Foto: Axel SpringerDie Axel Springer AG will nun wohl doch weiter gehen als gedacht, um die geplante Übernahme der ProSiebenSAT.1-Senderkette doch noch wahr werden zu lassen - oder zumindest die Übernahme dessen, was dann noch davon übrig ist. Denn um die Bedenken des Bundeskartellamts gegen die Übernahme auszuräumen bietet Springer nun an, den Sender ProSieben nach dem Erwerb der ProSiebenSAT.1 Media AG zu verkaufen.

Das Bundeskartellamt hatte am Mittwoch laut Springer mitgeteilt, dass es beabsichtige, den Zusammenschluss nur unter der aufschiebenden Bedingung der Veräußerung des Senders ProSieben an einen unabhängigen Erwerber vor Vollzug der Übernahme - und damit anders als der Springer Verlag es nun anbietet - zu erlauben. Das Kartellamt fordert also, den Sender noch vor der Transaktion aus der Sendergruppe und der gemeinsamen Vermarktung durch die Seven One Media GmbH auszugliedern. Springer will nun prüfen, ob die vorgeschlagene Gestaltung wirtschaftlich und rechtlich überhaupt umgesetzt werden kann.

Für ProSieben hätte eine Ausgliederung aus der Senderkette schwerwiegende Folgen. So wurden in der Vergangenheit beispielsweise die Lizenzverträge für Filmpakete stets über die ProSiebenSAT.1 Media AG abgeschlossen, befinden sich also nicht im Besitz einzelner Sender. Die Heraustrennung eines einzelnen Senders samt der zur Ausstrahlung nötigen Rechte aus dem Portfolio des Fernsehkonzerns wäre bislang einmalig im deutschen Fernsehen.

Katja Pichler, Sprecherin des Fernsehkonzerns, wollte die Entwicklung am Mittwochabend auf DWDL-Anfrage zunächst nicht kommentieren. Offenbar erfuhr man bei der ProSiebenSAT.1 Media AG selbst erst durch die Pressemitteilung des Axel Springer Verlages von der neuesten Entwicklung und wurde nicht vorab informiert. Auch beim Sender ProSieben selbst herrscht nach DWDL-Information völlige Überraschung über diesen Schritt des Axel Springer Verlags.

Inzwischen bestätigte ProSiebenSat.1, dass man nicht an den Besprechungen über einen möglichen Verkauf des Senders ProSieben beteiligt war. Da der Sendergruppe über die kurze AdHoc-Mitteilung des Springer-Konzerns keine weiteren Informationen vorlägen, könne man derzeit kein Statement abgeben. "Der Vorstand der ProSiebenSat.1 Media AG wird ein mögliches Auflagenangebot prüfen, wenn weitere Informationen von Axel Springer oder dem Bundeskartellamt vorliegen", so die Senderkette in einer Mitteilung.

Das Bundeskartellamt reagierte positiv auf das neue Angebot Springers. Die Wettbewerbsbedingungen auf dem Fernseh-Werbemarkt würden sich nach Ansicht des Kartellamts durch den Verkauf von ProSieben sowie der getrennten Vermarktung der Werbezeiten wesentlich verbessern. Dies wiege schwerer als die befürchteten Verschlecherungen auf den Leser- und Anzeigenmärkten, die das Kartellamt durch die Übernahme erwartet. Auf ihrer Forderung, ProSieben bereits vor der Übernahme aus dem Senderverbund zu lösen, beharrt das Bundeskartellamt jedoch weiterhin.

Bei der Frage nach einem Interessenten für ProSieben gibt es am Donnerstag vom Hamburger Heinrich Bauer Verlag ein vorläufiges Dementi. Man verhandele derzeit nicht mit dem Verlagshaus Axel Springer über einen möglichen Kauf des Senders. "Bei uns ist noch niemand von Springer vorstellig geworden", sagte Verlagssprecher Andreas Fritzenkötter dem Radiosender NDR Info. Gleichzeitig bestätigte Fritzenkötter, dass Bauer einem Einstieg aber nicht grundsätzlich ablehnend gegenüberstehe: "Wir haben immer gesagt, dass wir bei passender Gelegenheit Interessehaben - das ist allerdings rein theoretischer Natur."