Blickt man in die diversen Emmy-Vorberichte der US-Medien oder in die zahlreichen Umfragen, dann ist das Rennen um die Auszeichnung als beste Hauptdarstellerin in einer Drama-Serie eigentlich schon fast gelaufen. Deutliche Favoritin auf diesen Emmy ist dort Claire Danes. Sie spielt die weibliche Hauptrolle in der neuen Showtime-Serie "Homeland", die sich mit dem noch immer allgegenwärtigen "Krieg gegen den Terror" beschäftigt. Danes spielt eine CIA-Agentin, die aus dem Irak zurück nach Amerika versetzt wird. Vor ihrer Rückreise hat sie allerdings Informationen erhalten, nach denen ein Gefangener US-Soldat von "umgedreht" worden und als Schläfer in die USA zurück geschickt worden sein soll. Sie vermutet, dass es sich dabei um Nicholas Brody handelt - der von der Regierung allerdings als Kriegsheld gefeiert wird. Die Serie und auch Claire Danes wurden mit Lob der Kritiker überschüttet. Für Danes wäre es der zweite Emmy, nachdem sie 2010 schon als beste Darstellerin in einer Miniserie/Film für ihre Rolle in "Temple Grandin" ausgezeichnet wurde.

Doch die Academy hat in den letzten Jahren schon einige überraschende Entscheidungen getroffen - und so hat Claire Danes den Emmy keinesfalls bereits in der Tasche. Als härteste Konkurrentin im Kampf um den Preis sehen viele Julianna Margulies an. Sie spielt in der CBS-Serie "The Good Wife" Alicia Florrick, die Frau des Bezirksstaatsanwalts Peter Florrik, der zu Beginn der Serie aufgrund eines Sex-Skandals von allen Ämtern zurücktreten und schließlich wegen Korruptionsvorwürfen auch ins Gefängnis muss. Später wird er erneut gewählt. Alicia muss aber plötzlich wieder auf eigenen Füßen stehen und kehrt in ihren alten Beruf als Anwältin zurück. Die Serie vermischt dabei die juristischen Fälle mit der Geschichte über politische Intrigen und das schwierige Privatleben der Florricks nach dem Betrug. "The Good Wife" hält als eine der wenigen Drama-Serien überhaupt nach das Fähnchen der großen Networks hoch, nachdem dieses Genre inzwischen bei den Jury-Preisen fast gänzlich von Pay-TV- und Kabelserien dominiert wird. Im vergangenen Jahr erhielt Margulies auch tatsächlich den Preis als beste Hauptdarstellerin.

Ebenfalls nicht zu unterschätzen ist Glenn Close. Schon 2008 und 2009 wurde sie als beste Hauptdarstellerin für ihre Rolle der schwer durchschaubaren, eiskalt mit allen Tricks arbeitenden Anwältin Patty Hewes in "Damages" ausgezeichnet, 2010 ging sie leer aus, nun ist sie erneut nominiert. In den USA ging gerade die fünfte Staffel zu Ende, im Nominierungszeitraum liegt bei den diesjährigen Emmys allerdings Staffel 4, die schon im Sommer 2011 bei DirecTV zu sehen war.

Neben Glenn Close ist mit Kathy Bates noch eine weitere gestandene Schauspielerin jenseits der 60 im Emmy-Rennen. Bates erhielt die Nominierung für die Rolle der Anwältin Harriet Korn, die aus Frust ihren gut dotierten Job als Patentanwältin hinwirft und im "Ghetto" in einem ehemaligen Schuhladen eine neue Kanzlei eröffnet, wo sie sich fortan mit kriminellen Banden und anderen zwielichtigen Gestalten abgibt. "Harry's Law" war in der letzten Saison zwar die meistgesehene Serie bei NBC - doch von diesen Zuschauern waren kaum welche unter 50 Jahren alt, was "Harry's Law" schließlich schon nach der zweiten Staffel den Garaus machte. Die Auszeichnung käme also quasi posthum. Falls Kathy Bates leer ausgehen sollte, hat sie aber zumindest schon am vergangenen Samstag einen Trost bekommen: Für ihre Gastrolle als Charlie Harpers Geist in "Two and a half Men" wurde sie bereits bei den Creative Arts Emmys ausgezeichnet - übrigens mit dem ersten Emmy ihrer Karriere überhaupt.

Noch keinen Emmy haben bislang hingegen Michelle Dockery und Elisabeth Moss auf ihrem Konto. Moss teilt dabei das Schicksal von Jon Hamm: Während "Mad Men" als Serie drauf und dran ist, den Allzeit-Rekord als meistausgezeichnete Serie zu knacken, gingen die Hauptdarsteller bislang bei den Emmys stets komplett leer aus. Es wäre schon eine kleine Überraschung, wenn die Academy nun in diesem Jahr plötzlich ihr Herz für Elisabeth Moss alias Peggy Olson entdecken würde. Sogar die erste Nominierung ist es für Michelle Dockery - was sich allerdings schon recht einfach dadurch erklären lässt, dass Dockery eine britische Schauspielerin ist, die dementsprechend in der Regel nicht bei den Primetime Emmys auftaucht. In diesem Jahr ist sie aber für ihre Rolle der Lady Mary Crawley in "Downton Abbey" nominiert. "Downton Abbey" gehört mit satten 16 Nominierungen zu den großen Abräumern in diesem Jahr. Insofern sollte man auch Dockery keinesfalls unterschätzen.