Tomorrow 1998Begonnen hatte alles im Frühjahr 1998 als das Internet in Deutschland noch Avantgarde statt Mainstream war und die Faszination der Möglichkeiten das Interesse am Nutzwert eben dieser noch deutlich überstieg. Es war die Zeit in der Multimedia noch kein abgenutzter Werbeslogan sondern magisches Zauberwort war, das Leser und Werbekunden lockte. Da kam dem Gründer der Verlagsgruppe Milchstrasse und heutigem Herausgeber des Branchendienstes „Meedia“, Dirk Manthey, die Idee zu „Tomorrow“.

Mantheys „Morgen“ hatte weniger visionäre als finanzielle Hintergedanken, was kaum verwundert: Die jung-dynamischen und konsumfreudigen Leser seiner bisherigen Lifestyle-orientierten Milchstrasse-Titel sollten auch in den Genuss der Werbung kommen, die die Unterhaltungs- und Computerbranche damals schaltete, wo immer Platz war. Was im Nachhinein wie ein euphorisch überzeichnetes Märchen klingt, war Realität: 1998 war die Werbe- und Medienwelt noch so pompös und selbstgefällig, so inszeniert und gefeiert, dass das Konzept weniger gewagt als berechnet erschien.
 
Als am 10. September 1998 die erste Ausgabe von „Tomorrow“ kam, hatte Mantheys Kalkül auch Erfolg: Der Werbewirtschaft gefiel das Konzept des „breiten, populären und positiven Magazins“, welches über „Informationstechnologien und das weite Feld der Elektronik“ berichten wollte. Themen damals: Computer, Internet, Handy und das digitale Fernsehen. Mit für heutige Verhältnisse unglaublichen 284 Seiten im eigentlichen Heft und noch einmal fast hundert Seiten im „Internet Guide Oktober“ bekam der Leser für damals gewagt teure fünf Mark viel zu lesen. „Help for tomorrow“ stand auf dem Titel und das in einem ungewöhnlichen Layout: Der Titelschriftzug wurde vertikal, nicht wie üblich horizontal übers Cover gezogen.
 

 
Die Themen der ersten Ausgabe reichten von der Frage, was Windows 98 bringt, über die Frage wo es Viagra im Internet gibt, hin zum plakativen Thema „Web-Exibitionistinnen“. Tests des neuen VW Beetle sowie 20 neuer Notebooks und die Vorstellung der damals aktuellen Superhandys lassen erkennen: „Tomorrow“ war eine bunte Mischung, die allerdings manchem Kritiker zu bunt war, um einen roten Faden erkennen zu lassen. Lob aus Kritikermund gab es immerhin für den Ansatz, das digitale Leben nicht mehr nur auf den PC zu beschränken und damit weiter zu definieren. Damit war man seiner Zeit voraus.

Die Kollegen von „Spiegel Online“ betitelten einen damaligen Bericht über das neue Magazin abfällig mit „Internet für Ballermänner“ und zogen am Ende ein Fazit, welches den üblichen „Spiegel Online“-Zynismus verbreitete, der sich jedoch zumindest für die folgenden Jahren erst einmal als völlig falsch herausstellte: „"help for TOMORROW" steht auf dem Cover, aber das hilft auch nichts mehr – das Heft von Morgen wird schneller Schnee von Gestern sein, als Dirk Manthey Milchstraße buchstabieren kann. Tomorrow never dies? Already dead.“
 
Den Lesern gefiel das Heft. 400.000 Exemplare wurden ausgeliefert, 150.000 Verkäufe den Werbekunden garantiert. Nicht einmal eine Woche nach dem Erstverkaufstag ließ die Verlagsgruppe Milchstrasse nachdrucken: In den ersten sieben Tagen fand die Erstausgabe der „Tomorrow“ bereits über 160.000 Käufer. Diese konnten „Tomorrow“ nicht nur lesen, auch im Fernsehen war Mantheys neuer Streich plötzlich vertreten. Beim damals noch einzigen deutschen Nachrichtensender n-tv liefen mehrmals täglich Programmblöcke unter dem Label von „Tomorrow“. Später wurde diese Kooperation im Zeichen des Internet-Booms noch verstärkt und Mantheys Marke als „Tomorrow Net News“ fester Programmbestandteil jeder Programmstunde des Nachrichtensenders.