Karl König"Galileo Mystery" wird von "Switch Reloaded" nicht ganz ernst genommen und regelmäßig verulkt. Riskiert man mit dem Format nicht die Glaubwürdigkeit der Marke "Galileo"?

Im Gegenteil: „Galileo Mystery“ ist bei „Switch Reloaded“ in guter Gesellschaft. Es ist eine Auszeichnung, genauso wie Günther Jauch, Peter Kloeppel oder Stefan Raab 'verswitcht' zu werden.
 
Und wie bewerten Sie die Entwicklung des Programms?

Wir haben schnell gemerkt, dass wir mit nachvollziehbaren Experimenten und dem Alltag entnommenen Fragestellungen besser fahren als mit nachgestellten oder nachgespielten Szenen. Mit diesen Erkenntnissen haben wir „Galileo Mystery“ weiterentwickelt. In der 50. Ausgabe von „Galileo Mystery“ geht es um das Thema „The Real Q“. Wir bauen ein James Bond-Auto nach und wollen wissen, wie viele der technischen Spielereien aus den Hollywood-Filmen wirklich umsetzbar wären. So testen wir zum Beispiel einen Raketenantrieb in einem Familienauto.

Wo wir schon von Veränderungen und Weiterentwicklung sprechen: Sie sind seit über acht Jahren bei ProSieben und haben die Entwicklung von „Galileo“ mitverfolgt. Wie hat sich Wissens-Fernsehen verändert?

Bei der inhaltlichen Entwicklung gab es meiner Meinung nach drei Phasen. Am Anfang hatte „Galileo“ den sehr ehrenhaften Ansatz, so etwas wie Daily Science zu zeigen. Das war nicht so erfolgreich, aber ich habe die Kollegen damals dafür bewundert, dass sie es ausprobiert haben. Es folgte eine Phase, in der die Themen näher an den Alltag herangerückt sind. Seinerzeit hatte sich intern der Claim „Die Sendung mit der Maus für Erwachsene“ entwickelt. Inzwischen sind wir in der dritten Phase und öffnen uns bei der Themenwahl noch stärker für das, was das Publikum alltäglich wissen will. Wir sind interaktiver, offener und experimentierfreudiger geworden. So haben wir gerade erst eine neue Rubrik getestet, in der wir eine Zuschauerfrage aufgreifen und sie mit einem Experiment beantwortet haben. Da binden wir gerne Videos von MyVideo.de ein. Oder ein anderes Beispiel: Beim Besuch einer Familie auf dem Jahrmarkt stellen sich spannende Fragen. Wie funktioniert ein Überschlag an der Schiffschaukel? Ist das für den schlanken Sohn oder für den Vater mit dem kleinen Bierbauch physikalisch einfacher?

Wobei das Annähern an den Alltag ja auch eine Gefahr darstellt. Als Sie jetzt gerade davon sprachen, dass Sie eine Familie auf der Kirmes begleitet haben, hatte ich beinahe befürchtet, sie wollten mal wissen, wie viel Geld man bei einem solchen Besuch ausgibt. Aber das Thema wäre ja tödlich für „Galileo“, wenn man auf der anderen Seite noch mit wissenschaftlichen Partnern zusammenarbeiten will.

Da gebe ich Ihnen absolut Recht. Da gibt es eine klare Haltung bei „Galileo“, dass Themen so behandelt werden, wie sie mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nur bei „Galileo“ laufen könnten. Das von Ihnen angesprochene Thema würde in andere ProSieben-Magazine passen - aber nicht zu „Galileo“. Dorthin passt perfekt der Wissenspreis. Ab kommender Woche können die Zuschauer zu dem Thema „Erfinde etwas, das Menschen verbindet“ ihre Ideen einschicken. Wir sind auf die Erfindungen unsere Zuschauer gespannt. Das Thema ist ja durch Web 2.0 und das immer stärkere Networking sehr aktuell. Dementsprechend werden wir den „Galileo“-Wissenspreis ins Internet verlängern. Denn dort ist Galileo - genauso wie im Bereich Mobile - eine starke Marke.

Ich würde gerne vom Vorabend in den Nachmittag wechseln: Dort haben Sie mit „Deine Chance“ ein für den Deutschen Fernsehpreis nominiertes Format im Programm. Das wäre mir jetzt nicht sofort als Fernsehpreis-verdächtig aufgefallen.

"Deine Chance - 3 Bewerber, ein Job" ist ein wundervolles, sehr optimistisches Format. Es ist eine Ehre, nominiert zu sein. Wir sind gespannt, was der 11. Oktober bringt. Schön zu sehen, dass die tägliche Arbeit an einem Nachmittagsformat so gewürdigt wird.

Im kommenden Jahr steht die nächste Bundestagswahl an. Wie wird sich ProSieben dem Thema nähern?

Genau diese Fragestellung ist bei uns sehr oft ein Thema. Wir haben eine klare Haltung. Ein klassischer Politik-Talk passt nicht zu ProSieben. Politik bei ProSieben bedeutet, sich mit dem Alltag unserer Zuschauer auseinanderzusetzen. Wir hatten zum Beispiel eine Reihe über Jugendkriminalität bei „taff“ im Programm. Dazu haben wir nicht mit Ministern und Staatssekretären gesprochen - wir haben das Leben von Jugendlichen gezeigt und mit ihnen diskutiert.

Aber reicht das? Müsste ProSieben nicht einen höheren Anspruch haben?

Ich persönlich glaube nicht, dass sich unsere Zuschauer ein politisches Gespräch mit Ursula von der Leyen anschauen würden. Wir haben unsere Nachrichten "Newstime", wo die tagesaktuelle Politik natürlich eine große Rolle spielt. Und da schalten mehr 14- bis 29-jährige Zuschauer ein, als bei der Tagesschau.