Jan KühlHerr Kühl, seit fünf Jahren  ist El Cartel Media als Vermarkter von RTL II am Markt. Sie sind angetreten, um ohne Schlips und Charts als dritte Kraft Bewegung in den Werbemarkt bringen. Was hat sich in diesen fünf Jahren verändert?

Die Vielfalt ist größer geworden. Im Gegensatz zu den Konzentrationsbewegungen auf Agenturseite erleben wir bei den Vermarktern eine Auffächerung. Es ist uns mit El Cartel Media gelungen zu beweisen, dass es sinnvoll ist, eine Eigenvermarktung für einen Sender zu wagen. Jedes Mal, wenn unsere Mitarbeiter telefonieren, geht es um RTL II. Das gehört zu einem selbstbewussten Sender, der an seine eigenen Ideen glaubt, einfach dazu.

Was hat sich für die Kunden verändert?


Durch unsere Struktur können wir auf Veränderungen viel schneller reagieren und damit auch besser auf die Bedürfnisse der Kunden eingehen. Eine intensivere Beschäftigung mit seinem Produkt kann man inzwischen bei mehreren der kleineren Sender beobachten.
 
Auch wenn sich der Markt weiter auffächert: Nach außen treten die Sender geschlossener auf. So zum Beispiel beim United Screening Day. Geht es alleine nicht?

Die kleinen Sender erzielen in diesem Jahr sehr gute Umsätze und es ist gut, dass es sie gibt. Wir nehmen am USD nicht teil, weil wir uns als dritte Kraft groß genug für eine eigene Veranstaltung fühlen. Letztlich ist im Markt der Wunsch nach einer Rückkehr der Telemesse sehr groß, zu der es nach der Abschaffung der ProSiebenSat.1-Veranstaltung "Big Picture" wieder eine klare Tendenz gibt. Wir wären unter Großen gerne dabei, so wie wir mittlerweile auch Vollmitglied beim TV-Wirkungstag sind.

Sie möchten etwas im Markt bewegen. Bei Ihrer Veranstaltung „Programm Informations Tag“ laden Sie die Werbekunden in diesem Jahr ein, mit Ihnen über neue Zielgruppen-Defintionen zu sprechen. Dass El Cartel Media die Gruppe der 20- bis 34-Jährigen ins Auge fasst, erscheint wenig verwunderlich, da dort Ihr Publikum sitzt.

Wir haben diese Gruppe nicht nur gewählt, weil wir dort sehr erfolgreich sind. Das sind wir in anderen Segmenten auch. Die Auswahl wird plausibel, wenn man sich die Magnetwirkung dieser Zielgruppe anschaut: Die unter 20-Jährigen orientieren sich bei ihren Kaufentscheidungen an den Älteren, so wie sich die über 34-Jährigen an den Jüngeren orientieren.
 
 
 
Wie kommen Sie zu dieser Erkenntnis?

Gegenüber den sechziger Jahren hat sich das Verhalten der Menschen signifikant verändert: Früher machte man eine Ausbildung und blieb bis zur Rente im gleichen Job. Heute sind die Wege weniger gerade. Wir wollen neu akzentuieren. Zielgruppen entwickeln sich in Lebenszyklen. Viele wichtige Impulse werden heute in den Jahren zwischen 20 und 34 gesetzt. In diesen Jahren entscheidet sich beispielsweise, ob Sie später Mercedes oder BMW fahren werden.

Wird der Werbemarkt dieser Argumentation folgen? Schließlich reden derzeit alle davon, den älteren Zielgruppen mehr Beachtung zu schenken.

Die Älteren sind interessant. zweifellos! Man kann das eine tun, ohne das andere zu lassen. Fakt ist, dass wir uns dringend über die 20 bis 34-Jährigen Gedanken machen müssen. Die jetzige Kernzielgruppe ist schlicht zu groß, und die Alten orientieren sich an den Jungen und kaufen sich zum Beispiel auch einen iPod. Uns geht es nicht darum, von heute auf morgen alles umzukrempeln, sondern wir wollen eine Diskussion anstoßen, weil wir als Vermarkter die veränderten gesellschaftlichen Prozesse aufgreifen müssen.

Gab es schon erste Rückmeldungen von den Kunden auf Ihren Vorstoß?

Wir haben gerade unsere Überlegungen zum ersten Mal bekannt gegeben, also ist es noch recht früh. Aber das, was ich bis jetzt gehört habe, stimmt mich sehr zuversichtlich. Wo es letztlich endet, kann ich jetzt noch nicht sagen.

Abschließend eine letzte Frage zur Situation Ihres großen Mitbewerbers. ProSiebenSat.1 hat eine Gewinnwarnung herausgegeben und sich dabei unter anderem auf die schlechte Konjunktur berufen. Wie erleben Sie derzeit die wirtschaftliche Situation?

Die Konjunktur ist tatsächlich nicht bombastisch. Wir sehen bei uns aber schöne Zuwachsraten, was nicht nur daran liegt, dass ProSieben schwach ist, sondern vor allem daran, dass wir ein vernünftiges Angebotsmodell und einen Sender mit guten Leistungswerten haben.

Herr Kühl, vielen Dank für das Gespräch.