Austria-Update vom 24. September
Umbruch im ORF-Kinderprogramm: Ahnungslose FPÖ schäumt
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Der ORF beendet die Zusammenarbeit mit Thomas Brezina, der viele Jahre lang Kinderformate für den Sender produziert hatte. Brezinas Produktionsfirma wird deshalb dicht gemacht. Und bei der FPÖ wittern sie einen Skandal - kennen sich aber entweder nicht aus oder setzen auf ganz billigen Populismus.
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Hinter den Kulissen des ORF-Kinderprogramms kommt es zu weitreichenden Veränderungen. Wie der Sender jetzt nämlich bekannt gegeben hat, wird man die Zusammenarbeit mit der Produktionsfirma KidsTV von Thomas Brezina Ende dieses Jahres beenden. Darauf hätte man sich gemeinsam verständigt. Der ORF spricht von einer "inhaltlichen und budgetären Neuausrichtung" im Kinderprogramm. Brezina hatte mit seinen Programmen das ORF-Kinderprogramm über viele Jahre hinweg geprägt, er ist unter anderem Erfinder der Figur Tom Turbo. ORF-Generaldirektor Roland Weißmann bedankte sich für die "jahrzehntelange enge und erfolgreiche Zusammenarbeit". Brezina habe das Kinderprogramm geprägt wie kein anderer vor ihm. Er hoffe, dass "unsere gemeinsame Geschichte nur unterbrochen und noch lange nicht auserzählt ist".
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Thomas Brezina
Diese Formulierung sorgt durchaus für Interpretationsspielraum. Kehrt Brezina möglicherweise irgendwann wieder zum ORF zurück? Auch der erfolgreiche Kinderbuchautor bedankte sich beim Sender und stellte die Erfolge der Vergangenheit heraus. Klar ist aber auch: Der Verlust des Auftrags hat für Brezinas Tower10 KidsTV GmbH weitreichende Auswirkungen, die Produktionsfirma wird abgewickelt. "Der Standard" berichtete aus einem Schreiben Brezinas an seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Darin teilte er der Belegschaft mit, dass "die Firma unter den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, die der ORF für das Jahr 2026 vorgesehen hat, nicht weitergeführt werden kann". Und weiter: "Mir ist klar, dass diese Entscheidung für viele von euch sehr konkrete und persönliche Folgen hat – und ich weiß, wie tief sie greifen kann. Denn hinter jeder Produktion, hinter jeder Folge stehen Menschen mit Ideen, Hingabe und Verantwortung."
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Wie rechte Empörungskultur funktioniert (oder auch nicht), hat anhand des Beispiels Thomas Brezina auch die FPÖ mal wieder eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Bundesparteisprecherin Lisa Schuch-Gubik kennt die Sachlage augenscheinlich nur mäßig, hatte aber trotzdem eine starke Meinung zum Geschehen. Sie sprach angesichts der Beendigung der Zusammenarbeit von einem "handfesten ORF-Skandal". Die Politikerin: "Während der Zwangsgebühren-Sender weiterhin auf Dauerwiederholungen von US-Serien setzt, wird ein Stück österreichische TV-Geschichte einfach abgedreht". Sie fordert den ORF auf, seine "Tom-Turbo-Entfernungs-Orgien sofort zu stoppen und alles Erdenkliche zu unternehmen, damit auch weiterhin neue Folgen der Kult-Kinderserie produziert werden". Darüber hinaus erklärte Schuch-Gubik, die Kinderreihe "Tom Turbo" werde "eingestampft". Was stimmt: Die letzte Folge der Serie wurde 2013 produziert, anlässlich des 25-jährigen Jubiläums gab es wenige Jahre später ein Kurzzeit-Comeback. Der ORF teilte gegenüber dem "Standard" mit, dass "Tom Turbo" auch weiterhin beim Sender zu sehen sein wird.
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Puls 4 hat eine Ausweitung seiner erfolgreichen Frühstückssendung angekündigt: "Café Puls" ist ab dem 19. Oktober auch immer sonntags zu sehen. Anders als zwischen Montag und Freitag geht es aber nicht um 5:30 Uhr los, sondern erst um 7 Uhr. "Unter der Woche hetzen wir meist früh aus dem Haus, am Sonntag dürfen wir zum Glück ein bisschen länger schlummern und einfach den Tag genießen. Genau dieses Gefühl wollen wir mit ‚Café Puls am Sonntag‘ einfangen: Wir nehmen uns Zeit für gute Gespräche und spannende Themen, um einen entspannten, schönen Start in den Sonntag zu haben", sagt Julia Furdea, die als Moderatorin durch die Ausgaben führen wird. Die Sendung wird übrigens nicht nur bei Puls 4 zu sehen sein, sondern auch bei Puls 24, Sat.1 Österreich sowie ProSieben Austria. Im Mai beendete Puls 4 den Versuch eines "Café Puls"-Magazins am Vorabend. Auch eine Ausgabe zur Mittagszeit ist längst Geschichte, nun also der Versuch am Sonntagvormittag.
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In Österreich sind die Ausgaben der Bundesregierung und der öffentlichen Stellen für Werbeschaltungen traditionell hoch, einige Medien sind regelrecht angewiesen auf die öffentlichen Gelder. Da kommt diese Nachricht besonders schlecht: Die Regierung hat die Werbeausgaben in diesem Jahr deutlich heruntergefahren. Das geht aus Antworten der Ministerien hervor, die diese auf diverse Anfragen der Grünen gegeben haben. Nachdem das Kanzleramt im vergangenen Jahr für Medienkooperationen und Buchungen noch fast 2,7 Millionen Euro ausgegeben hatte, sind für 2025 und 2026 nur jeweils 880.000 Euro veranschlagt. Von denen sind bis zum Sommer erst 47.000 Euro ausgegeben worden. Weitere große Einschnitte gibt es im Verteidigungs- und Innenministerium. Das Justizministerium hat für das laufende Jahr überhaupt keine Pläne für Werbeschaltungen, nachdem man 2024 noch 2,3 Millionen Euro ausgegeben hatte.
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Unabhängig von den Werbeschaltungen der Regierung, in diesem Zusammenhang aber interessant zu erwähnen: Die Tageszeitung "Der Standard" hat ein Sparprogramm angekündigt, dem die Stellen von 25 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zum Opfer fallen. Ihre Jobs werden gestrichen, ein Sozialplan sei aufgelegt worden. Die Rede ist von "negativen Entwicklungen am Werbemarkt". Insgesamt beschäftigt das Unternehmen rund 500 Menschen, mehr als 150 davon arbeiten im journalistischen Bereich. Angekündigt hat man jetzt auch eine noch stärkere Bündelung der Kräfte im digitalen Bereich. "Ziel ist es, unsere Unabhängigkeit langfristig zu sichern und den bereits jetzt hohen Grad der Digitalisierung weiter voranzutreiben", so "Standard"-Vorstand Alexander Mitteräcker. Die Print-Ausgabe ist nach "Standard"-Angaben abgesichert, sie erscheint vorerst also weiter.
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Um den Eurovision Song Contest (ESC) im kommenden Jahr zu stemmen, hat der ORF zuletzt bereits Maßnahmen ergriffen. So wurde eine bereits für diesen Herbst in Aussicht gestellte Blasmusik-Show auf 2026 verschoben, "Dancing Stars" pausiert darüber hinaus im kommenden Jahr. Nun ist bekannt, dass der ORF für den ESC in Wien 16 Millionen Euro veranschlagt hat. So viel soll der Musikwettbewerb den Sender netto Kosten, die Zahl nannte Generaldirektor Roland Weißmann auf einer Sitzung des Publikumsrates. Damit wird der ESC voraussichtlich etwas teurer als der vor zehn Jahren, als der ORF ebenfalls in Wien produzierte. Angesichts der seither stark gestiegenen Inflation wäre alles andere aber wohl auch eine Überraschung gewesen.
Umbruch im ORF-Kinderprogramm: Ahnungslose FPÖ schäumt
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