Foto: SAT.1Frau Höppner, was haben Sie heute vormittag um elf Uhr gemacht?

Ich habe vor dem Fernseher gesessen, Sat.1 geschaut und gefrühstückt.

Sie haben sich also das Laufband mit der kurzen Verabschiedung angesehen?

Genau, ich habe mir dieses Laufband angesehen und bin danach in die Redaktion gefahren. Hier wurde dann konferiert und jetzt sitzen alle an ihren Schreibtischen als wäre nichts gewesen. Fast so als würde man den nächsten Tag vorbereiten. Dabei wickeln wir nur ab.

Noch einmal zu dem Laufband: Wie fühlt man sich, wenn man da zweimal diese Abschiedsworte durchs Bild laufen sieht?

Man ist enttäuscht. Es ist zwar eine nette Geste, weil auch dem Team noch einmal gedankt wurde, aber das ändert nichts an der tragischen Situation.

In München betonte ProSiebenSat.1-Chef Guillaume de Posch bei der Hauptversammlung die Einsparungen und betonte, dass man die Mitarbeiter "mit aller gebotenen Fairness" behandeln werde. Fühlen Sie sich fair behandelt?

Das möchte ich nicht beantworten. Das Team hier ist in jedem Fall enttäuscht und frustriert. Wir haben von den Einsparungen aus der Presse erfahren. Mehr möchte ich dazu nicht sagen.

Die Frage zielte insbesondere auf die guten Quoten ab. Sie holten gestern noch einmal starke 18 Prozent Marktanteil. Ist das angesichts der Negativpresse und vielen Experimente zu Beginn des Formats jetzt besonders bitter?

Definitiv. Seit Anfang dieses Jahres haben wir mit "Sat.1 am Mittag" stabile Einschaltquoten geholt - mit absolut steigender Tendenz. 19,3 Prozent war unser Spitzenwert, gestern noch einmal 18,0 Prozent. Das macht das Ende noch bitterer und gibt der Entscheidung einen faden Beigeschmack. Aber es war in diesem Fall ganz einfach nicht die Quote, die uns zum Verhängnis wurde.

Foto: SAT.1/Hans-Georg GaulHaben Sie mit so einer Entscheidung nicht schon gerechnet als die Prüfer von McKinsey bei Sat.1 anfingen, das Unternehmen zu durchleuchten?

Der Presse war ja schon vor einigen Wochen zu entnehmen, dass "Sat.1 am Mittag" gefährdet sei. Uns war klar, dass man versuchen wird, bei uns einzusparen. Aber die Konsequenz und Tragweite war so nicht abzusehen. Das haben wir am Samstag erst aus der Presse erfahren.

Gab es am Wochenende dann schon Kontakt unter den Kolleginnen und Kollegen?


Es gab für uns kein Wochenende. Wir haben nur telefoniert.
 
Am gestrigen Montag, so wurde uns berichtet, haben Sie während der Sendung von dem sofortigen Aus erfahren. Stimmt das?

Es war kurz vor Beginn der Sendung. Ich stand schon im Studio, als mein Redaktionsleiter es mir kurz erzählte.

Wie moderiert man mit diesem Wissen dann noch eine Live-Sendung?

Wir haben "Sat.1 am Mittag" anfangs unter schwierigen, lange unter sehr positiven Bedingungen gemacht. Es gab seit der ersten Sendung immer mal wieder Tage, an denen man sich selbst nicht gut fühlt und bleibt trotzdem professionell. Bei aller Wut und Trauer, die ich während der Moderation im Bauch hatte, war es gestern mein Wunsch die Sendung mit einem Strahlen zu Ende zu bringen.

Beschreiben Sie doch bitte mal, in welcher Stimmung Senderchef Matthias Alberti Sie und die Kollegen dann um 12.30 Uhr informiert hat...

Er war selbst sehr betroffen, er hat es sich nicht leicht gemacht. Man spürte seine Anteilnahme, weil er das Team sehr schätzte, wie er es auch noch einmal formuliert hat. (überlegt) Die Situation bei diesem Meeting war für beide Seiten sehr schwierig.
 


Gab es nach dem Bekanntwerden der Einsparungen Reaktionen von Kollegen außerhalb von Sat.1?

Viele. Ich komme ja von RTL und ehemalige Kollegen von dort haben angerufen, viele andere Kollegen haben geschrieben. Meine Familie natürlich, insbesondere meine Großeltern, die sich sorgen. Aber auch Produktionsfirmen, mit denen wir zusammenarbeiten. Das Aus für "Sat.1 am Mittag" löst ja auch dort eine gewisse Kettenreaktion aus.

Es heißt, Sie seien dann gestern Abend mit dem gesammelten Team trinken gewesen: Frustsaufen oder Anstossen auf bezahlte Ferien?

"Bezahlte Ferien" würde ich jetzt so generell nicht unterschreiben wollen. Frustsaufen? Nein, es war ein Abschied mit dem ein oder anderen Bier (schmunzelt).

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Zum Thema "bezahlte Ferien": Ihre Verträge laufen noch bis zum November, an Geld mangelt es zunächst nicht. Und Sie können morgens wieder ausschlafen. Haben Sie dem Aus in einer ruhigen Minute schon einmal irgendetwas Gutes abgewinnen können?

Nein. Das ist derzeit nicht das vorrangige Gefühl. In drei Wochen denkt man vielleicht anders darüber aber momentan bin ich ganz sicher, dass alle Kolleginnen und Kollegen - wie ich auch - lieber weiterhin morgens früh aufgestanden wären um "Sat.1 am Mittag" zu machen. Dazu waren wir alle zu leidenschaftlich dabei.

Sat.1 hat heute auf DWDL.de-Nachfrage dementiert, dass Sie die "Sat.1 News" übernehmen könnten. Es werde aber generell Gespräche mit Ihnen geben...


Es wird Gespräche geben mit Sat.1 und anderen Sendern. Zuerst aber natürlich mit meinem Haussender und das ist nach wie vor Sat.1. Aber was dabei herauskommen könnte, weiß ich nicht. Dazu ist die Nachricht von gestern noch zu frisch, um eine konkrete Vorstellung zu haben. Am Freitag werde ich jedenfalls definitiv für 14 Tage in den Urlaub fahren, um den Kopf freizubekommen. Ob es noch vorher ein Gespräch geben wird, weiß ich nicht.

Wie kann man im Kopf so schnell umschalten, dass man sich wieder gemeinsam an einen Tisch setzt?


Bei aller Wut, Trauer und Enttäuschung muss man natürlich irgendwann wieder konstruktiv miteinander umgehen. Wie schnell das geschehen wird, weiß ich nicht. Noch gehe ich mit den genannten Gefühlen schwanger. Das ist dem Sender aber sicher auch klar, dass wir das Aus unserer Sendung nicht gefühllos zur Kenntnis nehme. Hier sitzen Menschen, denen man etwas weggenommen hat. Da herrscht erst einmal Chaos. Aber das hat auch irgendwann ein Ende.