Seit sich Daniel Rosemann und ProSiebenSat.1 im Oktober "in bestem Einvernehmen", wie es heißt, getrennt haben, ist Marc Rasmus in Unterföhring nicht mehr der Mann fürs Kabel - sondern für den Satelliten. Anstelle von Kabel Eins leitet der erfahrene TV-Manager seither den seit Jahren schlingernden Privatsender Sat.1, der einst mit Hits wie dem "Glücksrad", "Der Bulle von Tölz" oder der "Harald Schmidt Show" von sich reden machte. Diese goldenen Zeiten sind lange vorbei, auch wenn sich im Programm auch heute noch prägende Formate finden, etwa "The Voice of Germany", "The Taste" oder "Promi Big Brother", das gerade erst sogar mit den besten Quoten seit Jahren zu Ende ging.

Doch die Hits von heute sind unterm Strich zu rar gesät, um Sat.1 wieder dauerhaft hell erstrahlen zu lassen - was auch daran liegt, dass die Daytime, in der Barbara Salesch oder Alexander Hold früher Traum-Quoten erzielten, komplett brachliegt. Rosemanns "volles Haus" war der vorläufige Tiefpunkt, auf dem sein Nachfolger nun ein komplett neues Fundament legen muss.

Dass Marc Rasmus es versteht, einen Fernsehsender neu zu denken und dessen DNA nicht nur zu verinnerlichen, sondern auch erkennbar auf den Schirm zu bringen, hat er über Jahre hinweg bei Kabel Eins bewiesen. Niemand sonst hat den kleinen Sender so lange geführt wie Rasmus, der im Laufe der Zeit aus einer Hand voll prägender Formate eine bemerkenswert große Liste an Erfolgen machte. Belohnt wurde er mit steigenden Quoten: Als Sat.1 im Sommer am Boden angekommen war und zwischenzeitlich sogar hinter Vox zurückgefallen war, knackte Marc Rasmus mit Kabel Eins erstmals seit Jahren wieder die Marke von fünf Prozent in der Zielgruppe - und empfahl sich damit wohl endgültig für mehr.

"Kabel Eins war gefühlt immer eine Monokultur", sagte Rasmus im August, nur zwei Monate vor seinem Aufstieg im Konzern, im Gespräch mit DWDL.de. "Alles war reportagig erzählt. Das Wie, das Was, das Wer, das Warum – irgendwie war immer alles gleich." Sein Ziel: "Wir hatten immer die Vision, Sendergesichter aufzubauen. Aber so etwas muss wachsen." Das ist ihm bei Kabel Eins gewiss gelungen: Wo einst allenfalls Frank Rosin oder der inzwischen verstorbene "Knochenbrecher" Tamme Hanken das Programm prägten, konnte Rasmus zuletzt stolz auf Peter Giesel, die Reimanns und seine "Trucker Babes" verweisen.

Solch prägende Gesichter, wie sie einst Salesch & Co., waren, wird er nun auch in Sat.1 verstärkt etablieren müssen. Auch wenn es noch viel zu früh ist, seine Handschrift bei Sat.1 zu beurteilen, so hat er doch schon in den ersten Wochen erkennbar an ein paar Stellschrauben gedreht. Dem Factual-Duell am Donerstagabend mit Kabel Eins geht Rasmus aus dem Weg - und hat mit dem Genre-Wechsel hin zum "1% Quiz" direkt einen schönen Erfolg gefeiert, der auch seinem bisherigen Sender nicht schadete. Und die Abspeckshow "The Biggest Loser", einst von Vorgänger Rosemann in "Leben leicht gemacht" umbenannt, darf unter Rasmus wieder so heißen wie früher.

 

Das alles kann freilich nur ein Anfang sein, gewissermaßen ein Warm-Up. Auf Dauer wird es größere Visionen brauchen, um die Marke Sat.1 wenige Wochen vor ihrem 40. Geburtstag auf dem Fernsehmarkt neu aufzuladen - irgendwo zwischen dem guten Gefühl von früher und dem neuen Anstrich von morgen. Dass Marc Rasmus an den Sender glaubt, gab er schon vor einigen Monaten zu verstehen, als er noch Kabel Eins verantwortete: "Wir alle wissen", sagte er zu DWDL.de, "dass Sat.1 der größere Sender ist und auch wieder wachsen wird." Damals klang Rasmus fast schon wie der Sat.1-Chef. Wie passend, dass er es nur kurz darauf geworden ist.