"So erfolgreich wie nie, so jung wie nie!" Mit diesen Worten hat die ARD vor einigen Tagen Bilanz gezogen. Demnach war die Mediathek des Senderverbunds mit monatlich mehr als 25 Millionen Nutzerinnen und Nutzern die reichweitenstärkste deutsche Streamingplattform. Von den täglich rund 3,2 Millionen Personen, die das Angebot nutzen, sind 41 Prozent zwischen 14 und 49 Jahren alt. Das hat auch mit vielen Anstrengungen zu tun, die die ARD unternommen hat, um vor allem junge Menschen auf die Plattform zu locken.
Neben diversen Fiction-Highlights und ersten Gehversuchen in der Reality setzt man in der ARD weiter einen großen Schwerpunkt auf Dokus. Hier beweisen die unterschiedlichen Landesrundfunkanstalten plus ARD Kultur schon seit einiger Zeit ein erstaunlich geschicktes Händchen, popkulturelle Ereignisse aus der Vergangenheit noch einmal zu verfilmen. Eine, die 2025 mittendrin war und gleich zwei Dokus ihren Stempel aufgedrückt hat, war Mariska Lief.
Die Regisseurin inszenierte für den SWR sowohl die Gaming-Doku "Crunch" als auch eine Reihe über den gefallenen Influencer Fynn Kliemann, die von mehreren ARD-Anstalten und ARD Kultur beauftragt wurde. In beiden Fällen war Lief auch als Drehbuchautorin mit an Bord, so war sie sowohl bei "Crunch" als auch bei "Fynn Kliemann - Ich hoffe, ihr vermisst mich" ganz wesentlich in die Umsetzung des Stoffes involviert - und das ist ihr und allen Beteiligten außerordentlich gut gelungen.
Im Fall der Kliemann-Doku war schon alleine die Tatsache, dass ein solches Projekt umgesetzt wird, ein kleiner Scoop. Fynn Kliemann galt als erfolgreicher YouTuber und Influencer, bis Jan Böhmermann mit einer Recherche am vermeintlichen Denkmal kratzte. Es folgte ein tiefer Fall, der umso spektakulärer war, weil Kliemann die Schuld für seinen Absturz zunächst nur bei anderen suchte. Insofern konnte man gespannt sein, wie er sich verhalten würde, wenn Mariska Lief ihn begleiten würde.
Die Regisseurin schaffte es wunderbar, das Bild eines Mannes zu zeichnen, der getrieben ist und ohne die Aufmerksamkeit der Öffentlich nicht leben kann und will. Weil der Hauptprotagonist genügend Unruhe ausstrahlte, setzte Lief auf eine besonnene Bildführung. Kliemann gab sich geläutert, es kamen aber auch kritische Stimmen zu Wort, die den scheinbaren Wandel Kliemanns kritisch sahen - und ihm diesen nicht abkauften. Mariska Lief schaffte damit in der Doku einen guten Spagat zwischen Aufarbeitung der Vergangenheit und der Inszenierung des heutigen Fynn Kliemann.
Wie viel Crunch steckt in "Crunch"?
"Crunch", das zweite Großprojekt der Regisseurin in diesem Jahr, hat inhaltlich nichts mit Fynn Kliemann oder der YouTube-Szene zu tun. Vielmehr geht es darin um Druck, Ausbeutung und Machtmissbrauch in der Gaming Industrie. Zeitlich kam die Doku zum richtigen Zeitpunkt: Zuletzt gerieten Gaming-Studios und die dort herrschenden Arbeitsbedingungen verstärkt in die Schlagzeilen, große Konzerne entließen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, ganze Studios mussten schließen.
Durch die vielen internationalen Protagonisten, bei denen Mariska Lief teilweise viel Überzeugungsarbeit leisten musste, damit sie sich vor der Kamera äußern, fühlte sich "Crunch" teilweise investigativ an. Dem Team um Lief ist es jedenfalls gelungen, einen Einblick in eine Branche zu geben, die vor großen Umwälzungen steht. Dabei war alles so gestaltet, dass auch Personen, die sich bislang nicht damit befasst haben, einen guten Eindruck erhalten - "Crunch" ist nicht zu nerdig, verliert sich aber auch nicht in Banalitäten. Gleichzeitig nimmt es die Branche und seine Protagonisten ernst - und erweitert das bekannte Bild um neue Facetten, etwa wenn man von einer kleinen Spielefirma berichtet, die von vier Gründerinnen ins Leben gerufen wurde.
Gleichzeitig hat Mariska Lief in "Crunch" erstmals den vor allem aus diversen Podcasts bekannten Khesrau Behroz vor die Kamera geholt. In der Doku führt Behroz durch das Geschehen, davon abgekoppelt sind die dokumentarischen Szenen. Während es in den Moderationen auch mal spielerisch zugeht und der Host das Publikum direkt anspricht sowie Persönliches erzählt, stehen im dokumentarischen Teil die Protagonisten im Mittelpunkt. Damit hebt sich "Crunch" wunderbar von anderen Dokus ab. Für Khesrau Behroz war es jedenfalls eine mehr als nur gelungene Doku-Premiere. Gemeinsam mit Mariska Lief hat er es geschafft, die Erfolgsformel seiner Podcasts ins TV zu übertragen.
Wie viel Mariska Lief für die beiden Dokus "gecruncht" hat, ist nicht überliefert. Mit dem Begriff wird vor allem in der Gaming-Industrie eine Phase von extremer Mehrarbeit beschrieben, in der Entwicklerinnen und Entwickler über lange Zeiträume hinweg unbezahlte Überstunden machen, um Deadlines zu halten. Eins ist aber klar: Die Ergebnisse können sich in beiden Fällen mehr als sehen lassen. Daran hat die Regisseurin einen großen Anteil. Unabhängig von konkreten Abrufzahlen kann man darauf bei der ARD stolz sein. Denn im Jahr 2025 war die ARD-Mediathek nicht nur so erfolgreich und so jung wie nie zuvor - sondern dank Mariska Lief auch so vielfältig wie noch nie.

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