Foto: 9LiveBeim Anrufsender 9Live, der in den vergangenen Monaten wegen verschiedener Auffälligkeiten während seiner Anruf-Sendungen immer wieder in die Schlagzeilen geriet, kündigt sich ein Strategiewechsel an. Der Geschäftsführer des Senders Marcus Wolter kündigte am Donnerstag an, zum Ende des Jahres mit "Neun TV" eine gewinnspielfreie Zone am Abend einrichten zu wollen. Das allergings gilt nur für den deutschen Sender. Im Ausland hingegen weitet  9Live seine Call-In-Aktivitäten aus. Mit RTL Kroatioen und der Lebanese Broadcasting Group hat man zwei weitere Kooperationspartner im Boot an die der Sender seine selbst produzierten Programme verkauft.

Mit "Neun TV", das als eigenständige Marke innerhalb des 9Live-Programms etabliert werden soll, will der Sender montags bis freitags zwischen 18 und 21 Uhr "die moderne Frau über 30 erreichen".  Das Programmfenster soll über klassische Werbung finanziert werden und nicht - wie der Rest des Programms - durch kostenpflichtige Anrufgewinnspiele. Dabei will man "Neun TV" zu einer eigenständigen Programmmarke innerhalb der ProSiebenSat.1-Gruppe ausbauen. Man will "Neun TV" "genauso glasklar" als einzigen Sender, der ausschließlich Frauen über 30 anspricht, positionieren, wie 9Live "glasklar" als Marke für Transaktionsfernsehen positioniert sei, teilt der Sender mit.
 


Wie genau das neue Programmfenster aussehen wird, dazu äußert sich 9Live derzeit noch nicht. Einzig die Information, dass auch fiktionale Inhalte zu sehen sein werden, ließ sich der Sender bereits entlocken. Diese sollen sich an Konzepten der mit 9Live-Mutter ProSiebenSat.1 Sendergruppe SBS orientieren. "Der Timeslot wird von viel Gefühl dominiert", sagte Wolter. Ob es sich dabei um Eigenproduktionen oder um Archiv-Ware der ProSiebenSat.1 Gruppe handelt, wollte man auf Nachfrage des Medienmagazins DWDL.de nicht beantworten. Es gebe bereits konkrete Planungen, dieses wolle man aber erst im weiteren Jahresverlauf der Öffentlichkeit kommunizieren, sagte eine Sendersprecherin.

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Hintergrund der neuen Ausrichtung in der Primetime sei, dass man damit den Sender "unter dem Dach einer klar abgegrenzten frauenaffinen Marke" besser kapitalisieren könne, sagte Wolter in der "FAZ". "Wir glauben, dass es bei einem Sender mit einer Reichweite von 30 Millionen TV-Haushalten durchaus Pöatz für weitere Ideen gibt", so Wolter. Trotz des Erfolgs des Senders, dessen Konzept auch international äußerst erfolgreich ist, soll das Programm in der Sendezeit am Abend derzeit eher schwach laufen. Die avisierte Klientel ist ein kleiner Schritt, zurück zu den Wurzeln. Schließlich ist 9Live seinerzeit aus dem als Frauensender positionierten Kanal TM3 entstanden. Das neue Programmfenster soll dem Sender ein neues Gesicht geben.

Eine Abkehr von Interaktion und Call-In dürfte dieser Schritt des Senders nicht bedeuteten. Vielmehr ist zu vermuten, dass man mit der neuen Marke erste Schritte hin zur Erschließung neuer Zielgruppen und neuen Modellen geht. Im Zuge einer langfristigen Entwicklung ist nicht auszuschließen, dass dem derzeitigen Sendermodell, das ausschließlich auf der Veranstaltung von Anruf-Gewinnspielen basiert, in Sachen Expansion natürliche Grenzen gesetzt sind. So könnte dies ein erster Schritt hin zu einer langfristig angelegten Neuorientierung sein. Auch dem durch die Ereignisse der vergangenen Monate derzeit etwas angeknacksten Image des Senders, könnte die neue Programm-Marke gut tun, wenngleich sie lediglich einen geringen Anteil am Gesamtprogramm haben wird - allerdings an exponierter Stelle. "Wir werden diese Marke vorsichtig aufbauen und an diesem Baby auch ein bisschen basteln", sagte Wolter der "FAZ".
 
Verstärkt auf Call-In setzt 9Live hingegen im Ausland. So hat der Interaktions-Sender weitere Partner für Call-In-Programmfenster im Ausland gefunden. So wird es künftig 9Live-Programme auch beim kroatischne RTL Televizija zu sehen geben. Produziert wird das nächtliche Programmfenster in den Studios in Unterföhring.
 
Zudem wird es künftig am Wochendende je zwei Stunden täglich die Programme des Call-In-Senders auf den Sendern der Lebanese Broadcasting Group zu sehen geben. Unter dem Titel "9Live Arabia" können dann die Menschen in 23 Ländern des Mittleren Ostens und Nordafrikas sich auf die Spiele mit dem Hot Button einlassen. Auch diese Fensterprogramme stellt 9Live in Unterföhring in den eigenen Studios her.