Foto: Conde NastMichael Spreng, u.a. zwölf Jahre Chefredakteur der "Bild am Sonntag", findet auf Anfrage des Medienmagazins DWDL.de ein hartes Urteil für die Erstausgabe der deutschen "Vanity Fair". Spreng: "Die Zeitschrift wiegt gefühlt ein Kilo, der Inhalt leider nur wenige Gramm". Statt wirklicher Überraschungen und insbesondere aktueller Berichte, wie man es von einer Wochenzeitschrift erwarten sollte, so Spreng, gebe es nur "gefällige Mainstream-Geschichten zur Füllung des Raums zwischen opulenten Anzeigen."
 
Spreng, der in den vergangenen Jahren auch als Medienberater für Edmund Stoiber und Jürgen Rüttgers tätig war, sieht auch keine Relevanz der politischen Themen. Sein trockenes Fazit: "Nichts Neues bei 'Vanity Fair'".
 


Keine Begeisterung auch bei Oliver Gehrs, Herausgeber der Zeitschrift "Dummy". Er zeigt sich bei einer ersten Sichtung der "Vanity Fair" für die Netzeitung enttäuscht vom Cover der Erstausgabe: "Ich dachte, die rocken, die machen einen zum Star, die wagen etwas." Und fragt sich angesichts der Titelgeschichte über Til Schweiger und in Anspielung auf den Werbespruch des neuen Magazins: "Aber wo ist jetzt das neue Deutschland?" Wen packt man bei Ausgabe 2 aufs Cover? Gehrs scherzt bei der Netzeitung: "Ich wette eine Flasche Champagner auf Heike Makatsch."

Beim Deutschen Journalisten-Verband hält man sich mit einer Bewertung zurück. Pressesprecher Hendrik Zörner bewertet den Start der "Vanity Fair" in Deutschland auf DWDL.de-Anfrage als "Bereicherung für die publizistische Vielfalt". Es sei nicht so, dass sich Lifestyle-Themen und guter Journalismus grundsätzlich ausschließen. Eine nähere Beurteilung eines einzelnen Titels will der DJV allerdings nicht abgeben. Auch nicht im Fall von "Vanity Fair".
 
Für den erfahrenen Blattentwickler Klaus Madzia, Chefredakteur der "Business News" aus dem Hause Holtzbrinck, ist die neue wöchentliche Zeitschrift "ein gut gemachtes Monatsmagazin". "Die Zeitung wirkt ein bisschen wie ein Otto-Katalog: Schöne Geschichten mit wenig Relevanz", sagt Madzia im Gespräch mit dem Medienmagazin DWDL.de. Inhaltlich sieht Madzia, der bereits für Springer und auch Condé Nast in der Entwicklung tätig war, ein deutliches Übergewicht an internationalen Themen. "Mehr Geschichten aus Deutschland wären schön gewesen", sagt er.

Allerdings ist sich Madzia bewusst, dass man aus einer Erstausgabe wenig über die langfristige Entwicklung eines Blattes ablesen kann. "Die wichtigste Frage für den Erfolg der "Vanity Fair ist, ob das Marketing ausreicht, die Leser dauerhaft für die neue Zeitschrift zu begeistern", umreißt er die große Herausforderung, vor der Condé Nast nun steht. Man brauche viel Geld, um im heutigen Markt eine neue Marke erfolgreich am Kiosk zu positionieren. "Die erste Ausgabe ist handwerklich durchaus gelungen. Den Kollegen wünsche ich in jedem Fall viel Glück", lautet sein Fazit.

Nicht äußern zum neuen Produkt aus dem Hause Condé Nast möchte man sich hingegen im Gruner + Jahr Verlag. Dort bricht "Vanity Fair" unter anderem in das Revier der Blätter "Gala" und "Stern" ein. Produkte von Mitbewerbern möchte man grundsätzlich nicht kommentieren.