Foto: PixelquelleStück für Stück wird Fernseh-Deutschland jeden Tag ein bisschen digitaler. Es gibt brillante Bilder, Videos auf Abruf und eine Sendervielfalt wie noch nie. Auch hinsichtlich der verfügbaren Inhalte bietet sich dem Nutzer eine bislang ungeahnte Fülle. Aus der Werbebranche ist immer wieder zu hören, jetzt gehe es bald los mit der Werbung im digitalen Zeitalter, die den Sendern völlig neue Potenziale erschließen soll.

Doch auch auf diesem Panel wird einmal mehr deutlich, dass es Patentrezepte für die anstehenden Umbrüche nicht gibt. Der Versuch der großen Sendergruppen, mit eigenen Spartenkanälen wie Kabel eins Classics und RTL Living die wichtigsten Parzellen in der neuen Senderlandschaft abzustecken, stoßen in der Werbewirtschaft eher auf verhaltenes Interesse. Gerade mal zehn Werbekunden könne RTL Living derzeit vorweisen, sagt Ruckert. "Das Angebot ist aus unserer Sicht schlüssig", sagt er, doch den Werbetreibenden gehe es häufig darum, "die großen Themen zu besetzen, und das macht das klassische Fernsehen".
 

 
Hier fordern die Teilnehmer der Diskussion ein Umdenken bei denen, die für die Werbebuchungen verantwortlich sind. "Die Agenturen haben keine Ahnung", sagt Magnus Kastner, Chef-Vermarkter bei Discovery Networks, unter anderem für den Sender DMAX. In den Agenturen sei man zu stark auf Reichweiten-Zahlen fixiert, wird allenthalben auf dem Panel moniert. Zudem fände die Profilierung der entsprechenden Mediaagenturen meist über deren Verhandlungsgeschick hinsichtlich des Tausenderkontaktpreises statt, einer Richtgröße, die bei Spartenabsender, die spezielle Interessen einer affinen Zielgruppe bedienen, eher von geringerer Bedeutung seien, erklärt Ruckert.

Daher verlassen sich die großen Vermarkter nicht allein auf Werbebuchungen in isoliert betrachteten Spartensendern, sondern schmieden aus allen vorhandenen Plattformen - Vollprogramm, digitaler Ableger, Internetpräsenz und verschiedenen Marketingtools - eine Kette von Medienangeboten. Der Spartenkanal ist für die großen nicht die ultima ratio der Line-Extensions. Das Ziel der RTL-Gruppe sei es, vorhandene Kompetenzen und Marken des jeweiligen Senders auf anderen Plattformen zu kapitalisieren, erklärt Ruckert. Dabei gehe es nicht darum, möglichst viele Sender zu gründen, sondern das jeweils passende Trägermedium zu finden. Und das sei für die Koch-Rezepte aus der Sendung "Das perfekte Dinner" nun einmal das Internet.

Ganz anders hingegen stellt sich die derzeitige Situation in der Werbelandschaft für Jörg Schütte dar. Als Geschäftsführer des Spartensenders TV Gusto besetzt er in den digitalen Kabelnetzen und verschiedenen Programmfenstern bei analogen Free-TV-Sendern eine Nische, die durchaus Erträge bringen kann. Alle erdenklichen Themen rund um Essen und Trinken hat Schütte bei seinem Sender im Programm. Rund dreißig feste Werbekunden hat er derzeit an Bord. Darunter die großen Player, wie zum Beispiel Dr. Oetker oder Unilever mit der Marke Knorr. Auch für kleine Unternehmen, wie die Hersteller von Backformen, die sonst eher nicht auf Fernsehwerbung setzen, hat Schütte die richtige Zielgruppe parat. Doch auch er braucht weitere Plattformen wie das Internet, um seine Zuschauer mit Rezepten und Abruf-Videos zu binden. Positiver Nebeneffekt: Die Abrufe im Netz sind zählbar und schaffen einen handhabbaren Ersatz für fehlende Reichweitenmessung.

Einfach allerdings ist es auch für ihn derzeit nicht, sein Stück vom Werbekuchen zu ergattern. Meist sind es die Sonderwerbeformen, mit denen Schütte sein Programm finanziert. So wurde zum Beispiel das Kochbuch eines Markenartiklers als Dauerwerbesendung verfilmt. Doch um das "Brot und Butter-Geschäft", den klassischen Spot mit einer Länge von 30 Sekunden, ist es auch bei TV Gusto nicht sonderlich gut bestellt. So sieht sich Schütte in einer Sonderstellung, zumal die Nische, in der er agiert, verhältnismäßig breit aufgestellt ist. Im Food-Segmet gebe es große Werbemärkte. Doch seine Programme stünden nicht im zentralen Fokus der Werber, dienten aber als unterstützende Maßnahme.