" mit nur 18,0 Prozent begnügen.

Was steht an?

Bei RTL steht das Finale von "Deutschland sucht den Superstar" an - und gemessen an den vergangenen Staffeln dürfte die zurückliegende Staffel mit reichlich Ernüchterung betrachtet werden. Im Vergleich zur achten Staffel ging der Marktanteil in der Zielgruppe um rund sieben Prozentpunkte zurück. Mit mehr als 25 Prozent war die neunte Staffel natürlich ein voller Erfolg, doch von früheren Bestwerten blieb die Bohlen-Show diesmal weit entfernt, insbesondere die Mottoshows taten sich zuletzt schwer. Ein Marktanteil von 36 Prozent, wie er 2011 erzielt wurde, wird beim Finale diesmal mit Sicherheit nicht drin sein.

Von solchen Quoten bleibt Das Erste indes am Vorabend natürlich ebenfalls weit entfernt. Besserung ist nicht in Sicht: Die kürzlich gestartete "Heiter bis tödlich"-Serie "Alles Klara" verlor seit dem Start kontuinierlich Zuschauer. Und dass die am Mittwoch zurückkehrende Serie "Hubert und Staller" plötzlich zum Überflieger mutiert, darf bezweifelt werden, weil es sich bei den nun laufenden Folgen ausschließlich um Episoden handelt, die erst vor einem halben Jahr zu sehen waren.

Unterm Strich bekommt es Thomas Gottschalk durch die "Hubert und Staller"-Wiederholungen im Vorfeld seiner Show wohl noch schwerer gemacht als ohnehin schon. Und Sat.1 darf weiter hoffen, dass "Familien-Fälle" das Nachmittagsprogramm in der Zielgruppe wieder etwas konkurrenzfähiger werden lässt.