Foto: ZDFDas Interview mit Johannes B. Kerner in der „Süddeutschen Zeitung“ vom Mittwoch machte viele Schlagzeilen. In erster Linie wegen des Endes seiner Kochshow im ZDF und des Eingeständis eines Fehlers in der Eva Herman-Sendung im vergangenen Oktober. Dabei steckt in einer Aussage Kerners zum Verhältnis der Spiegel TV-Tochter a+i , die seine ZDF-Talkshow produziert, zum „Spiegel“, eine viel brisantere Aussage. „SZ“-Autor Christopher Keil fragte Johannes B. Kerner wieso der „Spiegel“ eigentlich „im Guten wie im Schlechten“ fast nie etwas über Kerner geschrieben habe und ob er fürchte, dass dieser Patt mit Austs Ablösung fällt.
Kerner spricht von hanseatischen Absprachen

Daraufhin antwortet Kerner: „Die Geschäftsbeziehung zum Spiegel-Verlag ist von der Öffentlichkeit überbewertet. Tatsächlich gibt es kein Patt, sondern eine Absprache, die ich sehr hanseatisch finde. Sie lautet: Der, mit dem man Geschäfte macht, sollte nicht gleichzeitig Gegenstand positiver und negativer Berichterstattung sein. Sie und Ihre Kollegen würden immer mutmaßen, dass hinter dieser positiven oder jener negativen Kritik ein tieferer Sinn steckt. Umd dem aus dem Weg zu gehen, hat Stefan Aust die weise Bitte geäußert, es so zu handhaben.“

Foto: Spiegel VerlagLaut Aussage von Johannes B. Kerner wurde demnach auf Wunsch von Stefan Aust vereinbart, dass man als Geschäftspartner nicht übereinander berichtet, was im Falle von Kerners boulevardesker Talkshow weniger kritikwürdig ist als beim Nachrichtenmagazin „Spiegel“. Noch-„Spiegel“-Chefredakteur Stefan Aust wollte die Existenz einer solchen „hanseatischen Absprache“ auf Nachfrage des Medienmagazins DWDL.de weder bestätigen noch dementieren. Sein sehr allgemeines Statement zu Kerners Aussagen: „Für den ‚Spiegel‘ gelten bei jeder Berichterstattung vor allem journalistische Maßstäbe.“ Darüber hinaus keine weiteren Aussagen. Damit beantwortet Aust keine der offenen Fragen konkret und wirft dazu noch eine neue Frage auf: Wieso gelten beim „Spiegel“ nur „vor allem“ journalistische Maßstäbe. Sollten dies nicht die einzigen Maßstäbe sein?


So sieht es auch der Deutsche Journalisten Verband (DJV). Die Selbstzensur solcher „hanseatischen Absprachen“, wie Kerner sie nannte, bewertet der DJV gegenüber dem Medienmagazin DWDL.de als „fragwürdige Praxis“. Nicole von Stockert, stellvertretende DJV-Pressesprecherin: „Mit der Aufgabe der Presse ist das im Grunde unvereinbar.“ Man müsse als Leser erwarten können, dass ein Nachrichtenmagazin zunächst einmal grundsätzlich über alles berichten wird. Geschäftspartner generell von der Berichterstattung auszunehmen sei keine weise Bitte, sondern rege im Gegenteil doch geradezu zu Mutmaßungen an,
DJV fordert Information der Leser statt Stillschweigen

Souveräner ist da der Weg, den die „Financial Times Deutschland“ geht. Die derzeit zum Verkauf stehende Wirtschaftszeitung spart keine Themen zu Geschäftspartnern bzw. geschäftlich verbundenen Unternehmen aus und weist bei solchen Artikeln z.b. über Bertelsmann oder Gruner+Jahr stets auf die Geschäftsbeziehung hinweist. DJV-Sprecherin von Stockert sieht darin eine konsequentere Information der Leser und sauberere journalistische Arbeit.