Foto: Human Globaler ZufallHerr Buchmann, Sie haben den Ideenwettbewerb Scoop der Axel Springer Akademie gewonnen. An diesem Montag kommt Ihr Siegerprojekt – die Zeitschrift „Humanglobaler Zufall“ – an den Kiosk. Was ist das für ein Gefühl?

Es ist wie ein Tagtraum und fühlt sich noch sehr unwirklich an. Nachdem ich den Wettbewerb gewonnen hatte, bin ich direkt nach Berlin gezogen. In der Zeit war ich gerade dabei, ein Praktikum bei der „FAS“ zu abslovieren. Bislang hatte noch keine Zeit die Situation ein bisschen zu reflektieren oder in einer ruhigen Minute mal von außen drauf zu schauen.

Macht sich jetzt, wo es in den Verkauf geht, Entspannung breit?


Jetzt entscheidet der Leser und ich kann nicht mehr viel machen. Aufgeregt war ich noch einmal, als die ersten Druckexemplare kamen. Es war eine große Freude, die endlich in der Hand zu halten.

Der Name der Zeitschrift – „Humanglobaler Zufall“ – ist vergleichsweise sperrig. Gab es darüber Diskussionen mit Springer?

Nein. Der Titel ist eine Zusammenfassung des Konzepts: Es geht um Menschen in der Welt und darum, wie sie durch den Zufall miteinander in Verbindung stehen. Ich fand den Titel anfangs auch ein wenig sperrig und habe mir dann während einer Runde im Wettbewerb "Humal" als Vereinfachung von humanglobal einfallen lassen. Das hört sich dann aber eher nach Drogerie an – die Jury war zunächst entsetzt.

Es hat dann aber doch noch geklappt. Jetzt sind Sie Global Editor der Zeitschrift. Wie unterscheidet sich diese Funktion vom Chefredakteur?

Ich sitze nicht wie der klassische Chefredakteur in einer großen Redaktionsrunde und delegiere eine Truppe von Redakteuren. Global bedeutet, dass ich selbst in der Welt unterwegs bin, recherchiere und schreibe. Für das erste Heft war ich in Ecuador und New Orleans.

Wie entstand das Konzept für die Zeitschrift? Ist das Heft ein lang gehegter Traum oder eine spontane Idee für den Wettbewerb?

Es war recht spontan. Ich habe die Anzeige für den Ideenwettbewerb gelesen und habe mich gewundert, wie einfach es ist, sich zu bewerben: Man musste seine Idee auf einer A4-Seite beschreiben und mit freundlichen Grüßen einsenden. Man brauchte keine Business-Pläne oder Marketing-Konzepte – es ging nur um die nackte Idee. Das hat mich gereizt und daraufhin habe ich mir das Konzept ausgedacht.

"Humanglobaler Zufall"

  • Dennis Buchmann ging mit "Humanglobaler Zufall" als Sieger aus dem Ideenwettbewerb Scoop der Axel Springer Akademie hervor. Der Preis: Das Siegerprojekt wird mit einem Budget von 500.000 Euro vier Ausgaben lang realisiert. "Humanglobaler Zufall" liegt seit diesem Montag am Kiosk. Die Geschichten sind nicht nur inhaltlich mit einem roten Faden verbunden - auch dem Heft selbst liegt das Bändchen bei.

Dank des Internets mit seinen Netzwerken ist das „globale Dorf“ viel konkreter spürbar, als noch vor einigen Jahren. Welche Rolle spielt dieses veränderte Bewusstsein für Ihre Zeitschrift?

Man ist sensibilisierter, weil die Welt immer weiter zusammenwächst. Wobei "Humanglobaler Zufall" damit wenig zu tun hat. Ich habe auch ein Profil bei Xing und habe da Kontakte mit Menschen. Die meisten davon kenne ich aber so gut wie gar nicht und alle kommen aus Deutschland. Bei unseren Geschichten geht es dagegen um wirkliche Freundschaften und Bekanntschaften in aller Welt.

Die Zeitschrift nimmt einen Faden auf, und eine Geschichte führt über die Protagonisten zur nächsten. Wie viele Fäden müssen Sie im Vorfeld aufnehmen, um ein in sich geschlossenes Heft zu bekommen?

Ich kann keine Text schreiben, wenn es keine Nachfolgegeschichten gibt. Darum recherchiere ich die Geschichten immer zwei bis drei Schritte im Voraus. Sobald wir in einer Sackgasse sind, ist der Faden gerissen. Der Entwicklungshelfer aus Ecuador aus dem ersten Heft hat mir zum Beispiel eine Auswahl von mehreren Freunden und Bekannten mit ihren Geschichten gegeben, von denen ich mir die interessanteste ausgesucht habe. Bevor ich die schreiben konnte musste ich dann auch hier wieder ein Nachfolgethema haben. Aber es funktioniert tatsächlich, dass man so mindestens sechs Geschichten mit einem roten Faden zusammenbekommt.

Was muss eine Geschichte haben, um Teil des roten Fadens zu werden?

Die Geschichten müssen so interessant sein, dass man sie auch ohne Verknüpfung der Protagonisten lesen möchte. Thematisch sind wir offen für alles. Es müssen Geschichten um einen interessanten Menschen sein. Unsere Darstellungsform ist meist eine Mischung aus Reportage und Portrait.

Steht der rote Faden für das nächste Heft schon?

Der entwickelt sich gerade, ist aber nicht einfach zu bändigen. Wir haben in New York angefangen und sind jetzt auf dem Weg nach Brasilien. Von da soll es nach Japan und dann nach Paris gehen. Das ist aber nicht so einfach. Derzeit gibt es noch Probleme mit Visum, Übersetzern oder weil Protagonisten nicht erreichbar sind. Deswegen sind die Themen noch relativ wage.

„Humanglobaler Zufall“ gibt es auch im Internet. Was passiert dort?


Herzstück der Seite ist eine Weltkarte, auf der die Fotos mit Geotags versehen sind. Man kann sich dort genau anschauen, wo die Bilder geschossen worden sind. Außerdem schreiben die Autoren von ihren Erlebnissen während der Reisen, dazu gibt es Videos und Fotos und ein Making-Of des Hefts. Darüber hinaus gibt es eine Anlaufstelle für humanglobale Zufälle der Leser und User, die ihre eigenen Geschichten einsenden können. Die Geschichten aus dem Heft selbst gibt es allerdings nicht im Netz.

Im Netz kann man viel machen, selbst aktiv werden – in der Zeitschrift dagegen „nur“ lesen. Wo liegt der Vorteil der Zeitschrift als Medium?

Das merkt man sofort, wenn man das Heft mit seinem schweren Papier und dem Golddruck in die Hand nimmt! Diese Haptik kann das Internet niemals ersetzen! Alle, die die Zeitschrift bisher in der Hand hatten, waren außerdem begeistert von dem Papier, auf dem unsere Fotos sehr warm und satt rüberkommen. Dieses Gefühl kann ich mit einem Laptop auf dem Sofa nicht erzeugen. Außerdem haben wir noch das rote Bändchen! Das bekommt man natürlich im Internet auch nicht. Ich würde es sehr begrüßen, wenn mehr solche Magazine auf den Markt kommen würden, weil es ein ganz anderes Erlebnis ist als dieses kalte, digitale Ding.

Würden Sie „Humanglobaler Zufall“ als mutig bezeichnen?


Das ist ziemlich mutig! Ich hätte vorher nicht gedacht, dass ich damit durchgekommen wäre. Der Wettbewerb der Axel Springer Akademie hat aber gerade solche Ideen gesucht, bei denen nicht der geschäftliche Erfolg im Vordergrund steht, sondern die Frische und die Kreativität. Ich ziehe meinen Hut davor, dass "Humanglobaler Zufall" ausgewählt wurde.

Fehlt es der Print-Branche an Mut, öfter ungewöhnlichen Projekten mit Geld Leben einzuhauchen?

Es sind in der Tat häufig die geschäftlichen Überlegungen, die den guten und frischen Ideen den Garaus machen. Vieles kann man geschäftlich-analytisch nicht erklären, sondern das ist einfach nur gut und kreativ. Wenn dann die Marketingabteilung kommt ist meistens Schluss. Das stand aber bei Scoop nicht im Vordergrund, und daher gibt es die Zeitschrift jetzt.

Nach vier Ausgaben ist allerdings auch hier Schluss, wenn es keinen wirtschaftlichen Erfolg gibt.

Man kann andererseit eben auch nicht erwarten, dass unendlich viel Geld in eine Idee gebuttert wird, die einfach nur schön ist.

Wie ist Ihre Perspektive? Möchten sie anschließend weitermachen oder reichen Ihnen vier Ausgaben, die sicher auch viel Energie kosten werden?

Es wäre natürlich schön, wenn es danach weitergehen würde. Das muss jetzt der Leser entscheiden.

Dann hoffen wir, dass er die richtige Entscheidung trifft! Herr Buchmann, vielen Dank für das Gespräch.